MOE-Fellowship

Jessica Weber

Kolleg-Energiewende: Chancen und Grenzen einer Mehrzieloptimierung bei der Standortsuche fĂŒr Erneuerbare EnergietrĂ€ger unter BerĂŒcksichtigung der „Sustainable Development Goals“ (SDGs)

Im Zuge der FlĂ€chensicherung fĂŒr Erneuerbare EnergietrĂ€ger werden vielfĂ€ltige Gebiete im Verlauf einer konsequenten Negativplanung ausgeschlossen (z. B. AbstĂ€nde zu Siedlungen und Brutvogelvorkommen). Dies fĂŒhrt allerdings auch zu Diskussionen ĂŒber die noch verbleibenden FlĂ€chen und zu der Frage, ob die energie- und klimapolitischen Ziele kĂŒnftig ĂŒberhaupt erreicht werden können. Besonders bei Windenergieanlagen an Land (WEA) fĂŒhrten Interessenskonflikte etwa mit dem Natur-, Wald- und Immissionsschutz nicht nur z. B. zu langen Verfahrensdauern, sondern auch zu einem starken Einbruch bei dem unter Klimaschutzaspekten erforderlichen Zubau an WEA und dem Ersatz von WEA frĂŒherer Generationen.

Die Zielsetzung dieses Promotionsvorhabens ist es, eine Modelllösung auszuloten, die EntscheidungstrĂ€ger und Verfahrensbeteiligte mit einem multikriteriellen Planungsansatz dahingehend unterstĂŒtzt, ausreichend FlĂ€chen fĂŒr die Energiewende zu identifizieren, die momentan an einem ‚wicked problem‘ – d.h. der Aushandlung und AbwĂ€gung vorliegender Nachhaltigkeitskonkurrenzen – im Zuge einer ĂŒberwiegenden Negativplanung scheitern. Dazu sollen ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Effekte bei der Standortsuche fĂŒr Erneuerbare EnergietrĂ€ger unter dem Schirm der Sustainable Development Goals(SDGs) betrachtet werden, sodass auch potenzielle Wohlfahrtswirkungen erfasst werden können. Um sich besonders der Frage der FlĂ€chenverfĂŒgbarkeit zu stellen, soll dabei herausgearbeitet und diskutiert werden, wie mit einem multikriteriellen (Nachhaltigkeitsplanungs-)Ansatz eine „Positivplanung“ besser vorangebracht werden kann, d. h. wenn die Erreichung konkreter, regionalisierter und kumulierter Ausbauziele Erneuerbarer EnergietrĂ€ger ebenso ‚fair‘ berĂŒcksichtigt wird wie ausschließende Planungsvorgaben.

Das Vorhaben gliedert sich an die Ergebnisse der „Handlungsfeldanalyse Windenergie“ der TU Berlin an, das durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wurde. Methodisch wird eine „Mehrzieloptimierung“ von mehreren SDGs vor dem Hintergrund unserer energie- und klimapolitischen Ziele verfolgt, einschließlich einer StĂ€rken- und SchwĂ€chenanalyse in einem solchen Kontext. Zielorientiert rĂŒckt mit diesem Planungsansatz das „Planerisch-Mögliche“ und damit der Fokus vom „Ob“ auf das „Wie“ einer Planung in den Vordergrund – und kann zu einem transparenteren Prozess mit einer grĂ¶ĂŸeren Zufriedenheit und Akzeptanz fĂŒhren (z.B. mit UmweltverbĂ€nden, Genehmigungsbehörden), insbesondere da auch die Standortplanung wieder zur stĂ€rkeren AbwĂ€gung/„Planung“ im eigentlichem Sinne gelangt.

In meiner Masterarbeit konnte in Kooperation mit der Regionalen Planungsstelle Havelland-FlĂ€ming (Brandenburg) ein erstes Modell zur multikriteriellen Analyse fĂŒr WEA in einem methodischen pre-Test erprobt werden (MCA-Modell, Multi Criteria Analysis). Anhand eines dreistufigen Aufbaus ist es das Ziel, das pre-Test-Modell methodisch auszuformulieren und soweit mit einem GIS-System zu entwickeln (1), dass fĂŒr die Windenergie an Land eine standortbezogene Blaupause evaluiert werden kann. Ebenso soll das Modell fĂŒr einen Vergleich hinsichtlich einer alternativen Zielerreichung mit höheren Anteilen von FreiflĂ€chen-Photovoltaik und Windenergie auf See erweitert werden, um die Frage eines optimierten EnergietrĂ€ger-Mixes im Ausbaupfad zu untersuchen („kumulative Effekte“) (2). Mit dem neuen derzeit erarbeiteten Raumordnungsplan fĂŒr die AWZ bietet es sich an, die drei Szenarien mit einem multikriteriellen Planungsansatz zu untersuchen und die Planungsphilosophien einer Negativ- bzw. Positivplanung auch fĂŒr die Windenergie auf See anzunĂ€hern (Szenario A: Traditionelle Meeresnutzung, Szenario B: Klimaschutz-Perspektive, Szenario C: Meeresnaturschutz). Dazu ist angestrebt, eine umfassende trans- und interdisziplinĂ€re Literatur- und SWOT-Analyse sowie ausgewĂ€hlte Stakeholder-GesprĂ€che durchzufĂŒhren. Im Ergebnis des Vorhabens soll ein aussagekrĂ€ftiges MCA-Modell entwickelt und hinsichtlich immanenter Chancen und Grenzen diskutiert werden (3).

Eine nachhaltige Standortsuche von WEA an Land und auf See sowie FreiflĂ€chen-Photovoltaik könnte so realisiert werden – mit Wissen um den positiven und negativen Fußabdruck auf die SDGs und um die energie- und klimapolitischen Ausbauziele zu erreichen. Das Vorhaben ist in das Kolleg:Energiewende der DBU zum Thema „Umwelt-soziale Fragen der Energiewende“ eingebettet.


Übersicht

Förderzeitraum

01.01.2021 - 31.12.2023

Institut

Technische UniversitÀt Berlin
FakultÀt VI Planen Bauen Umwelt
Fachgebiet UmweltprĂŒfung und Umweltplanung

Betreuer

Prof. Dr. Johann Köppel

Kontakt

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