Überschuss an einer Stelle behebt Mangel an anderer

Branntkalk verwandelt Hühnerkot in Dünger und Biogassubstrat – DBU gibt 250.000 Euro

Steinfurt. Als zentraler Baustein zum Pflanzenwachstum bildet Phosphor häufig die Basis für Dünger. Doch der Abbau des Rohstoffs in Ländern wie Marokko birgt viele Probleme. Das macht Gülle, Reste aus Biogasanlagen und andere phosphorhaltige Rückstände, die hierzulande anfallen, zu einer wichtigen Alternative. In Gebieten mit intensiver Tierhaltung fällt jedoch so viel davon an, dass beispielsweise das Grundwasser und Seen belastet werden. Gemeinsam mit der Firma Thiel (Löningen) hat die Fachhochschule Münster (FH, Steinfurt) eine Möglichkeit gefunden, mit der nährstoffreiche Rückstände zu einem transportfähigen und verkaufsfertigen Dünger umgewandelt werden können. „So behebt der Überschuss an der einen Stelle den Mangel an einer anderen. Damit leistet das Vorhaben einen wichtigen Beitrag, den Phosphorkreislauf nachhaltig zu schließen“, erläutert Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Sie unterstützt das Vorhaben fachlich und finanziell mit insgesamt 250.000 Euro.

Entwickelte Anlage verwandelt Gülle und Co. in transportfähigen Dünger

„Eine Möglichkeit, den Kreislauf zu schließen, sind technische Lösungen. Dazu muss es gelingen, überschüssige Nährstoffe in Düngemitteln zu binden und an Regionen mit entsprechendem Nährstoffbedarf abzugeben“, sagt Dr. Maximilian Hempel, Phosphor-Experte bei der DBU. Die von der FH Münster und der Firma Thiel entwickelte Anlage bietet diese Möglichkeit. Sie hygienisiert Rückstände wie Gärreste aus Biogasanlagen oder Hühnerkot und wandelt sie so in transportfähigen, phosphorhaltigen Dünger um. „Durch Zugabe von Branntkalk werden die schlammigen Rückstände in der Anlage entwässert und bei Bedarf gereinigt, sodass die Masse am Ende auch den Vorschriften entspricht und als Dünger oder Biogassubstrat genutzt werden kann“, fasst Prof. Dr. Christof Wetter von der FH Münster zusammen.

Dank neuem Verfahren Hühnerkot auch für die Biogasanlage geeignet

„Während des Prozesses in der neuen Anlage kann nun gleichzeitig das Ammonium – in Form von Ammoniak – gezielt entzogen und ebenfalls zu Dünger weiterverarbeitet werden“, so Alfred Thiel, Geschäftsführer der Firma Thiel. Das sei ein weiterer Vorteil des Verfahrens, denn bisher können Reststoffe mit hohem Ammoniumgehalt wie Hühnermist nur sehr begrenzt in Biogasanlagen verwertet werden, da der Stoff die Gärung stört. Die verbliebene Masse könne dadurch alternativ in größeren Mengen in Biogasanlagen vergärt werden. In dem anschließenden, ebenfalls DBU-geförderten Folgeprojekt prüfen die Projektpartner nun unter anderem, inwieweit der aufbereitete Hühnermist bisher genutzte Pflanzen wie Mais in der Biogasproduktion ersetzen kann. „Wir sehen noch erhebliches Entwicklungspotential in der Aufbereitungstechnik“, meint Thiel. Für kleinere Betriebe, die sich eine solche Maschine allein nicht leisten könnten, sei es denkbar, ihre Rückstände in zentralen Anlagen zu sammeln und so die enthaltenen Nährstoffe zu nutzen. Die Firma revis bioenergy aus Münster wurde mit dem Vertrieb der Anlagen beauftragt.

Hiesige Phosphor-Quellen wirtschaftlich nutzbar machen

Der natürliche Phosphor-Kreislauf wird durch den Menschen stark beeinflusst. So können in Regionen mit hoher Viehdichte durch das Ausbringen von Gülle, Stallmist und mineralischem Dünger landwirtschaftliche Böden überdüngt werden. In anderen Regionen sowie im Ökolandbau besteht die Gefahr, dass Böden langfristig an Phosphor verarmen. Auf der anderen Seite gelangt Phosphor – vorrangig über Kläranlagen – in Gewässer, was zu Algenwachstum führt. In der Folge einer Algenblüte können sich im Gewässer vermehrt Giftstoffe ansammeln und der Sauerstoff wird knapp. Weltweit beträgt der Eintrag von Phosphor aus Süßwassersystemen in die Ozeane 22 Millionen Tonnen pro Jahr. Wissenschaftler empfehlen im Konzept der Planetaren Leitplanken (Planetary Boundaries) das Einhalten eines globalen Grenzwertes von 11 Millionen, damit die Belastbarkeit der Erde in diesem Bereich nicht überschritten wird. „Werden hiesige Phosphorquellen wie zum Beispiel Hühnermist wirtschaftlich nutzbar gemacht“, so Hempel, „würde das zur Lösung des Problems beitragen.“

Erfahren Sie mehr über dieses sowie weitere innovative Verfahren zur Phosphorrückgewinnung und Kreislaufwirtschaft am DBU-Stand bei der diesjährigen IFAT Messe vom 14.-18.5. in München (Halle B4/Stand 239/338).

Zum Hintergrund:

Phosphor ist Teil unserer Lebensgrundlage und kann nicht durch andere Stoffe ersetzt werden. Er ist beispielsweise zentral für das Wachstum von Pflanzen, weshalb große Mengen davon als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Bisher wird Phosphor im Tagebau abgebaut. Doch das hat große Auswirkungen auf die Umwelt, findet häufig in Ländern mit schwieriger politischer Lage statt und benötigt viel Energie. Zudem ist er häufig mit Schadstoffen belastet. Über unsere Ernährung landet ein großer Teil des Phosphors schließlich im Klärschlamm. Dieser kann jedoch nicht mehr ohne weiteres in der Landwirtschaft wiederverwendet werden, da er häufig zu viele Schadstoffe enthält. Zwar gibt es alternative Rückgewinnungs-Verfahren. Sie benötigen bisher jedoch große Mengen Chemikalien und Energie.

So lange Phosphor nicht wiederverwendet wird, besteht die Gefahr, eine der von internationalen Experten definierten Belastungsgrenzen des Erdsystems zu überschreiten und die Chance zu verpassen, die 2015 beschlossenen globalen nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen langfristig zu erreichen. Sie sollen eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene sichern.

Ansprechpartner bei Fragen zum Projekt (AZ 33083/34413): Prof. Dr. Christof Wetter, Tel. 02551|962725

Eine Möglichkeit, den Phosphor-Kreislauf zu schließen, sind technische Lösungen. Die von der FH Münster und der Firma Thiel entwickelte Anlage bietet diese Möglichkeit. Sie hygienisiert Rückstände wie Gärreste aus Biogasanlagen oder Hühnerkot und wandelt sie so in transportfähigen, phosphorhaltigen Dünger um.
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