„Klarer Kompass für die Energiewende“

DBU-Jahrespressekonferenz – Beispielhafte Praxislösungen

Osnabrück. Angesichts teils heftiger energiepolitischer Debatten fordert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einen „klaren Kompass für die Energiewende“, so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Grüner Strom wird Öl, Kohle und Gas von morgen sein – vom Heizen bis zur Mobilität. Wir müssen neue Wege wagen mit praxisorientierten Innovationen, neuen Technologien und visionären Ideen. Sektorenkopplung ist der Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft“, so Bonde heute (Dienstag) auf der digitalen DBU-Jahrespressekonferenz (JPK), abzurufen unter https://www.dbu.de/youtubejahrespk2023/.

DBU-Förderstrategie entlang der Sektorenkopplung

Die intensive Verknüpfung der Sektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie ist nach Bondes Worten „unverzichtbar, damit die Energiewende gelingt“. Der DBU-Generalsekretär erinnerte daran, dass Deutschland bis 2045 und die Europäische Union (EU) bis 2050 klimaneutral sein wollen, also nicht mehr klimaschädliche Treibhausgase ausstoßen wollen als gebunden werden kann. „Uns bleiben nur noch wenige Jahrzehnte, um es richtig anzupacken“, so Bonde. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt orientiere deshalb ihre Förderstrategie „entlang der Sektorenkopplung“. Im Blick sind dabei Bonde zufolge unter anderem die Erzeugung nachhaltiger Energie und die Leistung von Verteilnetzen ebenso wie „technologisches Neuland“ bei Strom, E-Mobilität und im Wärmebereich etwa mit der Entwicklung von Speichern. Zugleich führe Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine neben unsäglichem menschlichem Leid zu großer Unsicherheit bei Energieversorgung und -sicherheit. „Die Doppel-Aufgabe besteht darin, Klimaschutzziele zu erreichen und gleichzeitig die Energieversorgung sicherzustellen“, sagte Bonde.

„Da müssen wir uns mächtig ins Zeug legen“

Klarer Kompass für die Energiewende: Auf der digitalen Jahrespressekonferenz der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) forderten (von oben) DBU-Generalsekretär Alexander Bonde, Dr. Katrin Anneser aus dem DBU-Referat Energie sowie der Leiter der DBU-Abteilung Umwelttechnik, Felix Gruber, neben dem raschen Ausbau erneuerbarer Energien die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie voranzubringen. Die DBU richtet ihre Förderstrategie entlang dieser Sektorenkopplung aus. © Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Der DBU-Generalsekretär mahnte einen raschen Ausbau erneuerbarer Energien (EE) an, wies zugleich aber darauf hin, „dass es mit einem Turbo-EE allein nicht getan ist. Energiesparen, Energieeffizienz, und am besten beides in Kombination mit Circular Economy, also einer umfassenden Kreislaufwirtschaft, sind ideale flankierende Maßnahmen.“ Im vergangenen Jahr betrug der gesamte Endenergieverbrauch in Deutschland laut Umweltbundesamt rund 2.290 Milliarden Kilowattstunden (kWh), also 2.290 Terawattstunden (TWh). Daran hatten erneuerbare Energien einen Anteil von rund 21,8 Prozent, was 500 TWh entspricht. Die beste EE-Bilanz weist der Stromsektor mit einem EE-Anteil von 46,2 Prozent auf; starken Nachholbedarf haben Verkehr mit einem EE-Anteil von 6,8 Prozent sowie Wärme mit 17,4 Prozent EE-Anteil. „Die erneuerbaren Energien brauchen mehr Tempo. Da müssen wir uns mächtig ins Zeug legen“, sagt Felix Gruber, Leiter der DBU-Abteilung Umwelttechnik. Er präsentierte auf der JPK mit Dr. Katrin Anneser aus dem DBU-Referat Energie einige wegweisende von der DBU geförderte Energiewende-Projekte. Gruber: „Allein die Stromerzeugung in Deutschland aus EE-Quellen soll bis 2030 einen Anteil von 80 Prozent haben.“

Weiterentwicklung von Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen

Gruber zufolge müssen regenerative Primärenergien wie Wind, Wasser und Sonne effizienter als bisher genutzt werden. Beim Entwickeln neuer Technologien unterstütze die DBU auch Forschungseinrichtungen wie das Helmholtz-Zentrum in Berlin. Ergebnis: die Weiterentwicklung sogenannter Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen. Die Solarzellen bestehen dabei aus zwei Materialsystemen, Silizium und Perowskit. Denn der Wirkungsgrad der noch marktbeherrschenden Silizium-Solarzellen ist am physikalischen Limit. Durch das Tandem-Bauteil lassen sich indes verschiedene spektrale Anteile des Sonnenlichts in Energie umwandeln. Resultat: Mittlerweile übertreffen Perowskit-Silizium-Tandemsolarzellen mit mehr als 29 Prozent die Wirkungsgrade von herkömmlichen Silizium-Solarzellen. Im Labormaßstab wurde gar ein Effizienzweltrekord von knapp 30 Prozent aufgestellt.

Mehrfache Flächennutzung und effizientere Energieausbeute

Ein anderes Beispiel für doppelte Flächennutzung sind hybride PVT-Wärmepumpensysteme – eine Kombination von solarer Strom- und Wärmeerzeugung mit moderner Wärmepumpentechnik. Herausgekommen ist in einem DBU-Förderprojekt ein hocheffizienter PVT-Sole-Luftkollektor namens Solink, der von oben einem üblichen PV-Modul ähnelt, jedoch auf der Unterseite mit einem Wärmeüberträger ausgerüstet ist. Vorteile: Selbst ohne Sonneneinstrahlung kann sowohl die Abwärme des PV-Moduls genutzt als auch der Umgebungsluft Wärme entzogen werden. Die PVT-Kollektoren sparen zudem Fläche und versorgen dennoch Gebäude mit Strom und Wärme gleichzeitig. Die mehrfache Nutzung von Flächen in Verbindung mit einem dezentralen Versorgungskonzept ist auch Kern eines anderen Sonnen-Projekts der DBU. Anneser: „Wegen des Flächendrucks sollte beim EE-Ausbau die bestehende Verkehrsinfrastruktur genutzt werden. Photovoltaik in Bahngleisen ist zum Beispiel eine ausgezeichnete Option.“ Fahrwegsflächen seien etwa ohne großen zusätzlichen baulichen Aufwand zu verwenden, um dann dezentral Energie direkt ins Bahnstromnetz und anliegende Infrastruktur einzuspeisen. Die Aussichten sind durchaus rosig: Schließlich sind bundesweit rund 10.000 Kilometer Gleise verlegt – viel Potenzial für PV-Kraftwerke.

Künstliche Intelligenz kann bei der Energiewende helfen

Und dass Künstliche Intelligenz (KI) bei der Energiewende helfen kann, stellt der NRW-Betrieb Brinkmann Pumps in einem DBU-geförderten Vorhaben unter Beweis: Mithilfe von KI soll der Energiebedarf von ungeregelten Pumpen reduziert werden. Das könnte auch deshalb Schule machen, weil elektrische Antriebe in Industrie und Gewerbe fast zwei Fünftel des gesamten Strombedarfs in Deutschland verbrauchen.

Der DBU-Jahresbericht 2022 auch unter https://cms.dbu.de/doiLanding1699.html.

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