„Intellektuelles Schwergewicht“ in der modernen Umweltforschung

Deutscher Umweltpreis 2009: Einzelwürdigung Prof. Dr. Bo Barker Jørgensen

Aarhus/Bremen. „Professor Jørgensens Name steht für Internationalität, Transdisziplinarität und wissenschaftliche Exzellenz in der modernen Umweltforschung. Wenn die ehemals gravierenden Wissensdefizite zum Verständnis der großen Kohlenstoff- und Schwefel-Kreisläufe des Meeres heute überbrückt sind, ist das maßgeblich auf ihn zurückzuführen. In der Klimadiskussion und der Berechnung von Klimamodellen spielen die Ergebnisse der Arbeit dieses intellektuellen Schwergewichtes eine zentrale Rolle.“ – Mit diesen Worten würdigte heute Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 2009 der DBU an Prof. Dr. Bo Barker Jørgensen, Direktor des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen. Den höchstdotierten Umweltpreis Europas wird Bundespräsident Horst Köhler dem 62-jährigen Dänen am 25. Oktober in Augsburg überreichen. Sein Preisgeld: rund 160.000 Euro.

Expedition im Schwarzen Meer: Prof. Dr. Bo Barker Jørgensen mit dem Tauchboot JAGO in 296 Metern Tiefe.
© Jürgen Schauer

Globale Bedeutung der Arbeiten des Experten für marine Biogeochemie

Brickwedde würdigte die globale Bedeutung der Arbeiten des in Kopenhagen geborenen Experten für marine Biogeochemie und mikrobielle Ökologie. Wenn heute die Bedeutung mikrobieller Prozesse in marinen Sedimenten und ihre Wechselwirkung mit dem Kohlenstoffkreislauf der Atmosphäre angemessen wahrgenommen werde, sei das „eines der großen Verdienste der bahnbrechenden wissenschaftlichen Arbeiten Professor Jørgensens.“

Methanhydraten gilt seit neuestem vermehrt die Aufmerksamkeit von Geologen

Gut festmachen könne man das am Beispiel Methan. Methan sei wie das als „Klimakiller“ identifizierte Kohlendioxid ein Treibhausgas, nur um ein Vielfaches klimaschädlicher. Es entsteht im Meeresboden in riesigen Mengen beim Verwesen organischen Materials und wird in der Regel zunächst als Methanhydrat gespeichert. Genau diesen Methanhydraten gelte seit neuestem vermehrt die Aufmerksamkeit von Geologen, Klimaforschern und Biologen. Obwohl Methan ständig neu gebildet werde und teilweise zur Oberfläche des Meeresbodens wandere, gelangten keine größeren Methanmengen aus dem Meer in die Atmosphäre. Brickwedde: „Würde dieses Methan in die Atmosphäre kommen, würde es das Erdklima entscheidend verändern.“ Jørgensen und seinen Kollegen vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie sei es zu verdanken, dass dieser Prozess heute verstanden werde. Denn sie hätten außergewöhnlich asketische Mikroorganismen mit besonderer Biokatalysatorenausstattung entdeckt, denen das Kunststück gelinge, das eigentlich chemisch träge Methan im Meer bei Normaltemperaturen und ohne Sauerstoff unschädlich zu machen. Biokatalysatoren sind in der Regel Enzyme, die biochemische Reaktionen in Organismen beschleunigen.

Prof. Dr. Jørgensen und Dr. Tina Treude vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts Universität zu Kiel (IFM-GEOMAR) untersuchen Kerne aus dem Meeresboden, die in einer Wassertiefe von 600 Metern mit einem Bohrgerät aufgenommen wurden.
© Jürgen Schauer

"Eingriffe des Menschen aufgrund der Erkenntnisse verlässlich abschätzbar"

Jørgensens Forschung habe damit das heutige Wissen um diesen natürlichen Schutzschild der Erde gegen schädliche Methan-Freisetzungen maßgeblich vorangebracht. Brickwedde: „Damit lernten wir Menschen die Rolle des Weltmeeres im globalen Klimageschehen verstehen. Und erst unter Einbeziehung dieser Erkenntnisse konnten auch nur die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in das komplexe geo- und biochemische Geschehen verlässlich abgeschätzt werden.“

Europaweit an Hochschulen gefragter und meist zitierter Wissenschaftler

Jørgensen studierte Biologie und Chemie an der Universität Aarhus, Dänemark. Anfang der 70er Jahre begann er seine Pionierarbeiten zum mikrobiellen Schwefelkreislauf, Studien, die er auch heute noch weiter verfolgt. Nach Stationen als Assistenzprofessor und Professor der Fakultät für Ökologie und Genetik der Universität Aarhus wurde er 1992 als Gründungsdirektor des neuen Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie, Bremen, berufen. Gleichzeitig ist er Professor der Fakultät für Geologie der Universität Bremen und assoziierter Professor der Fakultät Biologie (seit 1993) sowie Vorstand des Zentrums für Geomikrobiologie (seit 2007) der Universität Aarhus. Er gilt als einer der meist zitierten Wissenschaftler weltweit.

Prof. Jørgensen während der Feldarbeit im Kongsfjorden, Spitzbergen: Das Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen leitete dort die letzten zehn Jahre ein Forschungsprogramm über die mikrobiologischen Prozesse im arktischen Meeresboden.
© Alexander Loy

Zahlreiche hochkarätige Ehrungen und Mitgliedschaften

Jørgensen ist Mitglied zahlreicher nationaler wie internationaler wissenschaftlicher Beiräte und Wissenschaftsorganisationen (wie z. B. der Danish Royal Academy of Sciences and Letters). Darüber hinaus hat er zahlreiche Ehrungen erfahren: So wurde ihm z. B. der Friedman-Award (Los Angeles, USA, 1991), der Körber-Forschungspreis (Hamburg, 1995), der Hutchinson-Award (ASLO; Savannah, USA, 2004) oder der ECI Prize (International Ecology Institute, Deutschland, 2004) verliehen. Seit 2006 ist er Ehrendoktor der Universität Odense, Dänemark. Auf Initiative von Jørgensen wurde durch die Max-Planck-Gesellschaft und die Dänische Forschungsstiftung das Zentrum für Geomikrobiologie an der Universität Aarhus kürzlich errichtet

"Bahnbrecher auf dem Weg zum Verständnis mikrobieller Auf- und Abbauvorgänge im Meeresboden"

Jørgensen erfülle das für die Umweltforschung kennzeichnende Kriterium der Interdisziplinarität perfekt und betreibe Labor- wie Feldforschung gleichermaßen, um die hochkomplexen Stoffkreislaufsysteme unseres Ökosystems zu verstehen. Brickwedde: „Er ist der Bahnbrecher auf dem Weg zum Verständnis mikrobieller Auf- und Abbauvorgänge im Meeresboden und in bodennahen Wasserschichten.“

 

Telefonkontakt zu Prof. Dr.  Bo Barker Jørgensen: 0045/89423314 (Dänemark), 0421/2028600 (Bremen)

Beim Einsteigen in das Tauchboot JAGO auf dem Forschungsschiff Poseidon: Bo Barker Jørgensen (r.) und Jürgen Schauer. Das Tauchboot gehört dem IfM-GEOMAR in Kiel und kann bis in 400 Meter Wassertiefe mit einem Pilot und einem Wissenschaftler tauchen.
© Karen Hissmann

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