„Wie sollen wir ‚Krieg gegen die Umwelt‘ einstellen, wenn es nicht einmal gelingt, Krieg unter den Menschen zu beenden“

Fazit: Professor Dr. Wolfgang Haber und Eberhard Günther (FORON) ein Jahr nach Verleihung des ersten Deutschen Umweltpreises
Osnabrück. Für den einen, Eberhard Günther von der sächsischen Firma FORON, hat sich "der von uns eingeschlagene Weg des Einsatzes von Kohlenwasserstoffen als Kältemittel in Haushaltskältegeräten rückblickend betrachtet gelohnt". International anerkannte Fachkompetenz, neue wirtschaftliche Kontakte nach China und Indien, dankbare Verbraucher und hohe Marktakzeptanz vor allem im Osten Deutschlands, aber auch Kooperationsbereitschaft westdeutscher Unternehmen - das sind die Schlagworte, die Günther einfallen. Für den anderen, Professor Dr. Wolfgang Haber (München), haben sich die Anfragen um Beratung, Entscheidungshilfen bei kontroversen Vorhaben, fördernde Begutachtung von Projekten "ungefähr verdoppelt". Sie haben ihm "mancherlei neue, gedankliche Anstöße" gebracht und ihn "sehr beeinflußt, neue oder zusätzliche Überlegungen anzustellen". Gemeinsam ist den beiden Preisträgern des ersten Deutschen Umweltpreises 1993, daß sie eine direkte Auswirkung dieser Auszeichnung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) registriert haben. Und eine solche direkte Konsequenz wünschen sie auch ihren Nachfolgern Professor Dr. Paul J. Crutzen/ Dr. Frank Arnold, Dorf und Verein Ökospeicher Wulkow und den Umweltinitiativen der Wirtschaft in Ostwestfalen, die den '94er Preis am 17. April in der Semperoper Dresden aus der Hand von Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel in Empfang nehmen werden.

"Fester im Markt etabliert"

Für die Firma FORON, so Günther, lasse sich die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges schon damit begründen, daß dieser Weg "mittlerweile von der gesamten deutschen Hausgeräteindustrie" übernommen worden sei. Die Verleihung des Deutschen Umweltpreises habe gleichzeitig die Kooperationsbereitschaft westdeutscher Unternehmen erhöht, so daß sich daraus "auch für die Zukunft neue Geschäftsfelder ergeben werden". Insgesamt sei es FORON durch den Preis gelungen, sich fester am Markt zu etablieren und im internationalen Rahmen gesehen ein deutlich höheres Gewicht zu erhalten, auch wenn der Weg des Unternehmens "in seiner Anfangsphase doch über Gebühr verstritten war".

Kontakte nach Asien

So spielten heute für sein Unternehmen Kontakte nach China und Indien eine große Rolle. Gegenwärtig liefen Arbeiten für alle indischen Kühlschrankproduzenten zur Umstellung ihrer Produkte auf Kohlenwasserstoffe. Geschäftliche Verbindungen zu einem Unternehmen in China seien in Vorbereitung. Während sich zur Zeit die Firmenprodukte speziell im Osten Deutschlands einer "hohen Marktakzeptanz" erfreuten, werde FORON jetzt versuchen, auch in den westlichen Bundesländern verstärkt Fuß zu fassen.

Ökologie, Ökonomie und Design

Die Erkenntnis, daß sich Ökologie und Ökonomie nicht ausschließen, habe sich jedenfalls in seinem Unternehmen verstärkt. Günther: "Die nächste Generation von Haushaltskältegeräten wird weitere deutliche Akzente in diese Richtung setzen." Für die Zukunft gehe es aber auch darum, Ökologie und Design miteinander zu verbinden, denn ein die Umwelt möglichst wenig belastendes Produkt solle nicht nur günstig herstellbar, "sondern auch vom Verbraucher als schön befunden werden".

"Mut machendes Ereignis"

Die mit dem Preisgeld ins Leben gerufene FORON-Stiftung "Besser leben" habe die Arbeit aufgenommen und veranstalte praxisbezogene Seminare für Studenten aller deutschen Universitäten, in denen die Fachrichtung Kältetechnik und Thermodynamik vertreten seien. Weitere Projekte folgten. Alles in allem sei die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 1993 für FORON ein "herausragendes Ereignis" gewesen. Und nicht nur für Foron. Günther: "Es war für die Menschen der von sehr starker Arbeitslosigkeit betroffenen Region tatsächlich ein Ereignis, das Mut macht."

"Zunehmende Ernsthaftigkeit für die Wertung und Behandlung ökologischer Probleme

Für Professor Dr. Wolfgang Haber hat die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 1993 "dazu beigetragen, meine trotz allem optimistische Grundeinstellung zu fördern". Denn es zeige sich in der Tat eine "zunehmende Ernsthaftigkeit für die Wertung und Behandlung ökologischer Probleme - auch wenn die Lösungswege oft noch verworren scheinen". Ein Problem liege allerdings darin, daß sich ein geschädigtes "Stück Umwelt" eben nicht so zielgerichtet und überzeugend wiederherstellen lasse wie ein wertvolles Bauwerk.

"Natur am längeren Hebel"

Grundsätzlich bleibe er bei seiner anläßlich der Preisverleihung als "bittere Erkenntnis der wissenschaftlichen Ökologie" bezeichneten Auffassung, daß es "keine Versöhnung mit der Natur mehr geben wird, sondern bestenfalls ein für beide Seiten erträgliches Miteinander", wobei "die Natur am längeren Hebel" sitze. Die in den letzten Monaten in mehreren Teilen der Erde aufgetretenen Naturkatastrophen bewiesen eindeutig, daß sich die Natur mit Technik nicht völlig beherrschen lasse. Hoffnung gebe es aber, daß Menschen lernfähig seien und aus solchen Erfahrungen Konsequenzen zögen, auch wenn das ein sehr langsamer Prozeß sei, der außerdem durch Dissenz zwischen Staaten erschwert werde. Haber: "Es gibt kleine Schritte eines positiven Wandels, die aber leider überlagert werden durch blutige Auseinandersetzungen zwischen Gruppen von Menschen. Das stimmt mich immer wieder pessimistisch: Wie sollen wir den 'Krieg gegen die Umwelt' einstellen, wenn es nicht einmal gelingt, den Krieg unter den Menschen zu beenden, bei dem ja immer auch die Umwelt zusätzlich schwer beschädigt oder zerstört wird!"

"Ökologie braucht einen langen Atem"

Die Komplexität des ökologischen Problems, auf die Lebensfragen der Menschheit - Schutz von Ressourcen, Bewahren der Vitalität der Erde, Erhalt des Regenerationsvermögens der Erde und Betreiben von Umweltvorsorge - griffige Antworten geben zu wollen, führe bei Menschen zwangsläufig zu einer immer selektiven Betrachtung. Dabei schleiche sich Ideologie sofort ein. Diese Ideologie werde schnell mit der ebenfalls undifferenzierten Angst verschwistert. Haber: "Wer aber Ideologie und Angst zugunsten eines unvorbelasteten ökologischen Denkens etwas stärker in den Hintergrund drängt, muß für die jeweils nächste Legislaturperiode auf Wählerstimmen verzichten." Die könne er aber wiedergewinnen. Professor Haber: "Ökologie braucht daher den langen Atem, viel Geduld und die Überwindung von Entmutigungen."