Projekt 00214/01

Anwendungstechnische Untersuchung und Optimierung von Produkten aus trocken- modifiziertem Weizenmehl in verschiedenen industriellen Anwendungen

Projektträger

Ceresan GmbH
Leipziger Str. 67
04420 Markranstädt
Telefon: 034205/790-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Infolge bedeutender Wachstumsraten stellt die Verarbeitung naßextraktiv gewonnener Stärken eine zunehmende Umweltbelastung dar. Diese resultiert im besonderen aus den technologisch bedingten Emissionen der Stärkeerzeugung (die Trockensubstanzausbeuten bei der Stärkeextraktion liegen bei 95 - 98 % bezogen auf die Rohstoffumsatzmenge), jedoch ist auch die Nachfragedominanz bei Stärke gegenüber den technologisch bedingt anfallenden Koppelprodukten, wie Protein, potentiell problematisch. Ziel des Vorhabens war es deshalb, Umweltbelastungen durch die steigende Verwendung extrahierter Stärken in industriellen Prozessen zu mindern bzw. zu vermeiden. Alternativ entwickelte direktchemisch modifizierte Weizenmehle sollten auf ihre Anwendbarkeit als Substitute für Stärkeprodukte in verschiedenen Industrieprozessen experimentell getestet werden. In den Applikationsversuchen bis zum großtechnischen Maßstab waren die Funktionalität der neuen Produktgeneration und die umweltentlastende Wirkung nachzuweisen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen zur Applikation direktchemisch modifizierter Getreidemehle wurden für verschiedene Anwendungsfälle von modifizierten oder nativen Stärken in einem Stufenprozeß durchgeführt. Für die jeweilige Anwendungsaufgabe wurde eine Prozeß- und Funktionsanalyse des Industrieprozesses durchgeführt und eine Konzeption zur Substitution üblicherweise eingesetzter konventioneller Stärke erarbeitet. Als Kriterien gelten die relevanten Verfahrens- und Qualitätsparameter. Aus der Palette der Wei-zenmehlmodifikate wurden entsprechend ihren Eigenschaften geeignete Testmuster ausgewählt und in Laborversuchsreihen für die praktischen Einsatzbedingungen optimiert. Für die Erpobungsversuche im Industriemaßstab wurden Einsatzempfehlungen für das jeweilige Modifikat erarbeitet und nötigenfalls in Simulationsversuchen im Labormaßstab für den Zielprozeß überprüft. Die Modifikatapplikation wurde nach Möglichkeit in einem Industrieversuch nachgewiesen. Bewertet wurde das reproduzierbare Erreichen der geforderten Prozeß- und Qualitätsparameter im Vergleich zum konventionellen Stärkeprodukt anhand der Bestimmung und Auswertung prozeß- bzw. produktspezifischer Daten. Dazu wurden Proben gezogen und analysiert. In die Bewertung wurden Kostenüberlegungen einbezogen. Anhand dieser Daten wurden die umweltrelevanten Vorteile der Anwendung der innovativen Produktgeneration der direktmodifizierten Getreidemehle nachgewiesen.


Ergebnisse und Diskussion

Aufgrund der großen Breite der untersuchten Anwendungsmöglichkeiten können die jeweiligen Ergebnisse nur bezogen auf die Teilprojekte bewertet werden.
Für den Bereich mit dem größten potentiellen Anwendungsvolumen, die Papierindustrie, wurden verschiedene spezifische Einsatzmöglichkeiten untersucht. In allen Bereichen konnte eine hinreichende bis sehr gute Funktionalität im Prozeß, gemessen an der erzielten Endproduktqualität, den Eckwerten des Prozesses und den Handlingeigenschaften bei deren Verwendung, nachgewiesen werden.
Für die Herstellung von Zeitungsdruckpapier wurde ein mit einem Substitutionsgrad (DS) von 0,05 kationisiertes Weizenmehl gegenüber einer klassischen kationischen Kartoffelstärke getestet. Kriterien waren das Erreichen der notwendigen Rupffestigkeit, ausgedrückt durch einen Dennison-Wert von 12 und eine Gesamtretention von 69 bis 71 % ohne Erhöhung des Retentionsmittelzusatzes. Es konnten äquivalente Wirkungen nachgewiesen werden, die ermittelten CSB-Werte des Siebwassers sind als sehr gut zu bewerten.
Für die Erprobung kationischer Weizenmehle bei der Herstellung hochgefüllter Papiere, hier Druckpapiere, wurde zunächst die Stippenzahl der Modifikate reduziert. Maßstab für die Funktionalität kationischer Getreidemehlmodifikate als Masseleimungsmittel ist der Beitrag zur Festigkeitssteigerung und eine gute Eigen- und Füllstoffretention, gemessen am Anstieg des Aschegehaltes des Papiers. Der Langzeit-versuch zeigte Übereinstimmung zur Standardstärke.
Für die Herstellung von Papieren mit Naßfestausrüstung erwies sich eine hydrophobierende Modifizierung des Weizenmehls als durchführbar, aber zu kostenintensiv. Gute Ergebnisse zeigte jedoch eine gekochte hochkationische Modifikatlösung als Schutzkolloid bei der Emulgierung wasserunlöslicher Harzleime.In der Gießereiindustrie wurde ein sehr hoffnungsvoller Ansatz für eine Verwendung von Modifikaten mit niedrigem Substitutionsgrad als Bindemittel für Gießereiformsande aus Bentoniten erreicht, deren Rückgewinnbarkeit auf dem rückstandsfreien Ausbrennen des Bindemittels aus dem Bentonit beruht.
Grundsätzlich möglich ist auch die Verwendung modifizierter Getreidemehle zur Kohlebrikettierung. Anionisches Weizenmehl erreichte bei der Brikettierung von Grillkohle zwar äquivalente Ergebnisse zur konventionell eingesetzten Weizen-B-Stärke, ist aber teurer.
Kostengünstiger kann jedoch Carbomethylcellulose durch ein kaltquellendes kationisches Weizenmehlmodifikat bei der Herstellung von Preßkohle ersetzt werden. Allerdings traten bei Wärmezufuhr Geruchsbelästigungen als Folge des Proteinanteils auf. Dagegen hat sich säuremodifiziertes Weizenmehl als Agglomerationsmittel bei der Herstellung von Füllkörpern auf der Basis nachwachsender Rohstoffe bewährt.
Für die Verwendung ionisch modifizierter Getreidemehle als Hilfsstoff bei der Abwasserreinigung sind grundsätzlich Lösungsansätze erkennbar. Notwendig sind hochionische kaltlösliche Produkte, die bedarfsabhängig dosierbar sind. Außerordentlich interessante Applikationsmöglichkeiten für modifizierte Weizenmehle existieren in der Baustoffindustrie. Für die Herstellung von Gipskartonplatten erwies sich das neuentwickelte säuremodifizierte Weizenmehl für die Kartonhaftung und zur Kristallisationsbeeinflussung als gut geeignet. Um dieses Produkt bis zur Fertigungsreife zu entwickeln, war umfangreiche FE-Arbeit erforderlich. Es wurde ein mit Salzsäure hydrolisiertes Weizenmehlmodifikat optimiert. Rohstoffseitig bedeutet dies eine Limitierung des Proteingehaltes des verwendeten Weizenmehles. Die Prozesstemperatur darf die Koagulationstemperatur des Proteins nicht überschreiten, um eine ausreichende Produkt-Wasserlöslichkeit zu gewährleisten. Die Ergebnisse der Laborphase wurden im kleintechnischen und halbtechnischen Maßstab überprüft. Erprobungsversuche bei einem Gipskartonplattenproduzenten mit halbtechnisch hergestelltem Hydrolisatchargen bestätigen die Produktfunktionalität. Die Projektergebnisse sind unmittelbar nutzbar. Die Verfügbarkeit von säuremodifiziertem Weizenmehl als Gipskartonplattenadditiv erschließt gegenüber dem Einsatz von Stärke ein erhebliches Umweltentlastungspotential.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Präsentation des Projektes auf verschiedenen Messen (z.B. Terratec, Leipzig) und Veranstaltungen, insbesondere zum Themenkreis Nachwachsende Rohstoffe sowie in Broschüren der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.


Fazit

Die anwendungsfallbezogenen Projektziele konnten grundsätzlich erreicht und die von der neuen Produktgeneration direktchemisch modifizierter Getreidemehle Funktionalität mit den prognostizierten Wirkungen nachgewiesen werden. Außerordentlich erfolgreich verliefen die Anwendungserprobungen auf dem Sektor der Papierindustrie, weitere Applikationsfelder sind vielversprechend.
Die Substitution konventioneller Stärken durch modifizierte Getreidemehle führt infolge hoher Tonnagen im industriellen Verbrauch vor allem durch die deutliche Senkung des Primärenergiebedarfes um 2300 kW/t abgelöstes Stärkeprodukt zu einer spürbaren Umweltentlastung, die durch eine Vielzahl anwendungstechnischer ökologischer Affekte noch verstärkt werden.

Übersicht

Fördersumme

1.340.472,84 €

Förderzeitraum

15.05.1992 - 02.10.2001

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik