Rau: „Umweltschutz ist kein Modethema, sondern ein nach wie vor modernes Thema“

Interview mit dem Bundespräsidenten zur "Woche der Umwelt" am 3./4. Juni im Park des Schlosses Bellevue - Technik und Forschung im Blick
Berlin. "Umweltschutz ist kein Modethema, sondern ein nach wie vor modernes Thema. Umwelttechnik auf höchstem Niveau kann helfen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer zu erhalten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu sichern. Das möchte ich auch mit der 'Woche der Umwelt' zeigen." - Mit diesen Worten umreißt Bundespräsident Johannes Rau seine Motivation, erstmals mit einer eigenen Veranstaltung im Park des Schlosses Bellevue in Berlin für den innovativen Umweltschutz eine Lanze zu brechen. Organisiert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, werden 160 Aussteller 10.000 geladenen Gästen am 3./4. Juni deutsche Spitzen-Umwelttechnik und -forschung präsentieren und in über 40 hochkarätig besetzten Einzelveranstaltungen ihre Bedeutung für dieses Land diskutieren.

"Globale Umweltgefahren noch lange nicht gebannt"

In einem Interview mit der größten Umweltstiftung Europas betont Deutschlands Staatsoberhaupt die globale Bedeutung des Themas. Die Welt-Umweltkonferenz von Rio 1992 sei ein wichtiger Meilenstein im internationalen Umweltschutz gewesen. Im Herbst dieses Jahres finde in Johannesburg der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung statt. In den zehn Jahren sei manches erreicht worden. Rau: "Die globalen Umweltgefahren wie Klimaveränderungen, Bodenerosion und Versteppung, Mangel an trinkbarem Wasser, abnehmende Vielfalt von Fauna und Flora sind aber noch lange nicht gebannt. In der öffentlichen Diskussion hat die Arbeitslosigkeit inzwischen fast alle anderen Themen in den Hintergrund gedrängt. Umweltschutz ist aber keineswegs zweitrangig."

"Vorteile sollten wir nicht verspielen"

Deutschland sei in Sachen Umwelttechnik international in einer sehr guten Position. Viele Schlüsseltechnologien seien in Deutschland entwickelt, hergestellt, eingesetzt und von hier aus weltweit verkauft worden. Rau: "Da haben wir gegenüber anderen Staaten Vorteile. Die sollten wir nicht verspielen." In der Vergangenheit sei die Diskussion über Arbeit und Umwelt häufig sehr defensiv geführt worden. Es habe lange gebraucht bis zu der Erkenntnis, dass auf Dauer ökonomisch nur vernünftig sein könne, was ökologisch verantwortbar sei.

"Umweltschutz ein zunehmend wichtig werdender Standortfaktor"

Darum solle die Leistungsschau im Schlosspark Bellevue auch zeigen, dass Umweltschutz nicht in erster Linie ein Kostenfaktor sei, sondern ein wachsender, interessanter Markt und ein zunehmend wichtiger werdender Standortfaktor. Rau: "Unternehmen mit ausgewiesener Umweltkompetenz werden als Arbeitgeber immer beliebter und haben im Wettbewerb um begehrte Fachleute Vorteile. Die Menschen wollen in einer intakten Umgebung leben und arbeiten. Auch darum brauchen wir mehr Produkte und Produktionsmethoden, die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit verbinden."

"Besonders wichtiges Thema"

Eine solche Fachausstellung im Park des Schlosses Bellevue habe es noch nicht gegeben. "Das hat schon einen eigenen Reiz, und ich glaube auch nicht, dass sich das so schnell wiederholen lässt", so Johannes Rau. Den etwas außergewöhnlichen Ort halte er aber für angemessen, weil es hier um ein besonders wichtiges Thema gehe. Das Interesse bei Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sei von Anfang an sehr groß gewesen. Gemeinsam mit der DBU habe er jetzt rund 160 Aussteller zu fünf Themenbereichen gewinnen können. Rau: "Wir hätten gut und gern auch doppelt so viele interessante Projekte und Firmen präsentieren können. Wegen der begrenzten Parkfläche war das aber leider nicht möglich. Schließlich muss ja auch noch ein wenig Platz bleiben für die vielen Diskussionsforen und nicht zuletzt für die Besucher."

Interessante Impulse erwartet

Den Termin habe er natürlich mit Blick auf die Johannesburg-Konferenz im Herbst gewählt. Rau: "Es wäre gut, wenn wir in den kommenden Monaten wieder eine ähnlich hohe Sensibilität für Umweltfragen erreichen könnten, wie es sie vor und unmittelbar nach der Rio-Konferenz gab." Von den hochkarätig besetzten Diskussionsforen erwarte er sich interessante Impulse für die Richtung, die einzuschlagen sei beim Gewässerschutz, bei der integrierten Umwelttechnik, im Energiebereich, bei der Mobilität, bei den Stoffkreisläufen und natürlich in der internationalen Umweltpolitik. Das werde eine "spannende Veranstaltung" werden. Rau: "Bei der derzeitigen Wirtschaftslage ist das schwierig, aber wenn ich das schon jetzt große Medieninteresse sehe, dann bin ich doch recht zuversichtlich."

Veranstaltung nicht Messe im klassischen Sinn

Zielgruppe für die Veranstaltung sind Multiplikatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft - insbesondere aus kleinen und mittleren Unternehmen -, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie Schüler und Hochschüler. Die Veranstaltung will nicht Messe im klassischen Sinn sein, bei der die einzelnen Firmen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Sie will eine Präsentationsplattform für die gemeinsame Überzeugung bieten, dass Umweltschutz viele positive, insbesondere auch wirtschaftliche Möglichkeiten schafft.



Das Interview im Wortlaut:



Sehr geehrter Herr Bundespräsident, Anfang Juni findet in Berlin erstmals die "Woche der Umwelt" statt. Was hat Sie bewogen, diese Veranstaltung ins Leben zu rufen?

Die Welt-Umweltkonferenz von Rio 1992 war ein wichtiger Meilenstein im internationalen Umweltschutz. Im Herbst dieses Jahres findet in Johannesburg der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung statt. In den zehn Jahren, die dazwischen liegen, haben wir manches erreicht. Die globalen Umweltgefahren, wie Klimaveränderungen, Bodenerosion und Versteppung, Mangel an trinkbarem Wasser, abnehmende Vielfalt von Fauna und Flora sind aber noch lange nicht gebannt. In der öffentlichen Diskussion hat die Arbeitslosigkeit inzwischen fast alle anderen Themen in den Hintergrund gedrängt. Umweltschutz ist aber keineswegs zweitrangig. Umweltschutz ist kein Modethema, sondern ein nach wie vor modernes Thema. Umwelttechnik auf höchstem Niveau kann helfen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen auf Dauer zu erhalten und sie kann helfen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende zu sichern. Das möchte ich auch mit der "Woche der Umwelt" zeigen.

Gab es einen besonderen Grund für die Wahl des Termins einerseits, des exklusiven Schauplatzes andererseits?

Den Termin habe ich natürlich mit Blick auf die Johannesburg-Konferenz im Herbst gewählt. Es wäre gut, wenn wir in den kommenden Monaten wieder eine ähnlich hohe Sensibilität für Umweltfragen erreichen könnten, wie es sie vor und unmittelbar nach der Rio-Konferenz gab. Bei der derzeitigen Wirtschaftslage ist das schwierig, aber wenn ich das schon jetzt große Medieninteresse sehe, dann bin ich doch recht zuversichtlich.

Eine solche Fachausstellung im Park des Schlosses Bellevue hat es noch nicht gegeben. Das hat schon einen eigenen Reiz, und ich glaube auch nicht, dass sich das so schnell wiederholen lässt. Ich halte den etwas außergewöhnlichen Ort für angemessen, weil es hier um ein besonders wichtiges Thema geht. Das Interesse bei Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen war von Anfang an sehr groß. Gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt habe ich jetzt rund 160 Aussteller zu fünf Themenbereichen gewinnen können. Wir hätten gut und gern auch doppelt so viele interessante Projekte und Firmen präsentieren können. Wegen der begrenzten Parkfläche war das aber leider nicht möglich. Schließlich muss ja auch noch ein wenig Platz bleiben für die vielen Diskussionsforen und nicht zuletzt für die Besucher.

Wie kam es zu der engen Zusammenarbeit zwischen Bundespräsidialamt und DBU bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltung?

Ich habe im Bundespräsidialamt gute und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber es sind nicht sehr viele. Sie könnten die Vorbereitung und den organisatorischen Aufwand einer solchen Veranstaltung neben der täglichen Arbeit einfach nicht bewältigen. Da fiel mir natürlich gleich die Deutsche Bundesstiftung Umwelt ein, die sich einen vorzüglich Ruf erworben hat. Ich bin sehr dankbar dafür, dass das Kuratorium der Bundesstiftung meine Idee sehr schnell unterstützt und so die "Umweltwoche" möglich gemacht hat.

Welche Erwartungen knüpfen Sie an die ?Woche der Umwelt??

Deutschland ist in Sachen Umwelttechnik international in einer sehr guten Position. Viele Schlüsseltechnologien wurden in Deutschland entwickelt, werden in Deutschland hergestellt, eingesetzt und weltweit verkauft. Da haben wir gegenüber anderen Staaten Vorteile. Die sollten wir nicht verspielen.

In der Vergangenheit ist die Diskussion über Arbeit und Umwelt häufig sehr defensiv geführt worden. Es hat lange gebraucht bis zu der Erkenntnis, dass auf Dauer ökonomisch nur vernünftig sein kann, was ökologisch verantwortbar ist. Darum soll die Leistungsschau im Schlosspark Bellevue auch zeigen, dass Umweltschutz nicht in erster Linie ein Kostenfaktor ist, sondern ein wachsender, interessanter Markt und ein zunehmend wichtiger werdender Standortfaktor. Unternehmen mit ausgewiesener Umweltkompetenz werden als Arbeitgeber immer beliebter und haben im Wettbewerb um begehrte Fachleute Vorteile. Die Menschen wollen in einer intakten Umgebung leben und arbeiten. Auch darum brauchen wir mehr Produkte und Produktionsmethoden, die ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit verbinden.

Da erwarte ich mir auch von den hochkarätig besetzten Diskussionsforen interessante Impulse für die Richtung, die wir einschlagen müssen beim Gewässerschutz, bei der integrierten Umwelttechnik, im Energiebereich, bei der Mobilität, bei den Stoffkreisläufen und natürlich in der internationalen Umweltpolitik. Das wird eine spannende Veranstaltung werden.
Bei der Verleihung des Deutschen Umweltpreises der DBU setzte sich Bundespräsident Johannes Rau in den vergangenen Jahren stets für einen engagierten Umweltschutz ein.
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