MOE-Fellowship

Marlene EimterbÀumer

Kolleg Circular Economy: Aus der Sackgasse in den Kreislauf – Chancen und Herausforderungen von innovativen ProduktkreislĂ€ufen im Kontext privater Haushalte

Unser Planet hat Grenzen – Forschungen zeigen auf, dass durch das Einwirken menschlicher Gesellschaften auf den Planeten diese Grenzen ĂŒberschritten werden (vgl. IPCC 2021; Rockström et al. 2015). Mit dem Begriff „AnthropozĂ€n“ (vgl. Crutzen 2006) werden eine Reihe von Beobachtungen verbunden, die zeigen, wie stark menschliche Gesellschaften auf das Erdsystem eingewirkt haben. Beispielsweise wurde ermittelt, dass im Jahr 2020 die Masse an Plastik (8 Gt) das Doppelte der lebenden Biomasse (Meeres- und Landtiere) darstellen wĂŒrde (vgl. Elhacham et al. 2020).

FĂŒr das vorliegende Forschungsvorhaben ist vor allem interessant, welche Rolle die existierende anthropogene Masse fĂŒr eine nachhaltige Transformation von Produktions- und Konsumsystemen insbesondere im Kontext der Circular Economy spielt. AnsĂ€tze der Circular Economy zielen darauf ab, den negativen sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen des steigenden Absatzes entgegenzuwirken: Zum einen durch die VerlĂ€ngerung der Lebensdauer von Produkten und zum anderen durch das ZurĂŒckfĂŒhren von wertvollen Komponenten und Materialien in den Kreislauf (vgl. Ertz et al., 2019; Cooper, 2016). ZirkulĂ€res Wirtschaften bedeutet also nicht nur, neue zirkulĂ€re Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, sondern vor allem auch bestehende Infrastrukturen, GĂŒter und Materialien zu erhalten, weiter zu nutzen und zirkulieren zu lassen. Diese Thematik soll mit dem Fokus auf der materiellen (Über-)Ausstattung von Haushalten untersucht werden. Die AnhĂ€ufung von Materialien und GegenstĂ€nden, die die oben genannten Forscher:innen in Bezug auf unseren Globus belegt haben, kann auch in privaten Haushalten wiedergefunden werden. Diese Überausstattung fĂŒhrt dazu, dass eine Vielzahl an (noch gebrauchsfĂ€higen) GegenstĂ€nden und Materialien in privaten Haushalten lagern (vgl. Wilts et al. 2020; Arnold et al. 2012; Cherrier et al. 2010).

Das Lagern von Dingen ist umweltschĂ€dlich, da es die KreislauffĂ€higkeit von Produkten beeintrĂ€chtigt (vgl. Suarez et al., 2016). Produkte, die in privaten RĂ€umen gelagert werden, stehen weder fĂŒr die weitere Nutzung noch fĂŒr die Wiederverarbeitung zur VerfĂŒgung (vgl. Jaeger-Erben 2022, S. 8f., Arnold et al. 2012). Das Problem liegt hier also nicht nur in der „take-make-dispose“-MentalitĂ€t, die im Zusammenhang mit der Circular Economy oft zitiert wird (World Bank 2022, Elisha 2020), sondern auch in einem „take-make-get stuck-system“ (Jaeger-Erben 2022).

Das vorliegende Forschungsanliegen beschĂ€ftigt sich daher, ĂŒber das Konzept der Circular Economy hinaus, mit der Idee einer Circular Society, die das Verhalten der Menschen mit in den Wandlungsprozess einbezieht und damit das zirkulĂ€re VerstĂ€ndnis von der wirtschaftlichen auf die gesellschaftliche Ebene ĂŒbertrĂ€gt (vgl. Jaeger-Erben et al. 2019). Durch die Erkundung der ‚Sackgasse privater Haushalte‘ sowie durch die Exploration von Möglichkeiten zur ‚Zirkularisierung ungenutzter GegenstĂ€nde‘ soll das Forschungsanliegen zur Weiterentwicklung einer Theorie der Circular Society beitragen. Untersuchungsgegenstand sind Praktiken, durch die Materialien und GegenstĂ€nde aus der Sackgasse (LagerrĂ€ume, Keller, Dachböden) zurĂŒck in den Kreislauf gebracht werden können.

Die Forschung ist in zwei Schritte aufgeteilt: In dem ersten Schritt wird unter Anwendung von der innovativen Methode alltags- und haushaltsnaher Interviews (so genannter „Kellerinterviews“) sowie einer Reihe von Realexperimenten untersucht, welche GegenstĂ€nde aus welchen GrĂŒnden in privaten Haushalten lagern (Projekt 1) und welche Strategien und Praktiken genutzt werden, um Materialien und GegenstĂ€nde aus LagerrĂ€umen in den Kreislauf zu bringen (Projekt 2). In einem zweiten Schritt werden auf der Grundlage von diesen Informationen in einem Expert:innen Think Tank Ideen fĂŒr neue ProduktkreislĂ€ufe im Kontext privater Haushalte entwickelt (Projekt 3).

Bisherige Forschungen beschĂ€ftigen sich bereits mit dem Weitergeben (durch Verkauf, Spende oder Verschenken) von GegenstĂ€nden (vgl. Lehner et al. 2020; Sarigollu et al. 2020). Andere Forscher:innen (vgl. Arnold et al. 2012; Cherrier et al. 2010) untersuchen das Horten, Lagern und Ansammeln von GegenstĂ€nden und Materialien. Diese Themen, die bislang nur separat untersucht wurden, werden im vorliegenden Forschungsanliegen im Zusammenhang betrachtet. Dies ermöglicht sowohl die Wege als auch die Hindernisse des Weitergebens von Dingen zu untersuchen. Auf der Grundlage der Ergebnisse können Ideen fĂŒr innovative ProduktkreislĂ€ufe im Kontext von privaten Haushalten entwickelt werden.


Übersicht

Förderzeitraum

01.01.2023 - 31.08.2026

Institut

Brandenburgische Technische UniversitĂ€t Cottbus- Senftenberg FakultĂ€t fĂŒr Wirtschaft, Recht und Gesellschaft Fachgebiet Technik- und Umweltsoziologie

Betreuer

Prof. Dr. Melanie Jaeger-Erben

Kontakt

Mail