Projekt 10745/01

Einfluß der Einstreutrocknung auf die Milbenpopulationen in Hähnchenmastställen und die daraus resultierende mögliche Verringerung der Allergenbelastung für die Bevölkerung

Projektträger

Hochschule VechtaInstitut für Naturschutz und Umweltbildung (INU)
Driverstr. 22
49377 Vechta
Telefon: 04441/15-231

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Es soll untersucht werden, welchen Einfluß die Einstreutrocknung auf die Artenzusammensetzung und Häufigkeit von Milbenpopulationen in Hähnchenmastställen hat. Die Untersuchungen werden vergleichend in einem doppelstöckigen Stallgebäude mit einem konventionellen und einem nach dem Trampoline-Stallsystem durchgeführt. Erste Voruntersuchungen haben ergeben, daß in einem Gramm Substrat im konventionellen Stall mehrere Tausend Milben vorkommen, im getrockneten Substrat des Trampoline-Stalls dagegen nur ein kleiner Bruchteil davon. Die Hausstaub- und Vorratsmilben spielen als Allergen-Produzenten eine wichtige Rolle, und es soll untersucht werden, ob die Substrat-Trocknung auch einen Einfluß auf die Allergenproduktion und -emission hat.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt beginnt am 30.01.1997 mit der Einstallung von Hähnchenküken in die beiden Stallsysteme. Als Einstreu wird in beiden Ställen gehäckseltes Stroh (1 kg pro Quadratmeter) eingesetzt. Die Trocknung des Substrates erfolgt durch kontinuierliche Belüftung mit der relativ trockenen, warmen Stalluft. Der Milbenbesatz der Einstreu, des Futters und im vorhandenem Staub wird zu Projektbeginn qualitativ und quantitativ untersucht und während mehrerer Durchläufe (jeweils 36 Tage) im wöchentlichen Abständen wiederholt. Außerdem soll der Gehalt an Milbenderivaten in der Luft ermittelt und die Gesamtemission berechnet werden. Im Sommer 1997 sollen mykologische Untersuchungen durchgeführt, da die Trocknung des Substrates einerseits Änderungen in der Populationsdichte der Milben, andererseits aber auch eine Auswirkung auf die Pilzflora, die teilweise allergene Sporen produzieren, erwarten lassen. Die Probenahme, die Milbenextration und die quantitative Erfassung erfolgt in Vechta. Die Präparation und Determination der Milben erfolgt in Kooperation mit Dr. Dabert von der Universität Posen/Polen.
Über Hausstaubmilben in Wohnungen liegen für Deutschland nur wenig Untersuchungen vor, über das Vorkommen dieser Milben in Geflügelställen gibt es nur eine Arbeit, bei der aber nicht die Einstreu berücksichtigt wird. Wenn durch kontinuierliche Einstreutrocknung das Milbenvorkommen stark eingeschränkt wird, sollte es auch eine Auswirkung (Verringerung) auf die Menge der produzierten Allergene geben und damit auch auf die Belastung der Bevölkerung.


Ergebnisse und Diskussion

Die Milbe Sancassania berlesei kommt in beiden untersuchten Stallsystemen und in mehreren Ställen vor. In konventionellen Ställen ist sie eudominant und erreicht einen Anteil von bis zu 99 % an der Milbenfauna. Sie kommt im konventionellen Stall in maximalen Populationsdichten von 3.000 bis 5000 Milben pro Gramm Bodensubstrat vor. Eine hohe Substratfeuchtigkeit scheint für ihre Massenentwicklung Voraussetzung zu sein. Während einer Mastperiode von 36 - 40 Tagen durchlaufen die Milben dieser Art eine charakteristische Populationsentwicklung. Ungefähr zwei Wochen nach Mastbeginn erfolgt ein starker Anstieg der Populationsdichte und nach ungefähr drei Wochen ein rapider Zusammenbruch. Eine direkte Korrelation zwischen dem Zusammenbrechen der Population und der Substrattemperatur sowie dem Ammoniakgehalt konnte nicht festgestellt werden. Wahrscheinlich ist eine Kombination verschiedener Um-weltfaktoren und die davon ausgehende Wirkung für diesen Zusammenbruch verantwortlich. Dieses Phänomen konnte neunmal in insgesamt drei konventionellen Ställen beobachtet werden.
Sancassania berlesei hat bei 38° C eine Generationsdauer (von Ei zu Ei) von sieben Tagen. Die Lebensdauer kann einige Monate betragen. Bei 42° C findet noch eine Entwicklung statt. Die Lethaltemperatur liegt bei 45° C. Die kurze Generationsdauer ermöglicht es der Milbe, in kurzer Zeit so große Populationen aufzubauen. Sie bildet unter ungünstigen Lebensbedingungen Dauerstadien. Ihr prozentualer Anteil in der Population nimmt gegen Ende der Mastperiode zu und kann nach dem Ausstallen in Substratresten 31 % der Gesamtpopulation erreichen.
Die Besiedlung des Substrates bei einem neuen Mastdurchgang kann auf verschiedene Wege erfolgen: von verbliebenen Substratresten nach dem Ausstallen, mit dem eingebrachten Stroh, mit dem Futter und durch Phoresie (Transport der Dauerstadien z. B. durch Schwarzkäfer).
Die Substrattrocknung im Trampoline-System führt zu einer starken Reduktion der Milben. Der Maximalwert der Population von Sancassania berlesei ist in Halle nur 0,1 % so groß wie der der Population dieser Milbe zur selben Zeit im konventionellen System, in Werlte sogar nur 0,01 %. Der weitere Vergleich der Stallsysteme ergibt, daß die Allergene produzierenden Milben in Halle im Trampoline-Stall häufiger vorkamen, in Werlte dagegen im konventionellen Stall (bis 6% der Milbenfauna).
Im Trampoline-Stall sind trotz geringerer Feuchtigkeit im Substrat deutlich mehr Schimmelpilze zu finden. Es ist im Verlauf eines Mastdurchganges eine Zunahme der Schimmelpilze zu beobachten und nach drei bis vier Wochen ein Zusammenbruch. In Werlte wurde im Substrat ein Maximalwert von 353 Mio. Keimen/g erreicht, der damit 23,5 mal so hoch war wie im konventionellen System. Nach dem Zusammenbruch der Schimmelpilzpopulation ist das Schimmelpilzvorkommen im Trampoline-System noch 530 mal so hoch wie im konventionellen Stallsystem. Eine quantitative Erfassung der Schimmelpilze in der Stalluft während eines Mastdurchganges ergab im Trampoline-System während eines Mastdurchganges einen viermal so hohen Wert wie im konventionellen Stall.
Sancassania berlesei ernährt sich von Schimmelpilzen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Milben im Substrat im konventionellen Stall die Schimmelpilze fressen und damit eine bisher nicht bekannte Bedeutung bei der Begrenzung des Schimmelpilzwachstums haben. Gegen Ende der Mastperiode befinden sich im konventionellen Stall die Milben und Schimmelpilze auf einem niedrigen Niveau.
Es liegen bisher keine Angaben vor, daß Sancassania berlesei Allergien auslösen kann. Untersuchungen des Staubs in den Hähnchenmastställen (auch aus der Luft) haben für die beiden Stallsysteme keine signifikanten Unterschiede ergeben.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

- Ehrnsberger, R. & Dabert, J. (1998): Comparison of dynamic of acaridid mites population in two different types of poultry breeding systems in Germany. - Posterpräsentation auf dem 10th Intern. Congr. Acarology, Australia, im Juli 1998.
- Ehrnsberger, R. & Blaszak, C. (1999): Mesostigmate Milben im Bodensubstrat in der Hähnchenmast in zwei Stallsystemen in Niedersachsen. - Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 25: im Druck.
- Ehrnsberger, R. & Dabert, J. (1999): Einfluß der Einstreutrocknung auf die Milbenpopulationen in Hähnchenmastställen. - Archiv für Geflügelwirtschaft, in Vorbereitung.


Fazit

Die Einstreutrocknung im Trampoline-System führt im Vergleich zum konventionellen System zu einer Reduktion der Milbenpopulation auf ca. 0,1%. Gleichzeitig ist trotz der geringeren Substratfeuchte ein deutlich höheres Schimmelpilzvorkommen festzustellen, was zu einer erhöhten Pilzsporen-Emission führen muß. Im konventionellen Stall begrenzt die massenhaft auftretende Milbe Sancassania berlesei das Pilzwachstum. Da diese Milbe nach bisherigem Kenntnisstand wahrscheinlich keine Allergene produziert, führt die Substrattrocknung im Trampoline-System demnach auch nicht zu einer Reduzierung der Allergenbelastung durch Milben in der Umgebung der Ställe.

Übersicht

Fördersumme

23.805,75 €

Förderzeitraum

31.01.1997 - 30.06.1998

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Umweltforschung
Umwelttechnik