Biberburgen im Moor: Nager wandeln Bild des Wurzacher Rieds

Uni Freiburg entwickelt neue Strategien zum Management von Schutzgebieten – DBU fördert

Bad Wurzach. Ein Blick auf unsere Umwelt zeigt: Die Natur ist derzeit massiven Umbrüchen ausgeliefert, der Klimawandel die meist diskutierte Ursache dafür. Doch manchmal sind es nicht nur die globalen Zusammenhänge, die unser Landschaftsbild prägen. Im Wurzacher Ried – einer der bedeutendsten Moorflächen Europas – bedarf es lediglich eines braunen Nagers, um ehemals vom Menschen trockengelegte Flächen in überflutete Gebiete zu verwandeln. „Mit ihren Aktivitäten stellen Biber die Renaturierungskonzepte für Moorschutzgebiete auf den Kopf“, sagt Dr. Thomas Kaphegyi vom Institut für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Das Institut will neue Strategien entwickeln, wie die Einwirkungen des Bibers unmittelbar für Pflege und Erhalt des Wurzacher Rieds genutzt werden können: „Ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung zukunftsfähiger Naturschutzstrategien“, so Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die das Projekt mit 240.000 Euro fördert.

Wurzacher Ried Heimat bedrohter Tier- und Pflanzenarten - Teil des Schutznetzwerks Natura 2000

Nagespuren, gefällte Bäume und aus Holzknüppeln aufgetürmte Burgen – die Anwesenheit von Bibern ist unübersehbar. Dort wo sie auftauchen, wecken die Nager die Neugier der Menschen, aber nicht immer nur Entzücken. Das Wurzacher Ried ist das größte zusammenhängende und noch intakte Hochmoor Westeuropas. Als Hort vieler vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten ist die rund 1.700 Hektar große Fläche Teil des Schutznetzwerks Natura 2000 und untersteht der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (EU). Doch auf Papier festgelegte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen kümmern die Biber wenig. „Durch die Dämme, die sie bauen, fluten die Nager Flächen, die gemäß Planung eigentlich trocken bleiben sollten“, erklärt Dr. Volker Wachendörfer, DBU-Referent für Naturschutz. So entstehe eine Dynamik in der Landschaft, die dem bewahrenden Ansatz der EU-Richtlinie widerspreche.

In der Wurzacher Ried stellen Biber derzeit die PlÀne zur Pflege des Feuchtgebiets auf den Kopf. (Symbolfoto)
© Lorenz, Wolfgang/piclease

Pläne veraltet - mehr Flexibilität nötig

Die Aktivitäten der Biber hätten aber auch positive Seiten. „Mit den vernässten Flächen schaffen sie weitere Lebensräume für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten wie zum Beispiel Amphibien“, so Wachendörfer. „Daher möchten wir einen Weg finden, wie wir den Biber als Motor für ein Schutzgebietsmanagement effizient nutzen können“, betont Kaphegyi. Der Schlüssel dazu liege in mehr Flexibilität. „Die Pläne, die zum Erhalt des Moors entwickelt wurden, stammen noch aus einer Zeit, als der Biber sich hier noch gar nicht angesiedelt hatte“, so Kaphegyi. „Wir brauchen also ein neues, sich ständig anpassendes Managementkonzept.“

"Biber-Events" vermitteln Besuchern ökologische Zusammenhänge

Grundlage dafür sei, die Gewohnheiten der Biber genau zu beobachten. Daraus lasse sich schließen, wohin sich die Nager bewegen und welche Gebiete von ihren Aktivitäten beeinflusst werden. „Das Wurzacher Ried wird sich in seinem Landschaftsbild verändern“, sagt Kaphegyi. Für Brickwedde ist der gestalterische Einfluss der Biber auf die Landschaft vor allem eine gute Möglichkeit, Menschen ökologische Zusammenhänge zu vermitteln. Daher sollen im Rahmen des Projekts so genannte „Biber-Events“ stattfinden – etwa Führungen durch ihren Lebensraum oder Ausstellungen im Naturschutzzentrum Wurzacher Ried.

Rückschlüsse für Pflege anderer Feuchtgebiete ziehen - "Wichtiges Modellvorhaben"

Das Naturschutzzentrum Bad Wurzach unterstützt das auf drei Jahre angelegte Vorhaben. Nach Abschluss ließen sich daraus auch Schlüsse für die Pflege anderer Feuchtgebiete ziehen. Für Brickwedde handelt es sich „um ein wichtiges Modellvorhaben für die Entwicklung zukunftsfähiger und dynamischer Naturschutzkonzepte.“

Ansprechpartner für Fragen zum Projekt (AZ 27132): Dr. Thomas Kaphegyi, Institut für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Telefon: 0761/2033642, Telefax: 0761/2033638

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