Projekt 05779/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Gesundheitlich-hygienische Bewertung neuartiger Biofilter in Biotonnen

Projektträger

Westfälische Wilhelms-Universität MünsterZentrum für Umweltforschung (ZUFO)
Mendelstr. 11
48149 Münster
Telefon: 0251/838470

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Untersuchung der Wirksamkeit eines speziellen Deckelsystems mit Biofiltereinsatz (Euro Patent Nr. 0597282) in Biotonnen in Hinblick auf eine Reduzierung der Geruchsemissionen, des Madenbefalls und der Pilzentwicklung bei der getrennten Sammlung von Abfällen. Die gute biologische Abbaubarkeit des Biomülls sowie die Entsorgung auch geruchsintensiver Lebensmittelreste können neben seuchenhygienischen Problemen auch erhebliche Geruchsemissionen verursachen, die - unter Umständen kombiniert mit einer starken Maden- und Fliegenentwicklung - beim Betreiber zu Ekelgefühlen führen und häufig erheblichen Widerstand gegen die Benutzung einer Biotonne produzieren. Das Ziel dieser Studie war es deshalb, zu untersuchen, ob und wie die möglichen Nachteile der Sammlung kompostier-barer Abfälle: 1. Geruchs- und Madenentwicklung und 2. die Freisetzung von medizinisch relevanten Pilzsporen durch Einsatz eines Filterdeckels minimiert oder gar überwunden werden können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen der Wirksamkeit des Filterdeckelsystems wurde in vier Feldversuchen unter realen Bedingungen (Gemeinde Havixbeck) und in vier Versuchen unter kontrollierten Bedingungen getestet. Bei den Feldversuchen wurden normale Standard-Mülltonnen mit dem Filterdeckelsystem ausgerüstet und im Vergleich zu unveränderten Tonnen analysiert. Die Versuchsperioden lagen im Sommer und Herbst 1994 und im Sommer 1995. Erhoben wurden Daten zum Standort, dem Füllzustand, der Standzeit, dem Geruch bei geschlossener und offener Tonne, der Madenentwicklung, dem Ameisenbefall sowie zur Pilzsporenemission. Zusätzlich wurde das System durch die Verbraucher mittels eines Fragebogens bewertet. Die Pilzentwicklung wurde sowohl im Substrat (kontrollierte Versuche) als auch in der Luft mit Hilfe von Sedimentationsplatten sowie Schlitzsammlern bestimmt. Als wesentlich für die Beurteilung einer möglichen Gesundheitsgefährdung erwies sich die Etablierung eines Expositionsmodells, das eine zeitproportionale Bestimmung der Pilzsporenfreisetzung unter realen Bedingungen beim Befüllungsvorgang ermöglicht.


Ergebnisse und Diskussion

Bei unseren Untersuchungen konnten wir in Feld- und Laboruntersuchungen erhebliche Geruchsemissionen aus Biotonnen feststellen. Bei normalen Standardtonnen war der Geruch auch bei geschlossenem Deckel in erheblichem Maße feststellbar. Mit wachsender Standzeit nahmen sowohl in den Feldversuchen wie bei den Versuchen unter kontrollierten Bedingungen die Geruchsemissionen deutlich zu. Durch den Einsatz des dicht schließenden Deckelsystems mit Biofilter lässt sich eine erhebliche Verbes-serung dieser Situation erreichen. Dieses Deckelsystem wurde von der Firma Biologic innerhalb der Untersuchungsperiode mehrfach optimiert. Aus Tonnen mit Filterdeckeln sind praktisch keine unangenehmen Gerüche mehr wahrnehmbar. Dies ließ sich sowohl in den Feldversuchen als auch unter kontrollierten Bedingungen eindeutig nachweisen. Auch im 2. Sommer war keine Verschlechterung der Wirksamkeit des Filters erkennbar. Pathogene Keime oder Pilze waren im Filtermaterial nicht nachweisbar. Damit bietet sich durch den Einsatz des Filterdeckels eine effiziente Möglichkeit an, Geruchsprobleme bei der getrennten Abfallsammlung zu minimieren und dadurch die Akzeptanz deutlich zu erhöhen. Neben Geruchsbelästigungen werden von den Betreibern in erster Linie erhebliche Ekelgefühle durch massenhaftes Auftreten von Maden genannt. Bei unseren Untersuchungen beobachteten wir teilweise extreme Madenentwicklungen in den normalen Standardtonnen, was zu einer starken Ablehnung der Biotonne führte. Durch den Einsatz des dicht schließenden Filterdeckels wurde das Maden- und auch Fliegenproblem sowohl im Feldexperiment wie unter kontrollierten Bedingungen praktisch vollständig gelöst. Nur in Tonnen mit Filtersystem wirkt sich eine auf 14 Tage verlängerte Standzeit nicht weiter negativ aus.
Neben den Belästigungsfaktoren Geruch und Ungeziefer stellt Bioabfall ein Reservoir für verschiedenste Infektionserreger dar. Allergisierungen durch Pilzsporen und oft tödlich verlaufende Infektionen durch Schimmelpilze werden in den letzten Jahren mit wachsender Tendenz von vielen Autoren beschrieben. Neben Aspergillus fumigatus, dem unstreitig die größte Bedeutung zukommt, treten jedoch vermehrt auch Infektionen durch andere Schimmelpilze, in der Regel bei immungeschwächten oder immunsupprimierten Personen, auf. Welche Sporenmengen für eine Infektion aufgenommen werden müssen, ist weitgehend unbekannt. Über die Größe des Infektionsrisikos für Personen mit gestörter oder unterdrückter Immunabwehr im privaten häusliche Umfeld liegen keinerlei Hinweise in der Literatur vor. Insbesondere kann die Rolle der Abfallentsorgung zur Zeit nicht ausreichend sicher beurteilt werden. Bei unseren Versuchen konnten in allen Biotonnen teilweise erhebliche Belastungen mit Pilzsporen gemessen werden. Im Laufe der Untersuchung erwies es sich als notwendig, die Messmethode zu standardisieren. Aus diesem Grund wurde ein Expositionsmodell entwickelt, das den Befüllungsvorgang durch den Betreiber simuliert und eine zeitproportionale Erfassung der Sporenbelastung ermöglicht. Bei unseren Untersuchungen kam es beim Abwurf von Material in die Tonne zu teilweise explosionsartigen Freisetzungen von Pilzsporen. Unter kontrollierten Bedingungen erreicht die Sporenemission nach ca. 6-8 Tagen ihr Maximum. Bei den Arten dominieren in der Anfangsphase Rhizopus und Mucor, während Penicillium spec. und A. fumigatus über die gesamte Standzeit in hohen Konzentrationen gefunden werden. Zwischen der Substratbelastung mit Pilzen und den Sporengehalten in der Luft bestehen keine erkennbaren Abhängigkeiten, so dass Substratmessungen für eine Expositionsabschätzung ungeeignet sind. Einen deutlichen Einfluss auf die Sporenemission hat die Bauform der Tonne. Aus Tonnen, deren Wandungen gelocht waren, traten über längere Zeiträume und erheblich mehr Sporen in die Umgebungsluft aus als bei normalen Standardtonnen. Der Einbau von Filterdeckeln erbrachte innerhalb dieser Studie statistisch nicht völlig eindeutige Ergebnisse in Hinblick auf die Produktion und Freisetzung von Pilzsporen. In einer Feldstudie, bei den Innenraumversuchen und bei den Umtonnenversuchen war eine tendenziell geringere Sporenfreisetzung bei Tonnen mit Filterdeckel zu. Im Laborexperiment erweisen sich die Sporenbildner des Biofilters als stark pilzhemmend, insbesondere gegenüber Aspergillus fumigatus. Es erscheint auf jeden Fall geboten, Maßnahmen und Verhaltensregeln zu entwickeln, die zu einer deutlichen Reduzierung der Sporenbelastung durch die Müllentsorgung führen. Die Empfehlung des Bundesgesundheitsamts für immungeschwächte Personen, Biotonnen nicht zu benutzen, sollte auf jeden Fall solange weiter aufrecht erhalten werden, bis gesichertes Zahlenmaterial aus weiteren Untersuchungen vorliegt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Über die Ergebnisse wurde in der Presse und den elektronischen Medien ausführlich berichtet. Die wissenschaftlichen Aspekte wurden im Forum Städtehygiene publiziert sowie auf dem 53. Informationsgespräch der ANS in Delmenhorst und auf dem 4. Kongress der Gesellschaft für Hygiene u. Umweltmedizin (Luft zum Leben) als Vortrag vorgestellt.


Fazit

Die Entwicklung des Filterdeckelsystems mit Biofilter für Biotonnen führt zu einer erheblichen Verminderung der negativen Auswirkungen bei der Sammlung kompostierbarer Abfälle und zu einer deutlichen Verbesserung der Akzeptanz der getrennten Sammlung von Abfall beim Verbraucher. Die Versuche haben die Brauchbarkeit und Standfestigkeit des Systems erwiesen, so dass der Einsatz des Filterdeckels generell als Optimierungsmaßnahme empfohlen werden kann.

Übersicht

Fördersumme

49.339,67 €

Förderzeitraum

10.06.1994 - 22.12.1995

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik