Ausgetretene Pfade auf neuen Wegen verlassen: Kraftfahrzeugverkehr vermindern und vermeiden

Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) fördert mit knapp drei Millionen Mark sieben Modellprojekte in fünf Bundesländern
Bonn. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Osnabrück) wird im Rahmen ihres Förderbereichs Umwelt und Verkehr mit einem Finanzvolumen von knapp drei Millionen Mark Modellprojekte zur Verkehrsverminderung und -vermeidung durch umweltentlastendes Management unterstützen. Das Kuratorium der größten Umweltstiftung Europas unter Vorsitz von Bundesbankpräsident Dr. Hans Tietmeyer beschloß jetzt in Bonn, insgesamt sieben Projekte in den Bundesländern Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen zu unterstützen. Generalsekretär Fritz Brickwedde: "Angesichts des weiter zunehmenden Problemdrucks in unseren Städten sind effektive Strategien zur Bewältigung verkehrsbedingter Umweltbelastungen nötig. Ein wohldefiniertes Stadt-Verkehr-Management kann hierfür erfolgversprechend genutzt werden, wenn sich planerisches und unternehmerisches Handeln sinnvoll ergänzen."

Güterverkehr in den Städten bündeln

Unter dem Gesichtspunkt der Innovation, des Modellcharakters, des Praxisbezugs und der zu erwartenden Umweltentlastung hatte sich ein Gutachtergremium mit insgesamt elf Projektanträgen auseinandergesetzt. Zu den von ihm förderungswürdig definierten Projekten gehört CLOU (City-Logistik Ulm). Mit ihm wollen die Internationale Spedition Noerpel sowie die Spedition Botzenhart + Bosch den innerstädtischen Verkehr in Ulm durch Einrichtung einer Dispositions- und Kommunikationszentrale zur Steuerung des Gütertransportes bündeln. Der Clou an CLOU: Neben der zentralen Disposition soll auch für die unmittelbare Transportdurchführung der angemeldeten Sendung Sorge getragen werden, sollen aufgrund von Bündelungseffekten Leerfahrten vermieden werden, werde ein wirtschaftlicher Betrieb der Gesellschaft erwartet. Auch die Einzelhändler der Innenstadt sollen in die Zentraldisposition einbezogen werden. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt stellt für dieses Projekt knapp 600.000 Mark zur Verfügung.

Kilometer sparen in der Möbelbranche

Neue Wege will auch die Spedition Siegmann in Bopfingen in Baden-Württemberg gehen. Mit einem Volumen von über 100.000 Mark fördert die Osnabrücker Stiftung ihren Versuch, durch umweltorientierte Logistikstrukturentwicklung in der Möbelbranche Lkw-Kilometer zu sparen und damit sowohl unter ökologischen als auch ökonomischen Bedingungen zu einer Verbesserung der gegenwärtigen Situation beizutragen, die speziell in dieser Branche zur Zeit von hoher Kilometerleistung bei geringer Verteilleistung gekennzeichnet sei.

Transportalternative Bahn

Mit über 200.000 Mark gefördert wird die Firma Meyer & Scheidle, die von Langweis am Lech in Bayern aus Containertransporte durchführt. Ihr Ansatz sei es, das Argument zu widerlegen, der Lkw sei die preiswerteste und terminsicherste Transportmethode. Mit einer neuen Kessel-Container-Technik soll vor allem für pulverförmige Baustoffe eine Transportalternative angeboten werden, die durch eine maximale Nutzung der Bahnressourcen zu einer minimalen Restnutzung der Straßen führen solle. Insgesamt sollten 3.700 Lkw-Fahrten pro Jahr und damit rund 1,4 Millionen Straßenkilometer gespart werden. Bei einer bundesweiten Einführung sei mindestens mit einer Verfünffachung dieses Wertes zu rechnen.

Handbuch für die Spediteurspraxis

In einem Gemeinschaftsprojekt wollen das Institut für angewandte Verkehrs- und Tourismusforschung in Heilbronn (Baden-Württemberg) und das Institut für Ökologie und Unternehmensführung an der European Business School Oestrich-Winkel in Hessen Abhilfe für einen oft beklagten Mangel schaffen. Ein mit Experten und Praxisvertretern entwickeltes Handbuch "Ökologieorientiertes Transportmanagement" soll möglichst umfassend umsetzbare Verhaltensmaßnahmen für die alltägliche Arbeit in Speditionen liefern. Um zu einer möglichst effizienten Umsetzung eines ökologieorientierten Transportmanagements zu kommen, fehle es zur Zeit an konkreten Rahmenbedingungen. Spezifische Umweltaspekte, die die Speditionen und Transportbetriebe betreffen, seien zwar in vielen wissenschaftlichen Ausarbeitungen ansatzweise vorhanden, es fehlten jedoch Checklisten zur Untersuchung des Status quo sowie konkrete, praxisnahe Handlungsanweisungen für ein ökologieorientiertes Handeln. Finanzielle Unterstützung der Stiftung: fast 420.000 Mark.

Modellprojekt Umweltentlastende City-Logistik

Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) wurde ausgewählt als Pilotprojekt zur Verwirklichung einer umweltentlastenden City-Logistik. Das Projekt, durch das zu einer erheblich besseren Verkehrssituation in der Stadt beigetragen werden soll, wird mit über 500.000 Mark von der Osnabrücker Stiftung gefördert. Ein umsetzungsfähiges Konzept wird deshalb als wichtig angesehen, weil sich in diesem bedeutendsten Wirtschaftszentrum des Landes in den vergangenen drei Jahren die Motorisierung fast verdoppelt habe, die Benutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs dagegen um über 20 Prozent zurückgegangen sei. Die Zulassung neuer Lkw sei von 1992 auf 1993 von 5.424 auf 9.313 Fahrzeuge gestiegen, am innerstädtischen Gesamtverkehr habe der Binnenverkehr einen Anteil von rund 80 Prozent.

Leit- und Verkehrssysteme

In Nordrhein-Westfalen sind es zwei Projekte, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert werden: das Fraunhofer Institut für Materialfluß und Logistik in Dortmund für Konzeption und Aufbau eines Leitsystems zur Steuerung, Disposition und Kontrolle überregionaler, fahrzeuggestützter Transporte (567.000 Mark) und die Firma Ackermann Fruehauf in Kerpen für ein biomodales Verkehrssystem für den Transport von gekühlten Lebensmitteln (fast 400.000 Mark). Beim ersten Projekt soll vom Standort Osnabrück in Niedersachsen aus eine Gütertransportlogistik aufgebaut werden, die auf die besonderen Anforderungen des verkehrsträgerübergreifenden Transports - Schiene, Straße, Schiff - eingeht, wodurch eine Verringerung der Transportkilometer auf der Straße und damit eine Entlastung der Umwelt bei gleichzeitiger Erhaltung der Wirtschaftlichkeit bewirkt werden soll. Das zweite Projekt soll erhebliche Lkw-Kilometer sparen, indem gekühlte Güter mit einem Sattelanhänger, der gleichermaßen für den Straßen- und den Schienentransport genutzt werden kann, termingenau im kombinierten Straßen/Bahn-Wechselverkehr angeliefert werden.