Lebensraum dank Landwirtschaft

Extensive Pflege erhält wertvolle Pfeifengraswiese im DBU Naturerbe Zschornoer Wald
Pfeifengraswiesen haben sehr spezifische Anforderungen an ihre Umgebung. Jegliche Störungen dieses Gleichgewichts wie durch Trockenlegung der Wiesen oder Einstellung der Mahd würde den Verlust des Lebensraums mit seinen seltenen Pflanzen- und Tierarten zur Folge haben. © Werner Wahmhoff

Döbern. Pfeifengraswiesen sind ein besonderer Lebensraum: artenreich aber selten in Deutschland. Sie verschwinden zunehmend aus unserer Kulturlandschaft, da sie äußerst sensibel auf Düngemittel und auf frühe oder häufige Mahd reagieren. Doch ganz ohne menschliche Eingriffe würden die Feuchtwiesen verschwinden. „Eine Nutzungsaufgabe dient in diesem Fall nicht dem Lebensraum. Die Existenz der ökologisch sehr wertvollen Pfeifengraswiesen hängt von einer extensiven Pflege ab. Also einer Nutzung ohne Düngung und wenigen Mahdterminen im Jahr“, verdeutlicht Dr. Sabrina Jerrentrup, Offenlandmanagerin im DBU Naturerbe, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Auf der rund sechs Hektar großen Feuchtwiese im Südwesten der DBU-Naturerbefläche Zschornoer Wald nahe Cottbus erhält das DBU Naturerbe eine solche Pfeifengraswiese. Da eine Mahd hier nur mit bodenschonender Technik möglich ist, übernimmt die Arbeit ein Spezialgerät mit Raupenfahrwerk.

Wiesenpflege mit der Raupe

Auf der sogenannten Bruchwiese im DBU Naturerbe Zschornoer Wald steht das Wasser teils knöchelhoch. Doch ein schwankender Grundwasserstand mit phasenhaften Überstauungen machen dem Grünland nichts aus. Im Gegenteil: Nasse und nährstoffarme Böden sichern die Existenz des Pfeifengrases. „Mit normalem Traktor kommt man nicht durch das feuchte Gelände. Durch das Spezialgerät mit Raupenfahrwerk wird die Wiese gemäht und der Boden gleichzeitig weitestgehend geschont“, erklärt Gert Noack als zuständiger Revierleiter vom Bundesforstbetrieb Lausitz, der die Maßnahme begleitet. Dabei mäht das Gerät das bultige Gras ab und fängt das Mahdgut mit speziellen Auffangkörben auf, um zusätzliche Nährstoffeinträge zu vermeiden. Jährlich ab September wird die Bruchwiese so gemäht und damit auch gepflegt. Außerdem werden Altgrasstreifen insbesondere an Gräben ausgespart, um Überwinterungsplätze und Entfaltungsräume für die Tierwelt zu schaffen. „Beispielsweise der Warzenbeißer, eine in Deutschland gefährdete Heuschreckenart, findet hier geeignete Lebensräume“, ergänzt Noack.

Pfeifengraswiesen: Durch Landwirtschaft entstanden und verschwunden

Die Mahd der rund sechs Hektar großen Pfeifengraswiese im Südwesten der DBU-Naturerbefläche Zschornoer Wald ist nur mit bodenschonender Technik möglich: Die Wiesenpflege übernimmt ein Spezialgerät mit Raupenfahrwerk. © Gert Noack/Bundesforst

Namensgebend ist auf der Bruchwiese der DBU-Naturerbefläche Zschornoer Wald zunächst das Pfeifengras. Doch daneben wächst auch die Kuckucks-Lichtnelke, das Sumpf-Veilchen und die Blutwurz. Gemeinsam stehen sie für ein Stück Landschaftsgeschichte, das durch landwirtschaftliche Nutzung entstanden und auch vielerorts wieder verschwunden ist. Die nährstoffarmen Pfeifengraswiesen bieten zwar schlechtes Futtergras, wurden aber als Einstreu für die Viehställe verwendet. Deshalb wurden Mitte des 19. Jahrhunderts die Pfeifengraswiesen spät im Jahr gemäht, um im Winter die Ställe damit auszulegen. Bei dieser Bewirtschaftungsform verblieben viele Blütenpflanzen bis zur Blüte und Samenreife auf den Wiesen, boten Insekten wertvollen Lebensraum und Vögeln ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Mit Spezialisierung der Landwirtschaft und Entwicklung der Stallhaltung mit Spaltenböden wurden die Pfeifengraswiesen jedoch zunehmend unbrauchbar und damit wirtschaftlich uninteressant. Betriebe gaben die Nutzung auf oder begannen die Flächen zu entwässern und zu düngen, um sie ertragreicher zu machen. „Pfeifengraswiesen haben sehr spezifische Anforderungen an ihre Umgebung. Jegliche Störungen dieses Gleichgewichts wie durch Trockenlegung der Wiesen oder Einstellung der Mahd würde den Verlust des Lebensraums mit seinen seltenen Pflanzen- und Tierarten zur Folge haben“, weiß Jerrentrup und ergänzt: „Am besten tut es der Bruchwiese, wenn wir die frühere landwirtschaftliche Bewirtschaftung nachstellen und sie jedes Jahr einmal spät mähen.“

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