Digitale Technologien in der Landnutzung

Digitale Technologien drängen immer mehr in unseren Alltag. Während sie heute in vielen Unternehmen und Branchen bereits tief verwurzelt sind, durchdringen sie zunehmend auch andere Bereiche, wie den Umweltschutz.

Richtig eingesetzt können digitale Technologien dazu beitragen, dass umweltfreundliche Praktiken befördert werden. So vielfältig die Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Landnutzung auch sind, wird dieser Baustein vor allem auf die Möglichkeiten in der Waldwirtschaft und dem Naturschutz schauen, das heißt, dass Themen wie die Landwirtschaft ausgeklammert und separat in einem späteren Baustein aufgegriffen werden.

Digitale Lösungen für die Waldwirtschaft: Nachhaltigkeit trifft Technologie

Wälder sind nicht nur natürliche CO2-Speicher und essenziell für die Biodiversität, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Doch der aktuelle Zustand der deutschen Wälder ist alarmierend: Steigende Temperaturen, anhaltende Dürreperioden, Stürme und Schädlingsbefall setzen ihnen massiv zu. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL, 2024) sind vier von fünf Bäumen krank. Die Konsequenzen sind nicht nur ökologischer Natur, sondern auch ökonomischer, da sie die Forstwirtschaft und damit zahlreiche Unternehmen betreffen, die auf eine stabile Holzproduktion angewiesen sind.

Waldwirtschaft im Wandel: Warum digitales Denken gefragt ist

Die Forstwirtschaft steht vor der Herausforderung, den Wald zukunftsfähig zu gestalten. Er muss widerstandsfähiger gegen Klimaveränderungen werden und gleichzeitig seine wirtschaftliche Funktion erfüllen. Hier bietet die Digitalisierung innovative Lösungen, um eine nachhaltige, effiziente und resiliente Bewirtschaftung zu ermöglichen. Folgende Technologien helfen dabei:

  1. Datengetriebenes Waldmanagement
    Drohnen und Satellitenbilder ermöglichen eine detaillierte Kartierung von Wäldern. Dies bildet eine gute Basis für beispielsweise Renaturierungsmaßnahmen, wie sie das DBU Naturerbe vornimmt. Außerdem können forstwirtschaftliche Betriebe durch präzisere Bestandsanalysen fundierte Entscheidungen treffen und ihre Forststrategie langfristig optimieren.
  2. KI-gestützte Früherkennung von Schädlingen
    Sensoren und digitale Überwachungssysteme identifizieren frühzeitig Schädlinge und Krankheiten. Durch automatisierte Analysen können Gegenmaßnahmen effizient geplant werden, bevor größere Verluste entstehen.
  3. Effiziente Holzernte durch smarte Logistik
    Digitale Tools optimieren Transportwege und Ernteprozesse. Beispielsweise lassen sich durch Echtzeit-Datenanalyse Routen dynamisch anpassen. Zum Beispiel können Wege, die durch starken Niederschlag schlammig geworden sind und nicht passiert werden können, umfahren werden. Dies reduziert nicht nur Kosten, sondern schont auch das Ökosystem.
  4. Wissenstransfer und Vernetzung in der Branche
    Digitale Plattformen ermöglichen einen schnellen Austausch zwischen Waldbesitzer*innen, Forstunternehmen und Wissenschaftler*innen. Good Practices, neue Forschungsergebnisse und wirtschaftliche Strategien können so zielgerichtet verbreitet werden.
  5. Smarte Waldplanung per App
    Moderne Apps unterstützen Forstverantwortliche bei der langfristigen Planung. Von der optimalen Bepflanzung bis zur nachhaltigen Nutzung helfen datenbasierte Empfehlungen, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Die Anwendungsbeispiele zeigen, dass die Zukunft der Forstwirtschaft eine digitale ist. Akteure, die jetzt auf intelligente Technologien setzen, steigern nicht nur ihre Effizienz, sondern leisten auch einen entscheidenden Beitrag zum Umweltschutz. Digitale Innovationen helfen dabei, Wälder widerstandsfähiger zu machen und wirtschaftliche Potenziale intelligent zu nutzen. Der Wandel ist unausweichlich – es ist an der Zeit, ihn aktiv mitzugestalten (u. a. Mittelstand Digitalzentrum Ländlicher Raum, 2024).

Digitalisierung im Naturschutz

​Die Digitalisierung eröffnet auch im Naturschutz vielfältige Möglichkeiten, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat hierzu ein ausführliches Papier vorgelegt, welches hier abgerufen werden kann.  Folgende Potenziale ergeben sich laut BfN aus dem Einsatz von digitalen Technologien im Naturschutz:

  1. Effiziente Datenerhebung und -analyse
    Wie schon bei der Waldwirtschaft helfen Technologien wie Drohnen und Sensoren dabei eine präzise Erfassung von Umweltparametern zu gewährleisten. Dies erleichtert das Monitoring von Arten und Lebensräumen und unterstützt fundierte Entscheidungen im Naturschutz.​ Gerade durch Drohnen können minimal invasive Monitoringmaßnahmen erfolgen. Beispielsweise kann die Steinadlerpopulation im Gebirge mithilfe von Drohnen fast ungestört beobachtet werden.
  2. Erleichterte Datenerhebung
    KI-Systeme unterstützen die verschiedenen Naturschutzakteure bei der Erfassung von Umweltdaten, insbesondere im Bereich Citizen Science (siehe Baustein). Auf Plattformen wie iNaturalist, PlanNET oder Floca Icognita können Bürger*innen Bilder hochladen, die dann mithilfe von KI automatisiert Arten erkennen, wodurch die Datenbasis für die Wissenschaft sich stetig verbessert (Franzen et al. 2021; Lemmens et al. 2021).
  3. Erschließung neuer Datenquellen
    KI ermöglicht die Nutzung großer Datenmengen aus digitalen Sammlungen, Sensoren Fernerkundung und Social-Media-Postings für den Naturschutz (Boukabara et al. 2021). Maschinelles Lernen hilft, komplexe und unstrukturierte Datenmengen zu analysieren und neue Muster zu erkennen. Diese Techniken werden bereits erfolgreich in der Klimamodellierung und Biodiversitätsforschung eingesetzt.
  4. Überwachung von Maßnahmen und Umweltzielen
    Durch KI-gestützte Analysen von Satelliten- und Drohnendaten können Umweltveränderungen effizient überwacht werden. Der Einsatz von KI im Rahmen des EU Green Deals und der Agrarpolitik wird diskutiert, um Schutzmaßnahmen und deren Einhaltung zu verbessern. Entscheidend ist die Entwicklung von standardisierten Kennzahlen und Messgrößen, um Umweltziele anhand dieser Parameter gezielt zu steuern (Martini et al. 2021, Rana et al. 2019).

Was es mitzudenken gilt

Die Digitalisierung im Naturschutz bietet zahlreiche Chancen, bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich, die sorgfältig abgewogen werden müssen. Ein zentrales Risiko ist der Datenmissbrauch: Die Erfassung und Verarbeitung großer Datenmengen ermöglicht zwar präzisere Analysen, stellt jedoch hohe Anforderungen an den Schutz sensibler Informationen. Ohne klare Datenschutzrichtlinien und Sicherheitsmaßnahmen besteht beispielsweise die Gefahr, dass hochauflösende Fotos von Grundstücken, die von Mikrosatelliten aufgenommen werden, öffentlich zugänglich sind. Hier besteht die Gefahr, dass sie missbräuchlich genutzt werden.

Zudem besteht die Gefahr einer zunehmenden Technologieabhängigkeit. Naturschutzorganisationen und Behörden könnten sich so stark auf digitale Systeme verlassen, dass technische Ausfälle oder Cyberangriffe ganze Überwachungs- und Schutzmaßnahmen beeinträchtigen. Eine zu einseitige Abhängigkeit von KI-gestützten Technologien könnte in Krisensituationen, in denen schnelle manuelle Eingriffe erforderlich sind, zu erheblichen Problemen führen, wenn beispielsweise die Stromversorgung oder die Funkverbindungen unterbrochen sind.

Ein weiteres Risiko ist der Verlust traditioneller Kenntnisse. Während moderne Technologien neue Möglichkeiten eröffnen, könnten bewährte Methoden und lokales Wissen zunehmend in den Hintergrund rücken. Die Gefahr besteht, dass generationsübergreifende Erfahrungen und praxisnahe, erprobte Techniken nicht mehr weitergegeben werden und somit langfristig verloren gehen. Um eine nachhaltige und verantwortungsvolle Digitalisierung im Naturschutz zu gewährleisten, ist es daher essenziell, digitale Innovationen mit traditionellen Ansätzen sinnvoll zu verknüpfen.

Quellen:

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL, 2024): Erebnisse der Waldzustandserhebung.

Bundesamt für Naturschutz (BfN, 2023): Digitalisierung im Naturschutz. BfN Schriften 656.

Boukabara, S.-A., Krasnopolsky, V., Penny, S. G., Stewart, J. Q., McGovern, A. und Hall, D. et al. (2021): Outlook for Exploiting Artificial Intelligence in the Earth and Environmental Sciences. Bulletin of the American Meteorological Society 102 (5): E1016–E1032. DOI: 10.1175/BAMS-D-20-0031.1.

Franzen, M., Kloetzer, L., Ponti, M., Trojan, J. und Vicens, J. (2021): Machine Learning in Citizen Science: Promises and Implications. In: Vohland, K., Land-Zandstra, A., Ceccaroni, L., Lemmens, R., Perelló, J. und Ponti, M. et al. (Hrsg.): The Science of Citizen Science. Springer International Publishing. Cham: 183–198.

Lemmens, R., Antoniou, V., Hummer, P. und Potsiou, C. (2021): Citizen Science in the Digital World of Apps. In: Vohland, K., Land-Zandstra, A., Ceccaroni, L., Lemmens, R., Perelló, J. und Ponti, M. et al. (Hrsg.): The Science of Citizen Science. Springer International Publishing. Cham: 461–474

Martini, M., Ruschemeier, H. und Kolain, M. (Hrsg.) (2020): Erforderlichkeit und Ansätze zur Regulierung algorithmenbasierter Entscheidungsprozesse aus Umweltsicht: Gutachten im Auftrag des Umweltbundesamtes. 84 S.

Rana, P. und Miller, D. C. (2019): Machine learning to analyze the social-ecological impacts of natural resource policy: insights from community forest management in the Indian Himalaya. Environmental Research Letters 14 (2): 24008. DOI: 10.1088/1748-9326/aafa8f.

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