Neue Wege zur Wildnis in den Wäldern des DBU Naturerbes

DBU-Tochter stellt Wald- und Wildtiermanagement für 46.000 Hektar Nationales Naturerbe vor

Löwenberg. „Der Natur ihren Lauf lassen“ lautet das Motto für die Waldflächen der DBU Naturerbe GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit Sitz in Osnabrück. Prof. Werner Wahmhoff, fachlicher Leiter der DBU Naturerbe GmbH, erläuterte heute die Grundsätze des neuen Wald- und Wildtiermanagements auf den eigenen Naturschutzflächen. Ziel sei es, die Waldgebiete auf den 33 Flächen des Nationalen Naturerbes langfristig zu neuer „Wildnis“ zu entwickeln. Naturnahe Laubmischwälder könnten sich ohne Einfluss des Menschen entwickeln. Naturferne Bestände, wie junge Kiefernforste, würden dagegen zunächst durch Waldumbau schrittweise in strukturreiche Mischwälder überführt. Dazu müsse die Wilddichte so reguliert werden, dass eine natürliche Verjüngung der heimischen Laubbäume möglich sei.

Stellten in der Rüthnicker Heide das neue Waldkonzept des DBU Naturerbes vor (v.l.): Forstoberätin Ute Steinke von Bundesforst und Dr. Christoph Abs, Dr. Otto Denstorf und Prof. Dr. Werner Wahmhoff von der DBU Naturerbe GmbH.
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„In den weiträumigen Waldbeständen des DBU Naturerbes werden mittel- und langfristig große Gebiete von insgesamt 36.000 Hektar mit ungestörter Naturentwicklung entstehen“, informierte Wahmhoff. Damit leiste die gemeinnützige DBU Naturerbe GmbH einen bedeutenden Beitrag zur deutschen Strategie zum Schutz der biologischen Vielfalt, die bis zum Jahr 2020 eine freie Naturentwicklung auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche anstrebe.

Die dabei langfristig entstehende „Wildnis“ biete einen ungestörten Lebensraum für viele schützenswerte Tier- und Pflanzenarten, die im verkürzten Lebenslauf des Wirtschafts-waldes nur schwer ihre Nischen fänden. So würden viele seltene Insekten, Pilze, Moose und Flechten das in natürlichen Wäldern vorkommende tote Holz bewohnen und weiteren Arten als Lebensgrundlage dienen, beispielsweise Spechten und Fledermäusen. Darüber hinaus könne Wildnis auch dem wachsenden Bedürfnis des Menschen nach „unberührter Natur“ in seiner Heimat gerecht werden.

Die naturnahen Laubmischwälder sowie die alten, über 100-jährigen Kiefernbestände auf insgesamt 8.000 Hektar des DBU Naturerbes würden bereits einer vom Menschen ungestörten, natürlichen Entwicklung überlassen. „Die derzeit noch auf rund 30.000 Hektar vorherrschenden Nadelholzbestände müssen dagegen zunächst schrittweise in naturnahe Mischwälder überführt werden,“ betonte Otto Denstorf, zuständig für das Wald- und Jagdmanagement der DBU Naturerbe GmbH. Dieser oft jahrzehntelange Prozess solle durch die gezielte Entnahme von Nadelbäumen und durch die Förderung einer natürlichen Verjüngung der ursprünglich am Standort heimischen Laubbäume bewirkt werden. Neben der Förderung standortheimischer Baumarten sei auch eine höhere Strukturvielfalt durch verschiedene Alterklassen und Schichten von Bäumen angestrebt. Beides ermögliche eine höhere Artenvielfalt. Wenn eine hohe Naturnähe der Mischwälder erreicht sei, würden auch sie ihrer natürlichen Entwicklung überlassen.

„Um die natürliche Verjüngung heimischer Laubbaumarten ohne Waldschutzmaßnahmen, wie Einzäunung, zu ermöglichen, muss die Wilddichte entsprechend reguliert werden“, erläuterte Denstorf. Gejagt werde auf den DBU Naturerbeflächen ausschließlich zum Erreichen der natürlichen Waldentwicklung bis hin zu neuer „Wildnis“. Übermäßiger Fraßdruck seitens der ansässigen Schalenwildtiere, wie Hirsche, Rehe und Wildschweine, auf die jungen Baumtriebe solle verhindert werden. Auch gelte es, die überwiegend von Schwarzwild verursachten Schäden auf angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden. „Für jede Naturerbefläche wird ein spezifisches, den örtlichen Bedingungen angepasstes Jagdkonzept entwickelt,“ sagte Denstorf.

Das neue Jagdkonzept der DBU Naturerbe sehe vor, Störeffekte zu minimieren und den Tierschutz optimal zu berücksichtigen. So werde künftig nur außerhalb der Paarungs-, Brut- und Rastzeiten vom 1. Februar bis zum 31. August, dafür aber zeitweilig intensiver gejagt. Mittelfristig solle auf diese Weise das Wild weniger scheu und wieder tagaktiv werden, um Beobachtungen durch Naturliebhaber zu begünstigen. Um sich den natürlichen Regulationsmechanismen von Wildpopulationen anzunähern, erfolge die Jagd generell unabhängig vom Geschlecht der Wildtiere. Bleifreie Munition sei unter Beachtung der Unfallverhütung stets vorzuziehen.

Auf einer Exkursion zu der waldreichen DBU Naturerbefläche Rüthnicker Heide (rund 4.000 Hektar) konnten sich die Teilnehmer die neuen Wald- und Wildmanagementkonzepte vor Ort erläutern lassen. Die Waldflächen des DBU Naturerbes verteilen sich von der Insel Rügen im Norden (Prora) bis vor die Tore Münchens im Süden (Landshut) sowie von der polnischen Grenze im Osten (Zschornoer Wald) bis zum Köln-Bonner Flughafen im Westen (Wahner Heide; siehe Übersichtskarte). Das DBU Naturerbe beinhaltet demnach sämtliche mitteleuropäische Wuchs- und Klimabereiche bis auf die alpinen Gebiete und verfüge somit über eine äußerst vielfältige Naturausstattung und ein beachtliches Entwicklungspotenzial. Viele, noch ungeklärte Fragen der natürlichen Waldentwicklung könnten hier bundesweit erforscht werden.

Bei der DBU-Naturerbefläche Hohe Schrecke handelt es sich um ein sehr naturnahes Buchenwaldgebiet. Das DBU-Naturerbe gewährleistet, dass im Gesamtgebiet auf jegliche Eingriffe verzichtet wird.
© Norbert Rosing

Die 33 vormals überwiegend militärisch genutzten Flächen des Nationalen Naturerbes werden der DBU Naturerbe zu langfristigen Sicherung nach und nach von der Bundesre-gierung übergeben. Seit April 2009 ist die DBU Naturerbe bereits für alle Naturschutz-maßnahmen auf den Flächen verantwortlich. Ausgeführt werden diese Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den ortskundigen Mitarbeitern des Bundesforsts. Ziel der DBU Naturerbe sei es, so Wahmhoff, auf ihren Flächen die Strukturvielfalt und den Reichtum an heimischen Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Neben der Entwicklung von neuer „Wildnis“ in den Waldbeständen stehe der Erhalt wertvoller Offenlandlebensräume für bedrohte Arten wie der Heidelerche durch geeignete Pflegemaßnahmen im Vordergrund. Auch Feuchtbiotope würden für zahlreiche gefährdete Arten bewahrt und optimiert.

Ansprechpartner für Fragen zum Wald- und Wildtiermanagement:

Dr. Otto Denstorf

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