DBU-Umweltpreis für „Baumpatron“ Mattheck und „Abgasjäger“ Schulte
Stiftung würdigt internationales Engagement und Entwicklung innovativer Technologien zum Schutz der Umwelt - Bundespräsident überreicht Preis
Osnabrück. Die neuen Träger des Deutschen Umweltpreises stehen fest: Aus der Hand von Bundespräsident Johannes Rau werden am 26. Oktober in Osnabrück der Leiter der Abteilung Biomechanik am Forschungszentrum Karlsruhe, Prof. Dr. Claus Mattheck (55), und der Gründer und Geschäftsführer der HJS Fahrzeugtechnik GmbH & Co KG , Hermann Josef Schulte (56, Menden), den mit 500.000 Euro höchstdotierten Umweltpreis Europas in Empfang nehmen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) würdigt damit die Pionierleistungen, die Mattheck national wie international als Dolmetscher der Sprache der Natur in technische Produkte sowie für den Baumschutz erbracht hat. Schulte wird für Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Abgastechnologien im Fahrzeugbau ausgezeichnet, speziell für die Entwicklung eines Partikelfilters für Dieselmotoren. Dadurch leistet HJS einen Beitrag zur Verringerung des Krebsrisikos durch Ruß, ohne die Vorteile dieses Motors für den Klimaschutz aufs Spiel zu setzen. Das erklärte DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde heute in einer Pressemitteilung.
Der Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne verpflichtet
Mattheck sei durch seine Forschung in über 15 Jahren und die weltweite allgemeinverständliche Verbreitung seiner Methoden und Ergebnisse ein Vorreiter in der Bionik geworden, die Biologie und Technik vereinigt und biologische Prozesse in technische Produkte überführt. Er habe als Physiker die mechanische Belastbarkeit von Bäumen am Beispiel ihrer Bruch- und Standfestigkeit entschlüsselt und daraus Computerprogramme entwickelt, die heute im Automobilbau, aber auch in Waschmaschinen, Hüftprothesen und Zahnimplantaten Anwendung fänden. Er verkörpere den modernen Umweltschutz, der sich der Nachhaltigkeit im ursprünglichen Sinne verpflichte und neue Wege aufdecke.
Zahlreiche konkrete Umsetzungen in der Industrie initiiert
Insgesamt seien von Mattheck und seinem Team über 100 Lizenzen für Software bzw. Patente an Auto- und Maschinenbauer sowie Hersteller von Chemieanlagen vergeben worden. Seine Methoden hätten zu zahlreichen konkreten Umsetzungen in der Industrie geführt. Ehemalige Schüler von Mattheck arbeiten heute als Entwicklungsingenieure bei großen Automobilherstellern, optimieren Fahrzeugteile an neuen Automobilprototypen und formen ein Design nach der Natur, die immer die optimale Lösung parat halte.
"Körpersprache" von Bäumen entdeckt
Mattheck habe aber auch eine spezielle "Körpersprache" von Bäumen entdeckt. Bestimmte Auffälligkeiten in Form und Gestalt wie etwa die äußere Erscheinung der Rinde oder ungewöhnliches Dickenwachstum interpretiere er als Signale, die positive wie negative Rückschlüsse auf die Verkehrssicherheit von Bäumen zuließen. Die konsequente Anwendung dieser inzwischen weltweit verbreiteten Methode könne zum Erhalt vor allem der in städtischem Grün gelegentlich zu früh gefällten Bäume beitragen, falsche Baumpflege vermeiden, Beiträge zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft liefern und somit einen direkten Nutzen für die Umwelt leisten. Schließlich habe Mattheck immer besonderen Wert auf die Vermittlungsarbeit zwischen Wissenschaft und Gesellschaft gelegt. Eine seiner wichtigsten Zielgruppen seien Kinder und Jugendliche, die sich einer für sie zunächst scheinbar uninteressanten Materie durch - inzwischen weltweit publizierte - Kinderbücher und Cartoons auf eingängige Weise nähern könnten.
Bis zu 14.000 Todesfälle auf Dieselruß zurückzuführen
Die Firma HJS mit Hermann Josef Schulte habe als höchst innovatives mittelständisches Unternehmen mit Filtersystemen für die Automobilbranche national wie international Meilensteine gesetzt. Wenn es in den nächsten Jahren gelinge, einerseits die Zahl der in Deutschland jährlich bis zu 14.000 Todesfälle, die auf Dieselruß zurückzuführen seien, drastisch zu verringern und andererseits dem Dieselmotor mit seinem im Vergleich zum Otto-Motor deutlich geringeren Kohlendioxid-Ausstoß noch weiter zum Durchbruch zu verhelfen, werde das auch ein Verdienst der Firma aus Menden sein. Erfolgreich seien von HJS als erstem Anbieter in den 80er Jahren Nachrüstkonzepte für Drei-Wege-Katalysatoren entwickelt und vermarktet worden. Heute habe HJS 260 Katalysatorarten für 600 verschiedene Kraftfahrzeugtypen im Programm, die über 80 Prozent aller Bedarfsfälle abdeckten.
Besondere Betriebsvorteile: weniger Gewicht und Bauraum, doppelt so großes Speichervolumen von Asche und längere Haltbarkeit
Neben der gesamtunternehmerischen Leistung von Hermann Josef Schulte würdige die DBU aber mit dem Deutschen Umweltpreis im Speziellen die Entwicklung eines Partikelfilters für Dieselmotoren, der wartungsfrei und verlustarm betrieben werden könne und die bauartbedingten Nachteile herkömmlicher keramischer Filter vermeide. Durch intensive Arbeiten habe HJS ein poröses Sintermetall entwickelt, das aus einem mit einem Pulver beschichteten leinenähnlichen Drahtgewebe bestehe. Durch die überlegenen Materialeigenschaften ergäben sich besondere Betriebsvorteile wie etwa geringeres Gewicht und weniger benötigter Bauraum, ein doppelt so großes Speichervolumen von Asche und eine längere Haltbarkeit. Außerdem sei der Wertstoff Metall wiederverwertbar, wohingegen Keramikfilter als Sondermüll entsorgt werden müssten.
Lungenkrebsrisiko durch Dieselruß in Tierversuchen nachgewiesen