231 Millionen Euro aus DBU-Topf flossen nach Mitteldeutschland

1.257 umweltschonende Ideen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gefördert

Dresden/Erfurt/Magdeburg. Für eine „neue Balance zwischen den Wünschen des Einzelnen und dem, was die Erde aushält“, hatte sich unlängst Bundespräsident Horst Köhler ausgesprochen. Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Berlin forderte das Staatsoberhaupt vor allem, in den Industrieländern „entschlossen gegenzusteuern“, um etwa die Folgen des Klimawandels möglichst erträglich zu gestalten, aber auch die Chancen deutscher Umwelttechnik als Exportschlager zu sichern und zu erhöhen. Ein Credo, das sich die DBU seit ihrer Gründung 1991 auf die Fahnen geschrieben hat. Über 6.600 Projekte wurden mit fast 1,2 Milliarden Euro gefördert. In Mitteldeutschland insgesamt wurden 1.257 Projekte mit rund 231 Millionen Euro unterstützt: in Sachsen 663 mit 117 Millionen, in Sachsen-Anhalt 281 mit 49 Millionen und in Thüringen 313 mit 65 Millionen Euro.

Halle, Weimar, Dresden und Leipzig - Spitzenreiter in Mitteldeutschland

Zahlen, von denen sich DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde stark beeindruckt zeigte: „Aus Mitteldeutschland kamen und kommen viele innovative, umweltschonende Ideen. Diesen Weg gilt es, weiter zu gehen." Als besonders einfallsreich erwiesen sich in Sachsen-Anhalt bisher Halle (12,6 Millionen Euro Fördergelder für 45 Projekte), in Thüringen Weimar (6,9; 41). In Sachsen gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Dresden (23,9; 168) und Leipzig (23,6; 115).

Der von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderte Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich (Thüringen) gewährt Besuchern einen phantastischen Ausblick.
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Landwirtschaft und Natur in Einklang - der Rotmilan in Sachsen-Anhalt 

Rotmilane haben es gerne übersichtlich. Die seltenen Greifvögel mögen offene Landschaften, in denen sie Mäuse und Feldhamster gut aus der Luft erspähen können. Besonders wohl fühlt sich der "Vogel des Jahres 2000" in Sachsen-Anhalt, genauer im europäischen Vogelschutzgebiet Hakel im Harzvorland. Doch er und andere bedrohte Vögel haben dort starke Konkurrenz: die Landwirtschaft. Deshalb erarbeiteten Naturschützer, Wissenschaftler und Landwirte gemeinsam ein Konzept, um im Hakel die biologische Vielfalt zu sichern. Die DBU unterstützt das Projekt mit rund 750.000 Euro. Ziel des vom Landschaftspflegeverband Grüne Umwelt aus Altenweddingen angestoßenen Projekts: die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, ohne dabei die Landwirtschaft aus den Augen zu verlieren. Gemeinsam mit dem Institut für Zoologie der Universität Halle-Wittenberg und landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort werden Maßnahmen erarbeitet und erprobt, die Mensch, Tier und Pflanzenwelt im über 6.000 Hektar großen Hakel zugute kommen. "Seit den neunziger Jahren hat sich die Bewirtschaftung stark verändert", erklärt Brickwedde. "Die Vielfalt der angebauten Kulturen hat abgenommen, die Ackerflächen sind größer geworden, und die Nischen für die heimische Tier- und Pflanzenwelt sind zurückgegangen." Nun sollen zum Beispiel 17 Kilometer Feldhecken oder der Anbau vieler verschiedener Fruchtarten dabei helfen, Greifvögel, Niederwild und Feldhamster zu schützen. Dabei werden die Auswirkungen jeder Maßnahme auf die Wirtschaftlichkeit der bäuerlichen Betriebe geprüft.

Der seltene Rotmilan, "Vogel des Jahres 2000", fühlt sich im Vogelschutzgebiet Hakel in Sachsen-Anhalt besonders wohl. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert ein Projekt zum Schutz des bedrohten Greifvogels mit 750.000 Euro.
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Unterwegs im Dach des Waldes

„Die Wirkung einer Tour durch den Baumkronenpfad des Nationalparks Hainich auf den Besucher ist zweifelsfrei einmalig,“ ist sich Brickwedde sicher. In dem thüringischen Nationalpark können Besucher seit einiger Zeit auf einem Weg – 25 Meter über dem Boden – durch die Baumkronen des Buchenwaldes flanieren. „Das ermöglicht Einblicke in den Organismus und den Lebensraum Baum, wie man ihn sonst als Mensch nicht erlangen kann,“ so Brickwedde. Der Pfad sei durch einen Fahrstuhl auch für Gehbehinderte gut erreichbar und an die Wanderwege angebunden. Der Nationalpark hat seit dem von der DBU mit 600.000 Euro gefördertem Bau des Baumkronenpfades einen Besucheransturm erlebt. Die Zahl der Besucher stieg 2006 auf 385 000 – 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Im Mittelpunkt des 300 Meter langen Baumkronenpfades des Nationalparks Hainich: der Treppentum mit Aufzug, der einen einzigartigen Blick über die Baumwipfel ermöglicht.
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Umweltkommunikation einmal anderes

In Lauterbach und damit in der Nähe des Parks förderte die DBU auch eine neue Kombination von Jugendherberge und Nationalparkhaus, die besonders junge Menschen in ihrem veränderten Konsum- und Freizeitverhalten ansprechen soll. "Der Aufenthalt junger Besucher in Jugendherbergen ist der ideale Ansatzpunkt für Umweltbildungsaktivitäten. Wenn der Standort dann noch nah an einem Großschutzgebiet liegt, finden sich ideale Voraussetzungen, um jungen Menschen Naturschutz zu vermitteln," so Brickwedde. Themen wie Konsum, Fitness, Entspannung und Ernährung werden in der Anlage des Deutschen Jugendherbergswerk (DJH) in einen Zusammenhang mit der Umwelt gestellt. Mit dem "Urwald-Life-Camp" ist ein Jugendtreff für die gesamte Region entstanden. Veranstaltungen sollen demnächst auch in der "Urwald-Life-Arena" oder dem "Firetalk-Café" stattfinden. In der "Urwald-Life-Oase" oder im Hängemattenpark wird man sich entspannen können. Wissenstransfer in den Alltag wird es im "Wald der Erkenntnis" und in Baumhäusern oder Erdhöhlen geben.

Mit der Kraft der Sonne - Solaranlagen aus Vakuumröhren 

Wer dort die Natur lieben gelernt hat, will möglicherweise auch im Alltag seinen Beitrag zu ihrem Schutz leisten. Die meisten Probleme macht der Mensch ihr mit seinem großen „Energie-Hunger“. „Dabei liefert allein die Sonne täglich genug Energie, um den Bedarf in Deutschland 80-mal zu stillen. Sie ist eine schier unerschöpfliche Energiequelle,“ so Brickwedde. Doch ihre Wärme zu nutzen, ist immer noch vergleichsweise teuer. Hohe Produktionskosten führten bislang dazu, dass sich viele Hersteller nicht für die wirkungsvollere Solaranlagentechnik aus Vakuumröhren entschieden, sondern günstigere sogenannte Flachkollektoren produzierten. Die Firma Narva Lichtquellen schafft jetzt die Voraussetzung, um Sonnenlicht noch besser zu nutzen: Mit finanzieller Unterstützung der DBU von insgesamt 295.000 Euro entwickelte sie einen konkurrenzfähigen und effizienteren Sonnenkollektor aus Vakuumröhren. Die Firma ersetzt in ihrem neuen Produktionsverfahren teures „Borosilikatglas“ gegen gewöhnliches "Kalknatronglas" (Fensterglas). „Damit das aber nicht trüb wird, wie man es aus Gläsern in der Spülmaschine kennt, haben wir es danach beschichtet,“ so Narva-Geschäftsführer Dr. Gerhard Mientkewitz, „gleichzeitig vermindern wir dadurch die Reflexionsverluste und steigern damit die Effizienz der Kollektorröhren.“ Für den vakuumdichten Verschluss der Kollektorröhre entwickelten die Narva-Mitarbeiter außerdem eine neuartige Glas-Metall-Verbindung. Der sächsische Mittelständler spart mit diesen Innovationen 20 Prozent Materialkosten und steigert den Energieertrag im Vergleich zu anderen Röhrenkollektoren. „Außerdem schaffte Narva mit der Technik auch 13 neue Arbeitsplätze“, so Brickwedde.

Mit Hilfe von Solarenergie können Hausbesitzer auch Wasser erwärmen und heizen. Das sächsische Unternehmen Narva Lichtquellen entwickelte jetzt mit Hilfe der Deutschen Bundesstiftung Umwelt die Sonnenkollektoren weiter: Die Vakuumröhren können kostensparender produziert werden und sind effizienter als vergleichbare Produkte.
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Ökologie und Ökonomie im Einklang

"Diese umwelt- und ressourcenschonenden Projekte und Verfahren sind nur einige von vielen, die zeigen, dass sich Ökologie und Ökonomie nicht ausschließen", betont Brickwedde. Die Stiftung freue sich, wenn sie auch in Zukunft viele derartig hervorragende Projektideen vorgeschlagen bekomme. Denn die stärkten nicht nur der gebeutelten Umwelt den Rücken, sondern auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Die DBU fördere deshalb seit Jahren die Kreativität kleiner und mittlerer Unternehmen bei der praktischen Lösung von Umweltproblemen und gebe Anreiz für ökologische Innovationen in diesen Betrieben. Brickwedde: „Die Umweltstiftung setzt durch die Förderung umwelt- und gesundheitsfreundlicher Produktionsverfahren auf einem vorbeugenden und integrierten Umweltschutz. Sie mindert das Einstiegsrisiko für Unternehmen in umweltschonendere Produktionstechniken und fördert, was die Umwelt direkt und praktisch schützt.“ Gleichzeitig unterstütze sie Kooperationsprojekte in der Anwendung von Umwelttechnik und den Austausch von Wissen über die Umwelt zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und anderen öffentlichen oder privaten Stellen. Sie fördere Naturschutzvorhaben, die Lebensräume wildlebender Arten schützten sowie einer natürlichen, standortspezifischen Vielfalt und einer nachhaltigen Nutzung von Arten und Ökosystemen dienten.

Das DBU-Verwaltungsgebäude in Osnabrück.
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Größte Umweltstiftung der Welt 

Die DBU ist eine der größten Stiftungen Deutschlands, in Sachen Umwelt die größte der Welt. Die Stiftung vergibt jährlich den mit 500.000 Euro dotierten Deutschen Umweltpreis, der zugleich der höchstdotierte Umweltpreis Europas ist.