Projekt 11163/01

Entwicklung und Optimierung eines praxistauglichen Verfahrens zum selektiven Nachweis vitaler Cryptosporidien-Oozysten und zum Nachweis von Giardien-Zysten in Wasserproben mit Hilfe der PCR und Multiplex-PCR

Projektträger

Eberhard-Karls-Universität TübingenHygiene InstitutAbteilung für Allgemeine Hygiene und Umwelthygiene
Wilhelmstr. 31
72074 Tübingen
Telefon: 07071/29-82073

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Cryptosporidien und Giardien sind humanpathogene Parasiten, die über menschliche und tierische Fäkalien incl. Kläranlagenabläufe in die Umwelt gelangen. Insbesondere in Gewässern, die zur Trinkwassergewinnung oder als Badegewässer dienen, können sie als belebte Schadstoffe für die menschliche Gesundheit betrachtet werden. Der Nachweis der Parasiten im Wasser ist schwierig und wird z. Zt. routinemäßig mit dem Mikroskop durchgeführt. Diese Methode ist zeitaufwendig, von subjektiven Kriterien abhängig und kann zu Fehldiagnosen führen. Ziel des Vorhabens ist es, bereits vorhandene und z. T. patentierte Nachweisverfahren auf der Basis molekularbiologischer Methoden durch Kombination mit anderen Techniken anwendungsreif zu machen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der ersten Phase des Projekts werden die bereits etablierten Verfahren a) Verdau freier DNA + In-vitro-Exzystierung + DNA-Extraktion + PCR für Cryptosporidien (kurz IVE-PCR) und b) das Verfahren der Multiplex-PCR für Cryptosporidien und Giardien optimiert. Der Kooperationspartner 4base Lab konstruiert für geeignete Primerpaare interne Kontrollen. Das TaqMan PCR Verfahren wird etabliert und seine Eignung für die genannten Methoden evaluiert. Die PCR-Verfahren werden anschließend mit den bereits bekannten Anreicherungstechniken IMS (Immunomagnetische Separation, Kooperationspartner DYNAL) und FACS (Fluorescence Activated Cell Sor-ting, Kooperationspartner Strathclyde Water Services) kombiniert. Die Effektivität und Reproduzierbarkeit der Verfahren wird in einer zweiten Phase im Rahmen von Ringversuchen mit den Kooperationspartnern (SPDL, Strathclyde WS, 4base Lab) getestet. Die PCR-Produkte verschiedener Cryptosporidien-Isolate werden bei 4base Lab sequenziert, um festzustellen, ob die Variabilität innerhalb der PCR-Zielsequenz (Template) so groß ist, daß eine Unterscheidung von verschiedenen Stämmen möglich wird. Dies wäre für epidemiologische Fragestellungen (Zusammenhang zwischen Umweltisolaten und Patientenisolaten) von goßem praktischem Nutzen und würde einen weiteren entscheidenden Vorteil der genannten molekularbiologischen Nachweismethoden darstellen. In einer dritten Projektphase werden die entwickelten Methoden in Feldversuchen eingestetzt. Bei nachgewiesener Eignung der Verfahren erfolgt eine Publikation der Methoden sowie ggf. eine Lizenzvermarktung für die patentierten Teile


Ergebnisse und Diskussion

Durch Vergleich von 9 verschiedenen Cryptosporidien-Primerpaaren, 5 verschiedenen Giardienprimerpaaren und 4 verschiedenen Kombinationen für die Multiplex-PCR konnten die jeweils optimalen Primer mit einer Sensitivität von 1-10 Oozysten bzw. Zysten ermittelt werden. Für den Cryptosporidien-Nachweis wurde ein TaqMan-PCR-Protokoll mit Interner Kontrolle entwickelt. Für die Interne Kontrolle wurde die Bindungsstelle der TaqMan-Sonde entfernt und durch ein um 40 Basen längeres Insert aus dem humanen Insulingen ersetzt. Um die Interne Kontrolle vom Original unterscheiden zu können, wurde eine zweite TaqMan-Sonde konstruiert, die nur an das Insert binden kann. Durch die unterschiedliche Länge von Original und Interner Kontrolle können beide PCR-Produkte aber auch auf einem konventionellen Agarosegel gut unterschieden werden. Zusätzlich wurden die PCR-Protokolle für den Giardien-Nachweis und den Cryptosporidien-Nachweis an eine Anwendung im LightCycler™ adaptiert. Die Light-Cycler-PCR ist die derzeit modernste Form der PCR, bei der ein ähnliches Nachweisprinzip wie bei der TaqMan-PCR zum Tragen kommt, gleichzeitig aber die Analysenzeit durch eine Amplifikation in Glaska-pillaren drastisch verkürzt wird. Auch die in vitro Exzystierung wurde für den anschließenden PCR-Nachweis methodisch optimiert. Die im Hinblick auf eine Multiplex-PCR getesteten Primer-Paare hatten für sich genommen zwar eine zufriedenstellende Sensitivität, bei ungleichem Mengenverhältnis von Cryptosporidien und Giardien im Probenmaterial traten jedoch Interferenzen zwischen den beiden Einzelreaktionen auf, die zur Unterdrückung einer der beiden Reaktionen führten. Die Methode des Fluorescence Activated Cell Sorting zur Isolierung der Zielorganismen war ebenfalls unbefriedigend, da sie im Gegensatz zur Immunomagnetischen Separation in der Praxis keine Alternative zur Saccharoseflota-tion darstellte. Feldversuche und Ringversuche wurden daher ausschließlich mit separaten PCR-Methoden und in Kombination mit der IMS durchgeführt. Die Feldversuche an verschiedenen Oberflä-chenwässern, Kläranlagenabläufen und Trinkwässern ergaben eine zufriedenstellende Übereinstimmung zwischen den PCR-Resultaten und den mikroskopisch ermittelten Vergleichswerten. Probleme ergaben sich z. T. bei der quantitativen PCR mit falsch positiven oder zu hohen Resultaten. An den Ringversuchen beteiligten sich das Hygiene-Institut Tübingen, 4 base lab und das SPDL. Die bei Strathclyde Wa-ter Services geplanten FACS-Analysen wurden aus den o. g. Gründen nicht durchgeführt. Statt dessen wurde die Analysenzahl mit IMS verdoppelt. Das Ringversuchsprotokoll wurde in Anlehnung an Ringver-suchsvorschriften gestaltet, die vom britischen Drinking Water Inspectorate Mitte 1999 herausgegeben wurden. Demzufolge wurde als Probenmatrix jeweils 100 Liter hartes und weiches Trinkwasser verwen-det. Jedes der drei Laboratorien hatte insgesamt 72 Einzelanalysen durchzuführen: 36 aus hartem Wasser und 36 aus weichem Wasser. Jeweils 12 mit IMS gereinigte Proben wurden mikroskopisch, sowie mit konventioneller nested-PCR (hartes Wasser nur in 2 Laboratorien) und mit quantitativer LightCycler-PCR untersucht. Es wurden Konzentrationen von 0, 10 und 100 Oozysten pro Ansatz eingesetzt. Dabei stellte sich eindeutig heraus, dass die IMS in weichem Wasser besser funktionierte als in hartem Wasser. Auf die PCR-Ergebnisse hatte die Wasserhärte jedoch keinen offensichtlichen Einfluss. Bei der qualitativen nested PCR ergab sich lediglich ein falsch positives und ein eindeutig falsch negatives Ergebnis. Weitere 7 negative Resultate ergaben sich bei Konzentrationen, die mikroskopisch ebenfalls negativ wa-ren oder sehr niedrige Oozystenzahlen enthielten (1, 2, 2 bzw. 10 Oozysten). Die LightCycler-Ergebnisse waren für eine quantitative PCR in diesen niedrigen Konzentrationsbereichen erstaunlich präzise. Auch hier gab es jedoch vereinzelt falsch positive und falsch negative Resultate. Bei 100 eingesetzten Oozysten pro 100 Liter trat jedoch nur ein einziges falsch negatives Resultat auf.
Die Versuche zur Sequenzierung von PCR-Produkten ergaben, dass sowohl bei Cryptosporidien als auch bei Giardien Sequenzunterschiede auftreten, die eine Unterscheidung von mindestens zwei bis drei Genotypen zulässt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Status-Kolloquium in Tübingen; Vorträge: OECD Interlaken, DGHM Berlin, DGHM Regensburg, DGP Hohenheim; Poster: DGHM Regensburg, DGHM München, IAW 2000 Paris; Zeitschriften-Beitrag: Re-view in J. Indust. Microbiol. Biotechnol.; Buchbeitrag: in Rapid Cycle Real Time PCR - Methods and Applications, Springer Verlag; Internet: Kurzfassung der Vorträge des Statuskolloquiums (Online Publikations-Server der Uni Tübingen), DBU-Zwischenbericht (Homepage des Hygiene-Instituts), Beitrag zu Molecular Technologies for Safe Drinking Water (Homepage der EAWAG, Schweiz).


Fazit

Als alternative Methode zum mikroskopischen Nachweis erscheint die LightCycler-PCR in Kombination mit der IMS in verschiedener Hinsicht am geeignetsten: kurze Analysezeit, quantitatives Ergebnis, gerin-ge Kontaminationsgefahr bei ausschließlicher Anwendung. Diese Methode bleibt daher am Hygiene-Institut dauerhaft etabliert und wird auch bei 4 base lab weiterhin angeboten. Es bestehen hier auch weitere Optimierungsmöglichkeiten: z. B. durch die Konstruktion von exakt definierten und lange haltba-ren synthetischen Standards, die die Referenz-Oozsten ersetzten können, die derzeit noch im Tier produziert werden müssen und derzeit sowohl für die mikroskopische als auch für die PCR-Methode not-wendig sind.

Übersicht

Fördersumme

143.163,77 €

Förderzeitraum

28.08.1997 - 31.10.2000

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik