„Lehrmeister Natur“ seine Geheimnisse entlocken und fĂŒr die Umwelt nutzbar machen

Deutsche Bundesstiftung Umwelt legt in ihrem Stipendienprogramm neuen thematischen Schwerpunkt auf die junge Wissenschaft Bionik
OsnabrĂŒck. Seit einigen Jahren treibt eine im Prinzip uralte Erkenntnis zunehmend neue BlĂŒten: Die Natur hat fĂŒr viele komplexe Probleme Lösungen parat, die auch fĂŒr Ingenieure von Bedeutung sein können. Ob PflanzenblĂ€tter, die praktisch nie verschmutzen, weil selbst feinster Regen sie konstant sauber hĂ€lt. Ob BĂ€ume, die stĂ€rksten StĂŒrmen trotzen, obwohl tonnenschwere Lasten auf sie wirken, - viele Geheimnisse hat der Mensch "Lehrmeister Natur" entlockt, um sie fĂŒr sich und seine Umwelt nutzen zu können. Dieser als "Bionik" bezeichneten Wissenschaft will die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), OsnabrĂŒck, noch weiteren Schub geben: Im Rahmen ihres Stipendienprogramms schuf sie jetzt einen neuen Schwerpunkt "Bionik: Pflanzliche Konstruktionen und MaterialverbĂŒnde als Ideengeber fĂŒr die Technik".

Anwendungsbezogene biologische Grundlagenforschung

Bei den im neuen Schwerpunkt zu bearbeitenden Themen geht es um anwendungsbezogene biologische Grundlagenforschung, die Chancen hat, in technische Produkte umgesetzt zu werden. "Mit dem neuen Schwerpunkt im Stipendienprogramm setzt die DBU die Tradition der zurzeit laufenden Schwerpunkte ‚Die sĂŒdliche Ostsee und ihre KĂŒsten im Wandel‘ sowie ‚Entwicklung von Indikatoren fĂŒr eine nachhaltige Landnutzung‘ fort," erlĂ€utert DBU-GeneralsekretĂ€r Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde. Mit dem neuen Schwerpunkt soll jungen, hochqualifizierten Wissenschaftlern die Gelegenheit gegeben werden, sich in einem interdisziplinĂ€ren Team mit der Übertragung biomechanischer Prinzipien in die Technik zu befassen.

RegelmĂ€ĂŸige Treffen zur gegenseitigen Information

Koordiniert wird das Gesamtprogramms durch Prof. Dr. Christoph Neinhuis, Institut fĂŒr Botanik der Technischen UniversitĂ€t Dresden, und Prof. Dr. Thomas Speck, Institut fĂŒr Biologie II und Botanischer Garten der UniversitĂ€t Freiburg. Die wissenschaftliche Betreuung erfolgt ergĂ€nzend durch weitere Institute, die zusammen ein interdisziplinĂ€r arbeitendes Netz bilden. RegelmĂ€ĂŸige Treffen zur gegenseitigen Information und zur Diskussion der einzelnen Arbeiten sind geplant. Es ist beabsichtigt, allen Stipendiaten die Möglichkeit eines Aufenthaltes im europĂ€ischen Ausland zu verschaffen.

UmweltpreistrĂ€ger als große Vorbilder

Dass die DBU der Bionik ein hohes Umweltentlastungspotenzial zuschreibt, hat indes Tradition: 1999 zeichnete sie mit ihrem mit 500.000 Euro höchstdotierten Umweltpreis Europas, dem Deutschen Umweltpreis, den Bonner Bionik-Professor Dr. Wilhelm Barthlott aus. Er hatte nachweisen können, dass sich PflanzenblĂ€tter wie die der Lotus-Blume selbst reinigen. Ein Effekt, der auf Industrieprodukte wie Farben oder Dachziegel ĂŒbertragen werden konnte. Im Vorjahr erhielt Prof. Dr. Claus Mattheck den Preis. Der Physiker aus Karlsruhe hatte die mechanische Belastbarkeit von BĂ€umen am Beispiel ihrer Bruch- und Standfestigkeit entschlĂŒsselt und daraus Entwicklungen und Computerprogramme geformt, die heute im Automobilbau, aber auch in Waschmaschinen, HĂŒftprothesen und Zahnimplantaten Anwendung finden.

Siehe auch zum Thema:
[+] GrenzĂŒberschreitend und interdisziplinĂ€r fĂŒr den Umweltschutz in Europa
[+] Investition in Köpfe: Russische Stipendiaten zu Gast in der DBU
[+] Mit Estland nun alle baltischen Staaten am DBU-Stipendienprogramm beteiligt
Der Natur abgeschaut: Prof. Dr. Wilhelm Barthlott entdeckte den Selbstreinigungseffekt des Lotusblattes und setzte ihn in technische Produkte um. Diese als Bionik bezeichnete Wissenschaft soll jetzt auch im DBU-Stipendienprogramm eine große Rolle spielen.
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