Ingenieuren die Nutzung der Bionik erleichtern: Neue VDI-Richtlinien

Kooperationsprojekt von VDI und DBU – Technisches Regelwerk soll industrielle Anwendungen der Bionik fördern
Osnabrück/ Düsseldorf. Die kreativen Ideen des „Ingenieurbüros Natur“ zu verstehen und technisch umzusetzen – darum geht es in der Wissenschaftsdisziplin Bionik: Sie führt Biowissenschaften mit technischen Disziplinen zusammen. Bisher mangelt es jedoch häufig an der Umsetzung bionischer Erkenntnisse in die technische Nutzung. Der Grund: Für physikalisch-ingenieurtechnisch geprägte Entwickler und Konstrukteure sind die ökologischen und ökonomischen Möglichkeiten der Bionik oftmals schwer zugänglich. Ein neues Kooperationsprojekt des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) soll Abhilfe schaffen: Bis 2010 sollen technische Regeln – so genannte VDI-Richtlinien – zur Bionik ausgearbeitet werden. „Sie sollen die Umsetzung bionischer Entwicklungen in technische Anwendungen erleichtern – und damit Innovationen zur Umweltentlastung fördern“, erklärt DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde. Die DBU fördert das Projekt mit 270.000 Euro.

Bionik in Techniker-Sprache übersetzt

„Mit diesem Projekt wollen wir zwischen der Denkweise von Bionikern und Ingenieuren übersetzen: Bionische Verfahren werden in eine technische Systematik und Darstellungsweise überführt“, erläutert Dr. Rainer Erb, Projektleiter im Zentrum für Umweltkommunikation der DBU. Dr. Markus Finck, Leiter des VDI-Kompetenzfeldes Biotechnologie, klärt auf: „VDI-Richtlinien sind in einer technischen Sprache abgefasst und beschreiben den Stand der Technik eines jeweiligen Gebietes von Ingenieuren. Mit diesem technischen Regelwerk werden zum einen Definitionen und Begriffe festgelegt und zum anderen konkrete Handlungsanweisungen gegeben: Wie muss ich vorgehen, um zu einer angepeilten Lösung zu kommen?“ Das geplante Regelwerk zur Bionik werde den an der Umsetzung beteiligten Ingenieuren den Umgang mit den eher biologisch geprägten Ideen erleichtern, ist sich auch Dr. Heike Beismann, selbst Bionikerin und fachliche Ansprechpartnerin im VDI, sicher. Die Arbeit in ehrenamtlichen Gremien erlaube es allen interessierten Kreisen, an der Erstellung mitzuwirken. VDI-Richtlinien eigneten sich besonders, um auch kleine und mittlere Unternehmen an die Nutzung bionischer Ideen heranzuführen. Diese könnten hier profitieren, da ihnen für gewöhnlich die finanzielle Stärke und das Personal fehlten, um eigenes Know-how auf Gebieten außerhalb ihres Kerngeschäftes aufzubauen.

DBU investierte bisher mehr als 10 Millonen Euro in Bionik

Der Transfer von Erkenntnissen aus der Bionikforschung in umweltentlastende und ressourcenschonende technische Umsetzungen sei für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern von großer Bedeutung, zum Beispiel für die Entwicklung von Oberflächen, Konstruktionen und Materialien. Brickwedde: „Bionische Projekte fördern wir deshalb seit Jahren: Die DBU hat auf diesem Gebiet bisher mehr als zehn Millionen Euro investiert.“ So gebe es einen entsprechenden Stipendienschwerpunkt. Auch die aktuelle DBU-Ausstellung „Inspiration Natur – Patentwerkstatt Bionik“ befasse sich mit dem Thema, und während der letztjährigen DBU-Sommerakademie seien „Bionik und Nachhaltigkeit“ diskutiert worden. Den Deutschen Umweltpreis, den höchst dotiertesten Umweltpreis Europas, habe die DBU bereits drei Mal an Bioniker verliehen: 1999 zeichnete sie Professor Dr. Wilhelm Barthlott (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) aus, im Jahr 2003 Professor Dr. Claus Mattheck (Forschungszentrum Karlsruhe) und im Jahr 2005 Professor Dr. Berndt Heydemann (Nieklitzer Ökologie- und Ökotechnologie-Stiftung).


Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 25606):
Dr. Markus Finck, Verein Deutscher Ingenieure (VDI), Kompetenzfeld Biotechnologie, Graf-Recke-Straße 84, 40239 Düsseldorf, Tel.: 0211/6214-246, Fax: 0211/6214-157

Dr. Rainer Erb, Zentrum für Umweltkommunikation der DBU, An der Bornau 2, 49090 Osnabrück, Tel.: 0541/9633-950, Fax: 0541/9633-990, www.dbu.de
Ideenklau bei Mutter Natur: der Kofferfisch als Vorbild fĂŒr einen "windschnittigen", aber gerĂ€umigen Wagen.
© Fotomontage: SigNatur, Fotos: DaimlerChrysler