MOE-Fellowship

Moritz Adam

KĂŒnstliche BĂ€ume und nachhaltige Entwicklung: Simulation des Zielkonflikts zwischen der Entfernung von atmosphĂ€rischem CO2 und einer global gerechten Welt in einem gekoppelten Modell von Erd- und Gesellschaftssystem

Ohne die kĂŒnstliche Entnahme von atmosphĂ€rischem Kohlenstoffdioxid (Carbon Dioxide Removal, CDR) ist eine Stabilisierung der globalen ErderwĂ€rmung im Bereich der Pariser Klimaziele unerreichbar. Jedoch sind die Auswirkungen von großskaligem landbasiertem CDR im Erdsystem nur fĂŒr einen Teil der vorgeschlagenen AnsĂ€tze und potentiellen Konsequenzen untersucht. Fehlende Evidenz auf Basis gekoppelter und dynamischer Modellsimulationen des Erdsystems trĂ€gt entscheidend zur unvollstĂ€ndigen Wissensgrundlage bei. So existieren keine modellbasierten Studien, die mögliche durch CDR hervorgerufene oder verstĂ€rkte Landnutzungskonflikte in dynamischer AbhĂ€ngigkeit von Emissionspfad, CDR-Einsatz und -Potentialen, Klima und Landnutzungsdynamik untersuchen. Dabei bestimmen RĂŒckkopplungen zwischen diesen EinflussgrĂ¶ĂŸen beispielsweise die rĂ€umliche Verteilung der Konsequenzen von CDR wie dieAuswirkungen von FlĂ€chenkonversion auf BiodiversitĂ€t. In meinem Promotionsprojekt entwickle ich darum ein Modell, das Erdsystem- und Landnutzungsdynamiken von CDR rĂ€umlich explizit, zeitlich dynamisch und in AbhĂ€ngigkeit voneinander darstellt. Mit diesem gekoppelten Modellsystem untersuche ich das Potential fĂŒr und die maßgeblichen EinflussgrĂ¶ĂŸen von Zielkonfliktenzwischen CDR und nachhaltiger Entwicklung im Sinne des SDG-Schemas der Vereinten Nationen. Mein Fokus liegt dabei auf der rĂ€umlichen CDR-Verteilung und BiodiversitĂ€tsverlust als zentralen Aspekte global gerechter und nachhaltiger Entwicklung.

Im Rahmen der ersten Projektphase quantifiziere ich die Auswirkungen von CDR-Prozessketten mittels “kĂŒnstlicher Photosynthese” (artificial photosynthesis, AP-CDR) auf Klima, BiosphĂ€re und Landnutzung inklusiver möglicher PfadabhĂ€ngigkeiten. Die Basis dieser Studie bildet die erste Modellkomponente, die Darstellung einer Klasse von AP-CDR-AnsĂ€tzen in einem Erdsystemmodell (ESM). Die dabei genutzte rĂ€umlich und zeitlich dynamische ReprĂ€sentation von CDR in einem umfassenden ESM ist neuartig. So simuliere ich neben der Auswirkungvon Landnutzungsdynamik auf das Erdsystem auch die Kopplung von CDR und benötiger Energiegewinnung an Energie- und Massebilanzen. Auf Grundlage von Simulationen mit dem ESM kann ich zeigen, dass FlĂ€chenkonversion die direkten Auswirkungen von AP-CDR auf Klima und Kohlenstoffkreislauf ĂŒberwiegt, obwohl die angenommene Energiebereistellung durch Photo-voltaik regionale VerĂ€nderungen der Energiebilanz verursacht. Technologische Einflussfaktoren regionaler FlĂ€chenkonversion sind die Effizienz der AP-CDR-Prozesskette sowie die rĂ€umlicheVerteilung von großskaligem CDR zwischen Nationen und Regionen. In Zentraleuropa wĂ€re beispielsweise eine Konversion von 2.4 bis 17.6% der LandflĂ€che fĂŒr AP-CDR notwendig, je nach Szenario und technologischer Effizienz. Diese Konversion entspricht einer GrĂ¶ĂŸenordnung von bis zu 40% der landwirtschaftlich genutzten FlĂ€chen in der EuropĂ€ischen Union. Somit zeigt sich in meiner Modellstudie das Potential fĂŒr substantielle Landnutzungskonflikte selbst fĂŒr AP-CDR-AnsĂ€tze, die im Vergleich signifikant flĂ€cheneffizienter als die meisten anderen CDR-Methoden wie zum Beispiel Biomasse-basierte Technologien sind. Zugleich wird die Möglichkeit deutlich, durch hohe Effizienzen und optimierte Landnutzung das Potential fĂŒr Nutzungskonflikte und BiodiversitĂ€tsverlust zu reduzieren. Ambitionierte Dekarbonisierung ist jedoch in jedem Fall zentral zur Stabilisierung der ErderwĂ€rmung und Reduktion von CDR-Landnutzungskonflikten. Das zur Studie gehörende Manuskript ist zum Peer-Review eingereicht.

Unter BerĂŒcksichtigung der Ergebnisse meiner ersten Studie entwickle ich nun die zweite Modellkomponente, eine Darstellung von CDR-Landnutzungsdynamik. Hierbei baue ich insbesondere auf der Erkenntnis von FlĂ€chenkonversion als primĂ€rer Konsequenz der beispielhaften AP-CDR-Prozessketten auf. Ziel dieser Projektphase ist die Simulation dynamischer Landnutzungsentscheidungen fĂŒr/gegen den regionalen Einsatz von AP-CDR, wobei die ESM-Simulationen als einseitig gekoppelte Treiber der Landnutzungsdynamik dienen. Relevante EinflussgrĂ¶ĂŸen sind hier zum Beispiel CDR-Potentiale und CO2-Entnahmeraten. Die finale Phase meines Promotionsvorhabens wird sich dann darauf fokussieren ESM und Landnutzungsdynamik beidseitig zukoppeln und in Kombination zu evaluieren. Bei der Konzeption und Evaluation beschrĂ€nke ich mich auf akzeptanzbestimmende Parameter und BiodiversitĂ€tsverlust als Folge von LandnutzungsĂ€nderungen. Dies reduziert die KomplexitĂ€t der ohnehin umfassenden Modellimplementation. Zugleich bilden Akzeptanz und FlĂ€chenkonversion neben Konsten- und Energiebilanzen, sowie technologischer Skalierbarkeit maßgebliche Grenzen fĂŒr die Umsetzung von CDR. Die angestrebten Erkenntnisse sollen konkrete Empfehlungen fĂŒr vorausschauendes CDR-Managment sowie fĂŒr die Modellierung der Effekte von landbasiertem CDR auf das Erdsystem ermöglichen.


Übersicht

Förderzeitraum

01.07.2023 - 30.06.2026

Institut

UniversitĂ€t TĂŒbingen Fachbereich Geowissenschaften und Fachbereich Physik

Betreuer

Prof. Dr. Kira Rehfeld

Kontakt

Mail