Projekt 10043/01

Entwicklung eines innovativen Multisensorsystems zur Unterstützung der on-line-Abwasseranalyse mit Hilfe neuronaler Netze

Projektträger

Dr. Bruno Lange GmbH
Willstätterstr. 11
40549 Düsseldorf
Telefon: 0211/5288-

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projektes war die systematische Entwicklung und praktische Erprobung innovativer Multisensorsysteme für die Online-Abwasseranalyse. Diese Multisensorsysteme sollten möglichst aus solchen Sensoren (Sonden, Elektroden, Meßfühlern) bestehen, die üblicherweise schon auf Kläranlagen zu Überwachungszwecken eingesetzt werden. Das sind z.B. Sensoren zur Messung von Leitfähigkeit, pH-Wert, Redoxpotential, Trübung, SAK-Wert (Spektraler Absorbtionskoeffizient) oder von anderen Hilfsgrößen. Mit geeignet trainierten künstlichen neuronalen Netzen (KNN) sollten Zusammenhänge zwischen diesen inline gemessenen Hilfsgrößen und online mit Prozeßanalysatoren gemessenen Prozeßgrößen wie Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB), Ammonium (NH4) oder Phosphat (PO4) erkannt, ausgewertet und zur wissensbasierten Fehlerdiagnose sowie zur Unterstützung der Prozeßanalysatoren genutzt werden, um deren Verfügbarkeit zu erhöhen.

Anlaß dieses Projektes war die häufig auf Kläranlagen zu beobachtende Tatsache, daß Online-Prozeßanalysatoren bzw. die von ihnen gelieferten Prozeßsignale bisher nur unzureichend für Steuerungs- und Regelungszwecke genutzt werden /Köhne 98a/, obwohl heute unbestritten ist, daß weitergehende Abwasserreinigungsverfahren zur Nährstoffelimination auch weitergehende Steuerungs- und Regelungsverfahren erfordern /Köhne 98b/. Ursachen sind neben hohen Unterhaltskosten vor allem unregelmäßig auftretende Störungen und notwendige Wartungen der Prozeßanalysatoren. Für die Dauer des Ausfalls oder der Wartung können die Steuerungen oder Regelungen nicht sinnvoll betrieben werden; u.U. sind sogar unerwünschte Betriebszustände möglich, weil fehlerhafte Meßsignale verwendet werden.
Die meisten Online-Meßverfahren basieren auf komplexen, naßchemischen oder biochemischen Analysen und die Analysatoren benötigen einen partikelfreien Probenstrom, der wiederum eine teure und oft auch störanfällige Ultrafiltration des Abwasserprobenstroms erfordert. Mit dem SAK-Sensor (UV-Absorption) der Firma Dr. Lange und o. g. Sensoren für andere Hilfsgrößen in Kombination mit neuronalen Netzen zur intelligenten Signalauswertung lassen sich diese Probleme weitgehend vermeiden, weil inline (d.h. ohne Ultrafiltration) gemessen und die Verfügbarkeit der Online-Prozeßanalysatoren erhöht wird.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst ist analysiert worden, welche Abwasserinhaltsstoffe sich aufgrund der Kombination verschiedener Hilfsparameter mit ausreichender Genauigkeiten mit neuronalen Netzen berechnen lassen und welche Zusammenhänge zwischen einzelnen Meßgrößen bestehen, die zur Identifikation und Kompensation gestörter Sensoren verwendet werden können. Insbesondere ist untersucht worden, unter welchen Bedingungen eine CSB-Berechnung aufgrund des Ersatzparameters UV-Absorption möglich ist und welche Zusammenhänge zwischen beobachteten Fehlern und einfach zu messenden Hilfsparametern, wie Leitfähigkeit, Redopotential, pH-Wert, Trübung usw. bestehen, die zur Fehlerkompensation ausgewertet werden können.
Anschließend wurden auf zwei unterschiedlich großen Kläranlagen parallel zu kontinuierlich arbeitenden Prozeßanalysatoren weitere Hilfsparameter gemessen, um prozeßspezifische Zusammenhänge zu erkennen. Diese dienten als Grundlage für die Anwendung wissensbasierter und modellgestützter Meßverfahren. Begleitend sind neuronale Netzstrukturen zur Meßwertvalidierung entworfen und getestet worden, die eine parallele Auswertung aller Sensoren erlauben und Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Sensorsignalen berücksichtigen.


Ergebnisse und Diskussion

Die in Kooperation mit dem ZESS Zentrum für Sensorsysteme der Universität-GH Siegen durchgeführten Experimente auf den Kläranlagen Netphen (12.000 EW) und Köln-Weiden (80.000 EW) haben gezeigt, daß es vorteilhaft ist, die in der Abwassertechnik notwendige Sensorvalidierung in zwei hierarchischen Ebenen durchzuführen:
Eine lokale Sensorvalidierungsebene umfaßt eine Plausibilitätsprüfung der Meßwerte anhand von experimentell ermittelten Grenzwerten und statistischen Kennwerten. Sie wird zweckmäßigerweise dezentral und lokal im jeweiligen Meßgerät realisiert. In einer übergeordneten zentralen und globalen Validierungsebene werden die Sensoren, deren Ausgänge Korrelationen mit interessierenden Prozeßgrößen aufweisen, zu einem Multisensorsystem zusammengefaßt.
Eine gemeinsame Auswertung aller relevanten Meßsignale mit autoassoziativen neuronalen Netzen (AANN) erlaubt eine Prüfung der Meßwerte auf Plausibilität. Aufgrund aktueller Meßdaten erlernen die AANN während der Trainingsphase Abhängigkeiten zwischen den Signalen. Die erlernten Zusammenhänge werden in der Einsatzphase genutzt, um untypische (fehlerhafte) Signalverläufe (z.B. Drift) zu erkennen.
Ist ein Sensor oder Analysator als fehlerhaft oder in seiner Funktion gestört detektiert worden, kann ein vorher trainiertes Multilayer-Perseptron-Netz (MLPN) zur modellgestützten Berechnung der betreffenden Prozeßgröße verwendet werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Firma Dr. Lange beteiligt sich an allen relevanten Fachmessen, z.B. IFAT in München, INTERKAMA in Düsseldorf oder ACHEMA in Frankfurt/Main. Teilergebnisse des Projektes wurden bei verschiedenen Anlässen (Symposien, Fachtagungen, Aussprachetagen) der interessierten Fachöffentlichkeit vorgestellt und diskutiert. Das ist auch zukünftig geplant.


Fazit

Mit der Anwendung neuronaler Netze zur Sensor- und Meßsignalvalidierung ist ein wesentlicher Schritt zur Qualitätssicherung in der Online-Abwasseranalyse gelungen. Mit der vorgeschlagenen lokalen Validierungsebene in den Prozeßanalysatoren und der globalen Validierungsebene in Prozeßleitsystemen lassen sich erhebliche Steigerungen der Verfügbarkeit der Meßgeräte erreichen. Voraussetzung für die Realisierung dieses Konzeptes ist ein geeignetes Bussystem. Hier hat sich die Firma Dr. Lange für den DIN-Meßbus entschieden. Alternativen werden derzeit in einem 1998 gebildeten Ausschuß Kläranlagen - Einsatz von Feldbussystemen der Gesellschaft für Meß- und Automatisierungstechnik (GMA) des VDI/VDE diskutiert.

Übersicht

Fördersumme

102.258,38 €

Förderzeitraum

01.08.1996 - 07.04.2000

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik