Weg zu einem guten Leben sichern, ohne Lebensgrundlagen des Planeten aufzubrauchen

Woche der Umwelt: Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten über Belastungsgrenzen der Erde

Berlin. Über das „dass“ schienen sich alle einig zu sein, nur das entscheidende „wie“ – der Weg zu einem guten und gesunden Leben, ohne die Lebensgrundlagen unseres Planeten aufzubrauchen, – lieferte Stoff für Diskussionen. Das kann als Fazit eines hochkarätig besetzten Hauptforums während der „Woche der Umwelt“ im Park des Schlosses Bellevue in Berlin gelten. Eingeladen von Bundespräsident Joachim Gauck und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterhielten sich hochkarätige Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft über planetare Belastungsgrenzen und den Handlungsrahmen, der sich für unsere Gesellschaft daraus ergibt. Vor dem Hintergrund, dass jährlich um die 12,6 Millionen Menschen an den Folgen von ungesunden Umweltbedingungen wie Luftverschmutzung sterben, gab Achim Steiner, Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), zu bedenken, dass wir solche Zahlen – und damit einen hohen Preis – in Kauf nehmen, den wir eigentlich gar nicht bezahlen müssten.

Maisanbau für schlimme Folgen von Starkregenfällen mitverantwortlich

Vier von neun Belastungsgrenzen der Erde sind durch den Einfluss des Menschen bereits überschritten: Klima, Lebensvielfalt, Landnutzung und biogeochemische Kreisläufe. Diese These legte der auf diesem Gebiet führende schwedische Forscher Prof. Johan Rockström dar, der im vergangenen Jahr den Deutschen Umweltpreis der DBU erhielt. Aus dem Überschreiten dieser Belastungsgrenzen folgten etwa ein weltweites Artensterben oder Unwetterereignisse wie El Nino. Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks spiegelte die Komplexität der politischen Diskussionen ganz praktisch wider: „Die Folgen der Starkregenfälle sind schlimmer in Gegenden, wo das Wasser schneller fließen kann.“ Ein Beispiel seien die vielen Maisfelder in Bayern für Biogasanlagen. Der weitere Ausbau des Biomassesektors sei darüber hinaus in Bezug auf Artenvielfalt nicht hilfreich.

Die Welt überholt Deutschland langsam bei der Energierevolution

Die Moderatoren des ersten Hauptforums, Volker Angres, Chef der ZDF-Umweltredaktion, und Harald Asel vom Inforadio des Radios Berlin-Brandenburg, lenkten die folgenden Gespräche auf Klimaschutz und Energiewirtschaft. Ökonom Prof. Dr. Christoph Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, forderte: „Wir brauchen eine globale Allianz für den Klimaschutz, mindestens eine europäische.“ Er sieht eine Umsetzung vor allem in der Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels. Wohingegen Hendricks schon jetzt einen weltweiten Emissionshandel in absehbarer Zeit für realisierbar hält, wenn der europäische mit dem chinesischen verbunden werde und damit die USA in Zugzwang kämen. Wohingegen Steiner einwendete: „Es gibt eine Weltklimapolitik. Die Welt überholt Deutschland langsam bei der Energierevolution.“ Neben anderen sei die Wirtschaftspolitik manchmal die größte Bremse. Dabei gebe es mehr Arbeitsplätze bei erneuerbaren Energien als in der gesamten Stahlindustrie weltweit.

Verantwortung und eigenes Interesse

Katrin Göring-Eckardt, Vorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, stellte die Dekarbonisierung, also den Ausstieg aus der Förderung fossiler Energieträger wie Kohle, Gas und Öl, und den damit verbundenen Ausbau der erneuerbaren Energien in den Vordergrund. „Die nächsten Flüchtlinge werden Klimaflüchtlinge sein.“ Somit hätten wir die Verantwortung und ein eigenes Interesse, dass Menschen weltweit in einer ausgeglichenen Natur leben könnten und zwar dort, wo sie es wollen. Rockström gab zu bedenken, dass die Dekarbonisierung bis 2050, wie es das Pariser Klimaschutzabkommen fordert, nicht reiche. Nachhaltigkeit solle zu einem prioritären Aspekt in der Politik gemacht werden. Er mutmaßte, womöglich erhalte zukünftig ein Umweltminister einen höheren Stellenwert als der Regierungschef.

Knapp 200 Aussteller bei Woche der Umwelt

Knapp 200 Aussteller zeigen heute und morgen bei der „Woche der Umwelt“ von Bundespräsident Joachim Gauck und DBU, wie lösungsorientierte Innovationen entwickelt und Modellvorhaben praxisnah umgesetzt werden. Gesprächsforen widmen sich den Belastungsgrenzen des Planeten - Themen sind Ressourcen- und Bodenschutz, Energiewende, Digitalisierung, Urbanisierung, Mobilität und demografischer Wandel. Zum ersten Mal öffnet die große Umwelt-Schau am zweiten Veranstaltungstag, Mittwoch, ab 13 Uhr ihre Tore für alle Interessierten zu einem „Publikumsnachmittag“.

Weitere Informationen über die „Woche der Umwelt“ unter https://www.woche-der-umwelt.de. Das detaillierte Programm steht unter https://www.woche-der-umwelt.de/programm zur Verfügung. Den Live-Stream können Sie hier verfolgen: https://www.woche-der-umwelt.de/livestream.

Diskutierten die Belastungsgrenzen des Planeten Erde (v.l.): Katrin Göring-Eckhardt, Harald Asel, Achim Steiner, Dr. Barbara Hendricks, Prof. Dr. Johan Rockström, Volker Angres und Prof. Dr. Christoph M. Schmidt.
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