Projekt 38303/01

Stakeholderdialog zur Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moore

Projektdurchführung

Agora Think Tanks gGmbH
Agora Agrar
Anna-Louisa-Karsch-Str. 2
10178 Berlin

Zielsetzung

Umweltrelevanz

Das Agrar- und Ernährungssystem kann einen substanziellen Beitrag zur Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 leisten. Innerhalb des Sektors ist eines der größten Minderungspotenziale die Wiedervernässung trockengelegter Moore, die heute landwirtschaftlich genutzt werden.
Landwirtschaftlich genutzte Moore und Anmoore umfassen nur knapp 7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland, aber ihre trockene Nutzung verursacht aufgrund der Mineralisierung der Torfböden etwa 40 % der gesamten THG-Emissionen aus der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Bodennutzung. Das THG-Minderungspotenzial einer Wiedervernässung von 80 % dieser Flächen liegt bei über 30 Mio. t CO2-Äquivalenten pro Jahr. Setzt man den CO2-Preis in einer üblichen Größenordnung von 60-195 €/t an, ergäbe sich aus der Moorwiedervernässung ein jährlicher volkswirtschaftlicher Nettonutzen in der Größenordnung von 1-4 Mrd. € (Grethe et al., 2021).

Transformationsherausforderung

Die Wiedervernässung von Mooren ist eine große Transformationsherausforderung. Trotz des geringen Anteils an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche sind ehemalige Moorböden in einigen Regionen Deutschlands die vorherrschende Bodenart und es gibt Betriebe, deren Fläche vollständig auf trockengelegten Mooren liegt. Die Trockenlegung und Neukultivierung der Moorstandorte in Deutschland war eine kulturhistorische, gesellschaftlich und politisch gewollte Leistung und dauerte bis weit in das 19. Jahrhundert an. Die heute erforderliche Wiedervernässung stellt einen erheblichen Einschnitt in die Nutzungsmöglichkeiten der heutigen Eigentümer*innen und Nutzer*innen von Moorböden dar.
Die Wiedervernässung muss daher einen langfristigen und gesamtgesellschaftlichen Ansatz verfolgen und verlangt eine enge Kooperation öffentlicher Institutionen mit Flächeneigentümer*innen und -nutzer*innen sowie Bewohner*innen in Moorgebieten. Angesichts der Größe der Herausforderung und der Relevanz des THG-Minderungsbeitrags ist eine ambitionierte nationale Moorschutzstrategie erforderlich, die eine weitgehende Wiedervernässung bis 2045 anstrebt. Wiedervernässung von Mooren bedeutet nicht, dass die Flächen nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar sind. Eine nasse Nutzung kann unter anderem durch den Anbau von Paludikulturen erfolgen.
Die Ampel-Koalition erkennt im Koalitionsvertrag die Bedeutung der Wiedervernässung von Mooren für den Klimaschutz an. Dennoch sind bisher weder konkrete Ziele zur Wiedervernässung in der erforderlichen Größenordnung vereinbart, noch sind hinreichende Politikinstrumente entwickelt oder erforderliche Institutionen geschaffen worden. In der vergangenen Legislaturperiode ist die Verabschiedung einer Moorschutzstrategie der Bundesregierung gescheitert.
Instrumente, die auf Anreize und Freiwilligkeit setzen, sind wichtige Elemente eines Politikmix für den Moorschutz, werden aber aufgrund der speziellen Herausforderungen (kollektives Handeln erforderlich; Sperrflächenproblematik) nicht annähernd ausreichen, um eine weitestgehend umfassende Wiedervernässung umzusetzen. Auch die Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz ist in ihrem Ambitionsniveau mit der Moorschutzstrategie des BMUV vergleichbar.

Zielsetzung

Mit dem hier beschriebenen Projekt bauen wir einen „Stakeholderdialog Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter Moore“ auf, der den Rahmen bietet, Interessen unterschiedlicher Stakeholder zu ermitteln und konkrete Ziele, Umsetzungsmöglichkeiten und Instrumente auszuhandeln.
Inhaltliche Schwerpunkte des Dialogs:
• Diskussion von Wiedervernässungszielen, dem erforderlichen Mix von freiwilligen und verpflichtenden Politikinstrumenten, wirtschaftlichen Potenzialen, die aus neuen Wertschöpfungsketten entstehen können und dem Zeitrahmen einer Moorschutzstrategie.
• Identifikation von Wissenslücken, die für eine Wiedervernässung von landwirtschaftlich genutzten Mooren relevant sind.
• Erarbeitung von möglichen Lösungskorridoren und Handlungsvorschlägen für die Politik.

Arbeitsschritte

Deutschlands Moore sind nahezu vollständig entwässert und verursachen erhebliche Treibhausgasemissionen. Eine weitreichende Wiedervernässung dieser heute trocken genutzten Moorflächen bis 2045 könnte die Emissionen deutlich reduzieren. Um die Wiedervernässung erfolgreich zu gestalten, muss es für die landwirtschaftlichen Familien, die teilweise seit vielen Generationen auf den Flächen wirtschaften, neue Nutzungsoptionen und Wertschöpfungsmöglichkeiten auch auf den wiedervernässten Flächen geben. Diese Optionen sind realistisch, da auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft der Bedarf an nachhaltiger Biomasse steigt. Ein Teil dieses Bedarfs kann durch Paludikultur von nassen Moorböden gedeckt werden. Dazu sind jedoch geeignete politische Rahmenbedingungen erforderlich.
Um Strategien zur Wiedervernässung und für den Aufbau von Wertschöpfungsketten für Biomasse aus Paludikultur zu entwickeln, hat Agora Agrar ein Projekt mit drei Elementen umgesetzt: (A) Einen Austausch mit unterschiedlichen Akteuren aus der Politik aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt, Bau und Wirtschaft, um Informationen und Gestaltungsoptionen der nassen Moornutzung zu diskutieren. Im Rahmen des Austausches wurden unter anderem finanzielle Anreize und Finanzierungsbedarfe für die Wiedervernässung von Mooren sowie Potenziale und politische Förderungsmöglichkeiten neuer Wertschöpfungsketten für Biomasse aus Paludikulturen diskutiert. (B) Den Aufbau eines Stakeholder-Netzwerkes innerhalb der Moorregionen und auf Bundesebene, um die regional häufig unterschiedlichen Herausforderungen, Chancen, Zielkonflikte und möglichen Herangehensweisen in den Moorregionen besser zu verstehen und sie in Stakeholderdebatten auf Bundesebene einfließen zu lassen. (C) Die Organisation der Fachveranstaltung „Klimaneutrale Baustoffe – eine Chance auch für die nasse Moornutzung“ im November 2024 in Berlin, an der Akteure aus Politik, Wirtschaft, Verbänden, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Praxis teilgenommen haben. Im Rahmen der Veranstaltung wurden sowohl die Potenziale von Paludikultur-Biomasse für die Bauwirtschaft als auch die politischen Handlungsspielräume beleuchtet, die neue Wertschöpfungsketten für die stoffliche Nutzung von Paludikultur-Biomasse im Bausektor ermöglichen und fördern können.

Fachveranstaltung „Klimaneutrale Baustoffe – eine Chance auch für die nasse Moornutzung“ im November 2024 in Berlin

Ergebnisse

Die Zielstellungen des im Projektantrag spezifizierten Dialoges konnten wir durch die Teilung in separate Formate aus unserer Sicht gut erreichen:
o Diskussion unterschiedlicher Politikinstrumente, die wirtschaftlichen Potenziale auf nassen Moorstandorten ermöglichen, damit neue Wertschöpfungsketten und Wirtschaftscluster entstehen können (Paludikulturen, Photovoltaik).
o Mögliche Lösungskorridore und Handlungsoptionen in Abstimmung mit Akteuren u. a. aus Landwirtschaft, Gartenbau, Baustoffwirtschaft entwickeln.

Öffentlichkeitsarbeit

Um Teil von lösungsorientierten Diskussionen zu sein, unsere Netzwerke zu stärken und mit relevanten Stakeholdern ins Gespräch zu kommen, haben wir zahlreiche Vorträge auf Veranstaltungen gehalten und das Thema in unterschiedlichen öffentlichen Formaten platziert. Darüber hinaus haben wir das Thema Moorwiedernässung und Wertschöpfungskettenaufbau für Paludikulturbiomasse in folgenden Publikationen aufgegriffen:

Lemke, N. & Hirschelmann, S. (2024): RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE WIEDERVERNÄSSUNG UND NUTZUNG VON MOOREN. Ein Mapping von Handlungsfeldern und Hebeln, Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe.

Uhl, T., Koppensteiner, W., Krabbe, K., Schäffer, S., Lemke, N. & Hirschelmann, S. (2024): MOORE IN DER RAUMORDNUNG – Bedeutung des Instruments Raumordnung für den Moorbodenschutz am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe.

Agora Agrar (2024): Agriculture, forestry and food in a climate-neutral EU, und Annex zur Studie, insbesondere Kapitel 4.6 zu “Agricultural peatlands”.

Agora Think Tanks (2024): Klimaneutrales Deutschland. Von der Zielsetzung zur Umsetzung.

Publikation: Lemke, N. & Hirschelmann, S. (2024): RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE WIEDERVERNÄSSUNG UND NUTZUNG VON MOOREN. Ein Mapping von Handlungsfeldern und Hebeln, Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe.Publikation: Uhl, T., Koppensteiner, W., Krabbe, K., Schäffer, S., Lemke, N. & Hirschelmann, S. (2024): MOORE IN DER RAUMORDNUNG – Bedeutung des Instruments Raumordnung für den Moorbodenschutz am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern, Greifswald Moor Centrum-Schriftenreihe.Publikation: Agora Agrar (2024): Agriculture, forestry and food in a climate-neutral EU, und Annex zur Studie, insbesondere Kapitel 4.6 zu “Agricultural peatlands”.Publikation: Agora Think Tanks (2024): Klimaneutrales Deutschland. Von der Zielsetzung zur Umsetzung.

Fazit

Agora Agrar ist Teil einer lösungsorientierten Debatte rund um die Wiedervernässung von Mooren und die Etablierung neuer Wertschöpfungsketten geworden. Wir hoffen durch unsere Arbeit wichtige Beiträge, sowohl zur Diskussion über politische Rahmenbedingungen als auch für die Konzeption möglicher Finanzierungsoptionen, z. B. im Rahmen einer Wiedervernässungsprämie zu liefern.
Wir werden mit den durch dieses Projekt aufgebauten Netzwerken auch zukünftig in engem und konstruktivem Austausch sein. Ein Schwerpunkt dieser Netzwerke ist die stoffliche Nutzung von Paludikultur-Biomasse, insbesondere im Bausektor. Paludikultur-Biomasse bietet die Möglichkeit, die Nachfrage nach klimafreundlichen Materialien zu decken und die Emissionen aus der Landnutzung deutlich zu reduzieren. Es besteht Interesse u.a. von Akteuren aus der Bauwirtschaft, aus Forschungseinrichtungen, NGOs und Verbänden die Zusammenarbeit zu verstärken. Agora Agrar wird das Thema weiter bearbeiten.

Übersicht

Fördersumme

124.937,00 €

Förderzeitraum

01.10.2022 - 31.12.2024

Bundesland

Berlin

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung