Zusammenfassung
Titel: Auswirkungen urbaner PM2.5-Nanopartikel auf menschliche Gehirnorganoide: Implikationen für neurodegenerative Erkrankungen und Umweltgesundheit
Hintergrund: Feinstaub (PM2.5) ist ein wesentlicher Bestandteil der Luftverschmutzung und wird zunehmend mit neurodegenerativen sowie kardiovaskulären Erkrankungen in Verbindung gebracht. Aufgrund ihres kleinen aerodynamischen Durchmessers (<2,5 µm) können PM2.5-Partikel biologische Barrieren überwinden, das Gehirn erreichen und dort zelluläre Schäden verursachen. Die zugrunde liegenden toxischen Mechanismen sind jedoch insbesondere in stark belasteten Regionen mit begrenzter Forschungsinfrastruktur bisher wenig verstanden.
Methoden: Zur Modellierung einer durch PM2.5 verursachten Hirntoxizität wurden menschliche Gehirnorganoide aus induzierten pluripotenten Stammzellen erzeugt. Diese repräsentieren sowohl ein frühes neuroentwicklungsbezogenes Stadium (Tag 30) als auch ein frühes neurodegeneratives Stadium (Tag 60). Die Organoide wurden 14 Tage lang einer Konzentration von 50 µg/mL PM2.5 aus Prishtina ausgesetzt, das hauptsächlich aus Emissionen des städtischen Verkehrs stammt. Die PM2.5-Partikel wurden durch methanolbasiertes Waschen aus Luftfiltern extrahiert, wodurch die in den Filterfasern eingeschlossenen Partikel effektiv gelöst wurden. Da Methanol für Zellen und Gewebe toxisch ist, wurde es vollständig durch steriles Trocknen entfernt. Die getrockneten Partikel wurden anschließend in Kulturmedium resuspendiert und mithilfe von Ultraschall (35–40 kHz) homogenisiert, um eine gleichmäßige Verteilung für die biologische Exposition zu gewährleisten. Der oxidative Stress wurde mit einem ROS-Fluoreszenztest gemessen, die Expression des Stressproteins BAG3 mittels Western Blot analysiert.
Ergebnisse: Im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe zeigten die PM2.5-behandelten Organoide signifikant erhöhte ROS-Werte (p < 0,05) sowie eine Reduktion der BAG3-Expression um 40 bis 50 Prozent. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass PM2.5 die zellulären Schutzmechanismen beeinträchtigt und frühe neurotoxische Veränderungen auslöst. Weitere Analysen, darunter RNA-Sequenzierung, Immunfärbung für phosphoryliertes Tau und Beta-Amyloid sowie hochauflösende Mikroskopie, sind derzeit im Gange.
Ausblick: In der nächsten Phase wird dasselbe Experiment mit PM2.5 aus Obiliq wiederholt, einer Industriestadt im Kosovo, die stark durch Kohleverbrennung und Emissionen aus thermischen Kraftwerken belastet ist. Es wird erwartet, dass dieses PM2.5 ein anderes chemisches Profil als der städtische Feinstaub aufweist. Zur genaueren Charakterisierung werden chemische Analysen mittels Massenspektrometrie sowie physikalische Untersuchungen zur Partikelgrößenverteilung und zum Zeta-Potenzial durchgeführt.
Nach Abschluss der Gehirnorganoid-Experimente wird die Studie mit HL-1-Kardiomyozyten fortgesetzt, einer etablierten Herz-Zelllinie aus dem Mausvorhof. Diese Zellen werden mit denselben PM2.5-Konzentrationen behandelt wie die Organoide. Die Analysen umfassen die Messung von oxidativem Stress, Zellviabilität sowie die Expression wichtiger kardialer und entzündlicher Proteine. Alle dafür benötigten Materialien, einschließlich Zelllinie, Kulturmedium und Testkits, werden im Rahmen des NanoKos-Projekts bereitgestellt. Diese ergänzenden Experimente sollen das Verständnis der neurotoxischen und kardiotoxischen Effekte von PM2.5 vertiefen und Hinweise auf potenzielle systemische Gesundheitsauswirkungen liefern.