Detektive der Nacht: FledermÀuse helfen, Streuobstwiesen zu erhalten

Schutzkonzept fĂŒr grĂ¶ĂŸten StreuobstwiesengĂŒrtel Deutschlands fertiggestellt - DBU gab 440.000 Euro

Frankfurt/Main. Ohne es zu wissen, engagieren sie sich fĂŒr den Naturschutz: FledermĂ€use im bundesweit grĂ¶ĂŸten StreuobstwiesengĂŒrtel zwischen Frankfurt/Main und dem Kinzigtal bei Gelnhausen. Dort stattete das Streuobstzentrum Main ÄppelHaus Lohrberg (Frankfurt/Main) und das Institut fĂŒr Tierökologie und Naturbildung (Gonterskirchen) Tiere drei Sommer lang mit Sendern aus, um aus Flugrouten oder Beutespektrum Wege fĂŒr den Erhalt der Wiesen und BĂ€ume abzuleiten. Entstanden ist ein umfassendes Schutzkonzept, das auch Strategien zum finanziellen Umsetzen der Maßnahmen bereithĂ€lt. „Mit der Faszination von FledermĂ€usen möchten wir Anwohner auf die Bedeutung der Streuobstwiesen aufmerksam machen – als Lebensraum, Kulturgut, Wirtschaftszweig und Naturerlebnis“, sagt Barbara Fiselius vom MainÄppelHaus Lohrberg. Durch NetzfĂ€nge und akustische Aufzeichnungen wurden in der Projektregion 14 Fledermausarten nachgewiesen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte mit 440.000 Euro.

Einbinden der EigentĂŒmer als SchlĂŒsselprinzip

„Da es sich bei Streuobstwiesen um alte Kulturlandschaften handelt, ist die aktive Pflege durch den Menschen unerlĂ€sslich, um die BĂ€ume in ihrer ökologischen und ökonomischen Funktion zu erhalten, den Unterwuchs offen zu halten und natĂŒrlich entstandene LĂŒcken im Baumbestand zu schließen. Das Umsetzen praktischer Maßnahmen muss dabei einerseits durch finanzielle Mittel, anderseits durch eine an die lokale Situation angepasste fachliche Förderung erfolgen“, betont DBU-GeneralsekretĂ€r Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde. Das Einbinden der EigentĂŒmer habe sich als SchlĂŒsselprinzip erwiesen, mĂŒsse aber auf Freiwilligkeit setzen.

Streuobstwiesen mit anderen Biotopen vernetzen

Die im Projekt entwickelten LeitsĂ€tze erklĂ€ren auf der Basis der wissenschaftlichen Fledermausuntersuchungen, wie und an welcher Stelle Wiesen und BĂ€ume gepflegt werden mĂŒssen, um eine artenreiche Streuobstwiese zu erhalten: „Alte BestĂ€nde sollten durch das Anlegen neuer Streuobstwiesen erweitert und an andere Biotope, wie Wald und GewĂ€sser, angebunden werden“, empfiehlt DBU-Naturschutzexperte Dr. Volker Wachendörfer. Nachtaktive FledermĂ€use brĂ€uchten Heckenstreifen, Baumgruppen oder Alleen, um sich bei ihrem Flug in die Streuobstwiesen orientieren zu können. Ohne diese Strukturen fĂ€nden sie die Streuobstwiesen nicht. Im Projekt sei deshalb die Verbindung zwischen Schlafhöhlen im Wald und Beutegebieten auf Streuobstwiesen durch das Anpflanzen standorttypischer Gehölze verbessert worden.

Naturschutz-Botschafter: In einem DBU-Projekt wurden FledermĂ€use im grĂ¶ĂŸten StreuobstgĂŒrtel Deutschlands zwischen Frankfurt und dem Kinzigtal bei Gelnhausen mit Sendern ausgestattet. Aus Flugrouten und Beutespektrum wurden Wege fĂŒr den Erhalt der Wiesen und BĂ€ume abgeleitet.
© Gailberger, Wilhelm/piclease
Lebensraum, Kulturgut, Wirtschaftszweig, Naturerlebnis: Ein neues Schutzkonzept des MainÄppelHauses Lohrberg und des Instituts fĂŒr Tierökologie und Naturbildung zeigt Maßnahmen fĂŒr den Erhalt von Streuobstwiesen auf und hĂ€lt Strategien fĂŒr deren finanzielle Umsetzung bereit.
© mundraub

FlÀchen mÀhen und beweiden, BÀume beschneiden

DarĂŒber hinaus sei es wichtig, „dass die FlĂ€chen gemĂ€ht und beweidet werden“, so Fiselius. Brachen und BĂŒsche sollten nur kleinflĂ€chig vorhanden sein, erhöhten jedoch das Lebensraummosaik und trĂŒgen damit zur Artenvielfalt bei. „Ein niedriger Bewuchs sorgt dafĂŒr, dass die Jagd auf Beutetiere erleichtert wird. Der Kot von Weidetieren erweitert das Beutespektrum fĂŒr FledermĂ€use, ebenso fĂŒr andere SĂ€uger und viele Vogelarten zusĂ€tzlich um Insekten wie MistkĂ€fer und Dungfliegen“, fĂŒgt Dr. Markus Dietz vom Institut fĂŒr Tierökologie und Naturbildung hinzu. Um möglichst ertragreiche und alterungsfĂ€hige ObstbĂ€ume zu bekommen, sei außerdem ein gezielter Baumbeschnitt notwendig. Extensives Beschneiden sichere den Erhalt der BĂ€ume bis ins hohe Alter und gewĂ€hrleiste, dass Totholz und Baumhöhlen als RĂŒckzugsort fĂŒr zahlreiche Tiere nicht verloren gingen.

Ökopunkte als Ausgleichmaßnahme anrechnen lassen

„Schutzmaßnahmen, wie das Erweitern oder Neuanlegen von Streuobstwiesen, können sich FlĂ€chenbesitzer in Form von Öko-Punkten gutschreiben lassen“, erklĂ€rt Fiselius. Die Punkte könnten bei spĂ€teren Eingriffen in Natur und Landschaft als Ausgleichsmaßname angerechnet – also selbst verbraucht – oder alternativ an Jemanden verkauft werden, der eine Ausgleichsleistung erbringen muss. Die Idee dahinter: „Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen da durchgefĂŒhrt werden, wo sie ökologisch sinnvoll sind, nicht wo sie sich anbieten oder sofort umgesetzt werden können“, ergĂ€nzt sie. Die Anerkennung mĂŒsse regional mit jeder Naturschutzbehörde abgestimmt werden. Eine andere Möglichkeit sei das Sponsoring, mit dem sich Maßnahmen direkt umsetzen lassen und gleichzeitig Verantwortungsbewusstsein geschaffen werde. Auch privates Engagement sei wichtig, da viele FlĂ€chen in privater Hand seien. Aus dem DBU-Projekt sei das „Äppelnetz“ des MainÄppelHauses hervorgegangen, das Streuobstwiesenbesitzer vernetze und in dem Fragen zur richtigen Pflege und Ernte beantwortet wĂŒrden.

"Nachwuchs frĂŒhzeitig an heimatliche LebensrĂ€ume binden"

Großer Wert sei im Projekt auch auf eine intensive Öffentlichkeitsarbeit gelegt worden. Fiselius: „Besonders fĂŒr Kinder und Jugendliche sind FledermĂ€use spannende Tiere, die das Interesse an Streuobstwiesen oder am Naturschutz generell befördern können. Über die FledermĂ€use helfen wir dem Nachwuchs, frĂŒhzeitig eine emotionale Bindung zu heimatlichen LebensrĂ€umen und ihren Tieren und Pflanzen aufzubauen. Dann steigt auch im Erwachsenenalter die Bereitschaft, sich aktiv fĂŒr den Erhalt dieser Biotope einzusetzen.“

Ansprechpartner fĂŒr Fragen zum Projekt (AZ 25211): Barbara Fiselius, MainÄppelHaus Lohrberg Frankfurt/Main, Telefon 06059/906688

Das Projekt soll Kinder frĂŒhzeitig emotional an heimatliche LebensrĂ€ume binden und damit die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie sich auch als Erwachsene fĂŒr den Erhalt von Biotopen einsetzen.
© MainÄppelHaus Lohrberg Frankfurt/Main

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