Biotonne stinkt nicht länger zum Himmel: Neuer Luftfilter sagt Geruch, Ungeziefer und Pilzerkrankungen den Kampf an

Deutsche Bundesstiftung Umwelt förderte Entwicklung mit knapp 100.000 Mark - Erste flächendeckende Einführung in Greven im Münsterland
Greven. Die Zeiten, in denen es den umweltbewußten Grevenern im Münsterland speziell im Sommer besonders stank, sind mit dem heutigen Mittwoch endgültig ein Stück Geschichte. Aus der Hand von Dieter Schmidt, Geschäftsführer der Firma Kliko aus Herzebrock im Kreis Gütersloh, nahm heute Grevens Bürgermeister Rudolf Steingrube die erste Biotonne mit neuartigem Biofiltersystem in Empfang, die dafür sorgen wird, daß Belästigungen durch ekelerregende Maden und unerträglichen Geruch aus der Biotonne endgültig der Vergangenheit angehören. Damit wird eine dreijährige Entwicklungsphase abgeschlossen, an der das Zentrum für Umweltforschung sowie das Institut für Hygiene der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster sowie die Firma Biologic, Gesellschaft für Biologie und Umweltschutz, in Münster gemeinsam beteiligt waren. Gefördert wurde das Pilotprojekt mit knapp 100.000 Mark von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück.

Biotonne ja - aber ohne Mief und Ungeziefer

Die getrennte Sammlung von Biomüll, der mehr als ein Drittel des Hausmülls ausmacht, sei gesetzlich geregelt und stoße auf große Akzeptanz und Unterstützung bei den meisten Bürgern. Diese würden allerdings im Sommer oft auf eine harte Probe gestellt, denn in der Biotonne gäre es. Die Folge hiervon seien extreme Geruchsbelästigungen sowie die unästhetische Vermehrung von Ungeziefer und Insekten. Und: Insbesondere abwehrgeschwächte Personen durchlebten häufig schwer verlaufende Schimmelpilzkrankheiten, immer mehr Menschen litten an allergischen Reaktionen gegen Schimmelpilzsporen.

Sieben Liter Gas pro Kilo Biomüll

Die in den Biotonnen ablaufenden Prozesse seien unter anderem gekennzeichnet durch die Sporenbildung hygienisch bedenklicher Pilze und durch Geruchsemissionen, die in den Sommermonaten zu erheblichen Belästigungen der Tonnennutzer führen könnten. In den Tonnen finde unter Ausschluß von Luftzufuhr eine Vergärung statt, pro Kilogramm Biomüll entstünden sieben Liter Gas, die beim Öffnen der Tonne entweichen. Der Versuch, durch Öffnungen in der Tonne das Problem zu beseitigen, sei aber auch gescheitert, weil Schädlinge wie Ratten und Mäuse angezogen würden und der Fliegen- und Ungezieferbefall um ein vielfaches höher liege als bei normalen Gefäßen.

Biofilter neutralisiert Gase

Durch den jetzt entwickelten neuen Biofilter könnten die innerhalb der Tonnen entstehenden, geruchsintensiven Abgase biologisch abgebaut werden und dann als geruchsneutrale Substanzen entweichen. Dadurch werde gleichzeitig vermieden, daß sich innerhalb des Sammelbehälters ein Überdruck aufbaue, der die Bürger in höherem Maße mit Pilzsporen und anderen Keimen belaste. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Stiftung: "Wir freuen uns, mit der Förderung dieses Projektes den Grundstein für eine bürgerfreundliche und hygienische Biomüllabfuhr gelegt zu haben. Der zusätzliche Einbau dieses speziell konstruierten Biofilters in die Deckelöffnung stellt eine neue Variante mit hohem Innovationscharakter dar."

Feuerprobe im Feldversuch bestanden

Vorausgegangen war ein mit Fördermitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Havixbeck im Kreis Coesfeld durchgeführter Feldversuch im besonders heißen Sommer 1994. "Die Feuerprobe bestand das neue Biofiltersystem zur vollsten Zufriedenheit der knapp 100 Haushaltungen, die sich aus eigener Initiative an diesem ausführlichen Test beteiligten", weiß Günter Grodde, Geschäftsführer der Biologic GmbH, zu berichten.

Saubere Biomüllabfuhr erreichen

Die an der Ems gelegene Stadt Greven übernimmt nun eine beispielhafte Vorreiterrolle. "Die guten Ergebnisse aus Havixbeck haben uns überzeugt und bestätigen unsere eigenen Studien zum Thema Biomüll," erklärt Amtsleiter Ralf Heckhuis das Engagement der Stadt. "Wir wollen durch die flächendeckende Einführung des neuen Systems eine saubere Biomüllabfuhr erreichen. Auch bei 14tägigem Abfuhrrhythmus sind wir nicht bereit, Maden und Gestank in Kauf zu nehmen." Den Biomüll - zumindest im Sommer - wöchentlich abzufahren, sei ohnehin zu teuer und häufig undurchführbar.

Zahlreiche Anfragen aus anderen Gemeinden

Doch nicht nur die Stadt Greven habe die Vorteile des neuen Systems erkannt. "Zahlreiche Anfragen von Städten, Gemeinden und Entsorgungsunternehmen füllen bei uns bereits mehrere Ordner," ergänzt Grodde. Bemerkenswert sei, daß sich das neuartige Deckelsystem mit dem integrierten Biofilter auf fast alle genormten Behälter unterschiedlicher Hersteller montieren lasse. Dadurch stehe auch einer Umrüstung in Regionen, in denen Biomüll bereits getrennt gesammelt wird, nichts mehr im Wege.