Kleinstadt Tanna baut auf den Holzweg: Biomasse vor der Tür ersetzt Braunkohle

2.000-Seelen-Gemeinde in Thüringen erprobt neue Brennwerttechnik - Eine Million Mark von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück)
Tanna. Die Kleinstadt Tanna im Dreiländereck Thüringen, Sachsen und Bayern will ihren 2.000 Seelen bald bessere Luft zum Atmen geben: Statt der bisher mit Braunkohle befeuerten Einzelöfen und Wärmezentralen soll ein mit einer neuartigen Brennwerttechnik ausgestattetes Heizkraftwerk lokal reichlich vorhandenes Holz nutzen und weniger Kohlendioxyd produzieren. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) fördert dieses Projekt in Thüringen mit einem Finanzvolumen von einer Million Mark. Damit seien - so ihr Generalsekretär Fritz Brickwedde - "gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die bisherigen Umweltbelastungen in Tanna durch die Braunkohleverbrennung werden reduziert, die großen, zur Wärmeerzeugung nutzbaren Holzreserven in Tanna und Umgebung werden sinnvoll genutzt."

Wärme aus Holzabfällen

Angesichts der Holzmassen vor der eigenen Tür habe sich die Stadt entschlossen, ein Fernwärmeversorgungssystem auf der Basis der energetischen Nutzung von Restholz aufzubauen. Im Klartext: Bei Durchforstungen anfallendes Holz und Sägewerks(holz)abfälle sollen für die Wärmeversorgung der Gemeinde die umweltbelastende Braunkohle ersetzen. Und das auf der Basis einer neuen Technik. In einem ersten Bauabschnitt sei bereits mit der Verlegung des sieben Kilometer langen Wärmeverteilnetzes begonnen worden, dessen Fertigstellung kurz bevorstehe. Nun, im zweiten von der Stiftung geförderten Abschnitt, gehe es um den Bau des Holzhackschnitzelheizwerkes mit allen maschinellen Anlagen.

Vorbild Dänemark

Nach dänischem Vorbild solle eine Holzschnitzelfeuerung mit neuartigem Brennwertsystem eingesetzt werden für Holzhackschnitzel mit 40 bis 50 Prozent Feuchtigkeit. Bei einer Heizleistung von 3,15 Megawatt (3.150.000 Watt) solle ein Wirkungsgrad von 88 Prozent erreicht werden. Reserve- und Spitzenlasten sollten über zwei Ölkessel abgedeckt werden. Mit der vorgesehenen Rauchgaskondensierungsanlage werde der Wirkungsgrad auf 107 Prozent ausgeweitet. 95 Prozent des Wärmebedarfs sollten auf der Basis von Holzhackschnitzeln, fünf Prozent auf Ölbasis erzeugt werden. 260 bis 270 Wohneinheiten würden an die Fernwärmeversorgung angeschlossen. Dafür lägen Zusagen vor.

Preise für Wärme senken

Das Heizwerk werde mit einem Hackschnitzellager für etwa einen Wochenvorrat ausgerüstet, der jährliche Hackschnitzelbedarf von 4.800 Tonnen werde sowohl aus der Durchforstung als auch über Sägewerksrestholz gedeckt und solle durch langfristige Lieferverträge gesichert werden. Gegenüber herkömmlichen Ölheizungsanlagen solle bei der Fernwärmeversorgung für die Verbraucher ein niedrigerer Wärmepreis (139,68 statt 155,85 Mark pro Megawattstunde) verwirklicht werden. Für Einfamilienhäuser werde zunächst ein Anschlußbeitrag von 2.500 Mark erhoben, bei der Wärmelieferung werde ein Grundpreis von 700 Mark und ein Arbeitspreis von acht Pfennigen je Kilowattstunde angesetzt.

"Luftschadstoffe werden verringert"

"Das Fernwärmeversorgungskonzept mit einer zentralen Feuerungsanlage kann die Luftschadstoffbelastung in Tanna erheblich mindern. Die praktische Erprobung eines Brennwertsystems im Bereich der Holzhackschnitzelfeuerung ist bisher einmalig für Deutschland", freut sich Brickwedde über dieses Projekt. Mit ihrer Entscheidung zum Aufbau einer Fernwärmeversorgung wolle Tanna beispielgebend für andere Kommunen sein. Brickwedde: "Das große finanzielle Engagement der Stadt in der Durchführung des Projektes spiegelt die große Risikobereitschaft, aber auch die breite Akzeptanz für das Vorhaben vor Ort wider. Für uns ein Grund, hier unterstützend aktiv zu werden."