Jagd mit bleihaltiger Munition ist auf DBU Naturerbeflächen tabu

Nach Übergangszeit gilt ab sofort Schutz von Mensch und Tier

Osnabrück. Eine gute Nachricht für Wildfleischliebhaber und Seeadler: Die Gemeinnützige Gesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zur Sicherung des Nationalen Naturerbes (DBU Naturerbe GmbH) führt ab April auf ihren bundesweit 33 Flächen verbindlich die bleifreie Jagd ein. Damit sollen die vom Schwermetall ausgehenden Risiken für Mensch und Tier vermieden werden. „Nach einer Übergangzeit wird mit Beginn des neuen Jagdjahres auf 46.000 Hektar ausschließlich bleifrei gejagt“, so Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Prokurist der DBU Naturerbe GmbH. Die Erfahrungen mit der Schwermetall freien Munition sind gut: „Ich konnte in den zurückliegenden beiden Jagdzeiten keinen Unterschied zwischen bleihaltiger und bleifreier Munition feststellen“, betont Dr. Otto Denstorf, der bei DBU Naturerbe GmbH zuständig für Wald- und Wildmanagement ist und seit dem vergangenen Jahr auch an einem Großversuch der Hochschule Eberswalde zum Thema teilnimmt.

Bundesinstitut für Risikobewertung: Bleihaltige Munition kann Gesundheitsrisiko darstellen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte 2011 das zusätzliche Gesundheitsrisiko durch den Verzehr von mit Bleimunition erlegtem Wild aufgrund neuer Daten und Untersuchungen neu bewertet. Laut BfR können bleihaltige Munitionsreste in geschossenem Wild für bestimmte Verbrauchergruppen wie kleine Kinder, Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch ein zusätzliches Gesundheitsrisiko sein. Ein erhöhtes Risiko bestehe auch bei Verbrauchergruppen, die wöchentlich Wild verzehrten, gab das Institut im September vergangenen Jahres bekannt. Die DBU Naturerbe GmbH reagierte schnell und gab im November die Empfehlung heraus, mit bleifreier Munition zu jagen.

Vergiftungsgefahr für aasfressende Greifvögel vermeiden

„Neben dem möglichen Gesundheitsrisiko für bestimmte Verbrauchergruppen stellen die Rückstände bleihaltiger Munition eine besondere Gefahr für aasfressende Greifvögel dar“, bekräftigt Dr. Otto Denstorf, der bei DBU Naturerbe GmbH zuständig für Wald- und Wildmanagement ist. Üblicherweise werde erlegtes Wild direkt vor Ort ausgenommen und die für den Verzehr nicht verwertbaren Teile zurückgelassen. Dieser so genannte Wildaufbruch sei besonders beliebt bei Seeadlern. Wurde mit bleihaltigen Geschossen gejagt, so habe die starke Magensäure der Vögel das Blei aus den Munitionsresten gelöst und sei auf diesem Wege rasch in ihren Blutkreislauf gelangt. Die Folgen seien schwere Vergiftungen, die zu Atemnot und zentralnervösen Ausfallerscheinungen bis hin zur Erblindung der Tiere führen können. Die Seeadler würden jagdunfähig und verhungerten.

Kritiker warnen vor unkontrolliertem Abprallverhalten

Kritiker bleifreier Munition gaben bislang oft als ein Argument an, dass bleifreie Geschosse im Vergleich zu bleihaltigen ein unkontrolliertes Abprallverhalten aufwiesen und dadurch Jagdteilnehmer verstärkt gefährdet seien. „Bedeutsame Unterschiede zwischen den beiden Munitionsarten konnten jedoch nach aktuellen Untersuchungen nicht bestätigt werden“ so Denstorf. Die Jagd mit bleifreier Munition sei deswegen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer ökologisch verträglichen Jagd, wie sie auf den Flächen des DBU Naturerbes durchgeführt werde.

Jagdkonzept der DBU Naturerbe: Beobachtungen für Naturliebhaber begünstigen

Dazu gehöre auch, Störeffekte zu minimieren und den Tierschutz optimal zu berücksichtigen. Denstorf: „Das Jagdkonzept der DBU Naturerbe sieht zum Beispiel vor, nur außerhalb der Paarungs-, Brut- und Rastzeiten in der Zeit von September bis Januar, dafür aber zeitweilig intensiver zu jagen." Mittelfristig solle auf diese Weise das Wild weniger scheu und wieder tagaktiv werden, um Beobachtungen durch Naturliebhaber zu begünstigen.

DBU Naturerbe übernimmt 33 Liegenschaften vom Bund

46.000 Hektar Nationales Naturerbe übernimmt die DBU Naturerbe GmbH mit Sitz in Osnabrück seit April 2009 sukzessive von der Bundesregierung. Den entsprechenden Rahmenvertrag schloss sie im Mai 2008 mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ab. Auf den insgesamt 33 Flächen in neun Bundesländern sollen offene Lebensräume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, naturnahe Wälder ohne menschlichen Eingriff zu neuer Wildnis entwickelt, artenarme Forste in naturnahe Wälder überführt und Feuchtbiotope und Fließgewässer ökologisch aufgewertet und erhalten werden.

DBU-Tochter wird Eigentümerin von Flächen aus neun Bundesländern

Folgende Flächen des Nationalen Naturerbes wird oder hat der Bund bereits der DBU-Tochtergesellschaft übertragen: Hainberg, Landshut, Lauterberg, Reiterswiesen, Tennenlohe (alle in Bayern), Prösa, Rüthnicker Heide, Weißhaus, Zschornoer Wald (alle in Brandenburg), Ueckermünder Heide, Göldenitzer Moor, Peenemünde, Prora, Marienfließ, Woldeforst (alle in Mecklenburg-Vorpommern), Cuxhavener Küstenheiden, Borkumer Dünen, Elbwiesen Ostemündung (alle in Niedersachsen), Wahner Heide (Nordrhein-Westfalen), Ebenberg (Rheinland-Pfalz), Authausener Wald, Daubaner Wald (beide in Sachsen), Biederitzer Busch, Goitzsche, Ringfurther Elbauen, Glücksburger Heide, Kellerberge, Kühnauer Heide, Hohe Schrecke, Oranienbaumer Heide, Roßlauer Elbauen (alle in Sachsen-Anhalt), Westliche Hainleite und Himmelsgrund (beide in Thüringen).

Auch Rehböcke werden auf DBU Naturerbeflächen wie dem Daubaner Wald ab sofort nur noch mit bleifreier Munition gejagd.
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Der Seeadler verzehrt mit Vorliebe Reste von erlegtem Wild. Bleirückstände im Fleisch können bei den Vögeln jedoch zu schweren Vergiftungen führen.
© Axel Gebauer