Bierhefe als Problemlöser

Phosphor umweltverträglich aus Klärschlamm zurückgewinnen – DBU fördert mit 473.000 Euro

Leipzig. Der Abbau des lebensnotwendigen Mineralstoffs Phosphor birgt nach Ansicht der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) viele Probleme: Oft liegen die Vorkommen in Ländern mit schwieriger politischer Lage, ihre Förderung belastet die Umwelt und benötigt viel Energie. Zudem ist das abgebaute Rohphosphat vielfach mit Schwermetallen belastet. Deshalb wird es immer wichtiger, den Stoff, beispielsweise aus Klärschlamm, zurückzugewinnen. Verschärfte gesetzliche Vorgaben für größere deutsche Kläranlagen werden spätestens in ein paar Jahren kommen. Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ, Leipzig) verfolgt einen speziellen Weg, bei dem Bierhefe dazu beiträgt, Phosphor aus Klärschlamm wieder als Dünger zur Verfügung zu stellen. Nachdem das Verfahren in einem ersten Projekt erfolgreich im Labor getestet worden war, soll es nun in einer Kläranlage des Abwasserzweckverbandes ‚Mittlere Mulde‘ (Eilenburg) erprobt werden. Beide Vorhaben werden fachlich und finanziell mit insgesamt rund 473.000 Euro von der DBU gefördert.

Klärschlamm und Hefe ergibt phosphorhaltigen Dünger

Phosphor sei beispielsweise für das Wachstum von Pflanzen zentral, weshalb große Mengen davon als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt würden, erläutert DBU-Referent für Biotechnologie, Dr. Hans-Christian Schaefer. Menschen würden Phosphor mit der Nahrung aufnehmen, später werde er ausgeschieden und gelange über das Abwasser in die Kläranlage. Ihn über den Klärschlamm wieder auf den Acker zu bringen, sei bald nicht mehr möglich, da dieser aufgrund der enthaltenen Schadstoffe nicht mehr in der Landwirtschaft verwendet werden darf. Schaefer: „Deshalb muss in Deutschland zukünftig der Phosphor aus dem Schlamm der Kläranlagen zurückgewonnen werden, wenn in ihrem Einzugsgebiet mehr als 100.000 Einwohner, später 50.000 leben. So kann der Phosphor gezielt wieder in den Kreislauf zurückgegeben werden.“ Dazu testete das UFZ sein zweistufiges, für kleinere Anlagen geeignetes Verfahren im ersten Projekt zunächst im Labor. Der Klärschlamm sei dabei unter Ausschluss von Luft in Wasser gegeben worden, sodass sich der Phosphor darin löste. Dieses Wasser komme dann in einen Behälter mit der Hefe, die den Phosphor aufnehme, aber nicht die im Klärschlamm enthaltenen Schadstoffe, und anschließend als Dünger genutzt werden könne. „Außer dem Reststoff Hefe, der als Abfall in Brauereien anfällt, benötigt das Verfahren keine chemischen Zusätze, ein großer Vorteil gegenüber bisherigen Verfahren“, unterstreicht Projektleiterin Prof. Dr. Susann Müller vom UFZ. Auch sei weniger Energie erforderlich.

Nächster Schritt: Verfahren in einer Kläranlage testen

Nachdem das Verfahren im Labor erfolgreich geprüft worden war, soll es nun im Folgeprojekt beim Projektpartner, dem Abwasserzweckverband ‚Mittlere Mulde‘ in Eilenburg, im größeren Maßstab unter realen Bedingungen getestet und weiterentwickelt werden. 3.000 Liter Klärschlamm würden dann pro Durchgang bearbeitet. Dabei sollen auch die im vorangegangenen Projekt entwickelten Sensoren des Projektpartners Centec (Maintal) weiter verbessert werden. Sie messen, wie viel Phosphor sich in den einzelnen Hefeorganismen ansammelt. „Erstmals ermöglichen die Sensoren es, den Vorgang online und ohne den Einsatz von weiteren Chemikalien zu überwachen“, unterstreicht Müller. Zwar sei für das Verfahren eine Brauerei in der Nähe nötig, und der Einsatz der mit Phosphor angereicherten Hefe als Dünger werfe noch einige Fragen auf. Doch die Dringlichkeit des Themas gebiete es, umweltschonende Lösungen für das globale Problem zu finden. Und dieses Verfahren könne seinen Beitrag dazu leisten, so Schaefer.

Zum Hintergrund:

Phosphor ist Teil unserer Lebensgrundlage und kann nicht durch andere Stoffe ersetzt werden. Er ist beispielsweise zentral für das Wachstum von Pflanzen, weshalb große Mengen davon als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Bisher wird Phosphor in Tagebauen abgebaut. Doch das hat große Auswirkungen auf die Umwelt, findet häufig in Ländern mit schwieriger politischer Lage statt und benötigt viel Energie. Zudem ist er häufig mit Schadstoffen belastet. Über unsere Ernährung landet ein großer Teil des Phosphors schließlich im Klärschlamm. Dieser kann jedoch nicht mehr ohne weiteres in der Landwirtschaft wiederverwendet werden, da er häufig zu viele Schadstoffe enthält. Zwar gibt es alternative Rückgewinnungs-Verfahren. Sie benötigen jedoch große Mengen Chemikalien und Energie.

So lange Phosphor nicht wiederverwendet wird, besteht die Gefahr, eine der von internationalen Experten definierten Belastungsgrenzen des Erdsystems zu überschreiten und die Chance zu verpassen, die 2015 beschlossenen globalen nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen langfristig zu erreichen. Sie sollen eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene sichern.

Ansprechpartnerin bei Fragen zu den Projekten (AZ 32062/33960): Prof. Dr. Susann Müller, Tel. 0341| 235-1318

Techniker Florian Schattenberg misst im Labor die Phosphorkonzentration in verschiedenen Abwasserproben.
© Christine Süring/UFZ

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