Projekt 37742/01

Less’n More

Projektträger

Ewald Neitsch GmbH
Sternstr. 102
20357 Hamburg
Telefon: 040/43 00 877

Zielsetzung

Die Fleisch- und Wurstproduktion schafft Wohlstand und Lebensniveau. Und leckeres Fleisch. In Deutschland seit über 70 Jahren sehr erfolgreich. Gleichzeitig schafft die Fleisch- und Wurstproduktion auch eine Reihe negativer Konsequenzen durch die Art, wie sie das tut. Für die Tiere, für die Umwelt und auch für die Gesellschaft. Es geht dabei um Stichworte wie Gesundheit der Konsumenten, Umweltbelastung durch Fleisch- und Futtermittelproduktion und es geht um das Wohl der Tiere. Sprich um ethische, ökologische, gesellschaftliche und auch wirtschaftliche Themen. All das hängt – kurzgefasst – zusammen mit der Menge an Fleisch, die hergestellt und konsumiert wird. Klimakrise und eine wachsende Bevölkerungszahl unterstreichen und verstärken die Bedeutung.

Das hier vorgestellte Projekt greift diese Thematik auf: Würde jeder Mensch seinen Fleischkonsum halbieren, kämen wir mehr Tierwohl und den Klimazielen deutlich näher. Punkt. Dieser Satz fasst all unsere Motivation für das Projekt zusammen. 2023 muss man nicht viel dazu erklären. Die Fakten und Bezüge sind bekannt.

Allerdings: Geht es um Genuss – so ist „Verzicht“ der Gegner, gegen den auch gute Gründe nicht ankommen. Mehr Tierwohl und mehr Klimaziele durch weniger Fleischkonsum? Die Umsetzung ist die Herausforderung. Und menschliches Verhalten. Ziel des Projektes war es daher, Würste zu entwickeln, die vollen Fleischgenuss mit nur halb so viel Fleisch aus artgerechter Haltung möglich machen.

Arbeitsschritte

Erstens. Will man Würste (Wiener & div. Bratwürste) mit nur der Hälfte an Fleisch herstellen, stellt sich die Frage, mit was man die restlichen 50% ersetzt: In einem ersten Schritt galt es, aus einer Vielzahl pflanzlicher Substitute die funktional passenden zu identifizieren. Darauf aufsetzend wurden verschiedene Probenreihen spezifischer Mischungen (pflanzlich/Fleisch) und in unterschiedlicher Substitutionsmenge (30-40-50%) durchgeführt, bis deren sensorische und konsistenzbezogene Akzeptanz den gestellten Ansprüchen "wie Wurst" entsprach (Geschmack, Sensorik, Konsistenz, Biss). Je Probenreihe gab es diverse Versuchsaufbauten, die die unterschiedlichen Anforderungen der Würste berücksichtigt haben. Intern zufriedenstellende Resultate wurden mit externen Probanden getestet.

Zweitens. Neben der Entwicklung von Würsten mit weniger, dafür aber mit besserem Fleisch höherer Haltungsstufen wurde die Marktverfügbarkeit von dem für Brühwürste nötigen Verarbeitungsfleisch in Haltungsform 3 und 4 geprüft: Wer stellt es zertifiziert (Haltungsform.de) her, wo ist ein Bezug für Dritte (außerhalb geschlossener Programmkreisläufe) möglich.

Drittens. Zielführende Kommunikation mit Endkunden. Durch strukturierte Kundeninterviews (qualitativ) wurden die relevanten Zielgruppen für solche Produkte ausgemacht und mit Blick auf die Kommunikation eruiert, was für sie zählt: Was ist nötig, um die Produkte zu verstehen? Was essenziell und was optimal? Welche Hürden gibt es und wie können sie abgebaut werden? Was sind „no-gos“ und was ist „absolutes Muss“?

Ergebnisse

Die gesteckten Ziele des Projektes wurden größtenteils erreicht:
• Diverse Brühwürste mit weniger und dafür besserem Fleisch aus höherwertiger Haltungsform und pflanzlichem Substitut wurden entwickelt.
• Die Marktverfügbarkeit von zur Wurst-Herstellung nötigem Fleisch besserer Haltungsform (3 & 4) wurde geprüft.
• Der Endkunde und sein Kaufverhalten mit Blick auf solch neuartige Produkte wurde analysiert und verstanden: Was bewegt ihn, was muss er verstehen, was sollte man tun/ was nicht.
• Die ursprüngliche Idee, neben der Entwicklung von fleischreduzierten Würsten auch die in der Kritik stehenden Inhaltsstoffe verarbeiteter Wurstwaren zu reduzieren, haben wir nicht geschafft. Die Entwicklung der Würste hat es uns an sich und auch durch die Dynamik der Coronapandemie zeitlich nicht ermöglicht, diesen Schritt anzugehen.

Es hat sich gezeigt, dass vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der Neuheit des Themas (fehlendes Wissen) der ursprüngliche Zeitplan zu ambitioniert war. Wir haben mehr Zeit benötigt, als ursprünglich geplant.

Mit Blick auf das Ziel, durch weniger Fleischeinsatz einen umweltrelevanten positiven Einfluss zu ermöglichen und durch den Einsatz von Fleisch aus besserer Haltungsform (3) einen positiven Einfluss auf die systemische Tierhaltung zu erzielen, ist das Projekt ein Erfolg.

Öffentlichkeitsarbeit

Das hiesige Projekt kann auf (großes) Interesse stoßen. Auch hier – ähnlich wie bei den Würsten – gibt es eine Bedingung: Man muss etwas mehr davon erleben, als nur die Story. Das war nicht nur unsere Meinung, sondern auch die Reaktion von diversen Medien, mit denen wir während des Projekts im Kontakt waren. Wir haben uns deswegen dazu entschieden, genauso wie bei den Würsten: Kommunizieren (und beißen), wenn alles rund und fertig ist. Mit der Finalisierung des Berichts laufen jetzt die Arbeiten an einer gemeinsamen Berichterstattung mit einem Projektpartner. Diese wird über diverse Verteiler sowohl der Presse als auch Unternehmen, Institutionen und der Öffentlichkeit in den kommenden Monaten zugänglich gemacht. Es folgen Teilnahmen an Fachveranstaltungen der Gastronomiebranche und der Entwicklungscommunity.

Fazit

„The future is already here - it’s just not evenly distributed.” Dieses Zitat von William Gibson fasst einen Kern des Projekts gut zusammen: Lassen wir die Teile, die wir aus verschiedenen Bereichen der Forschung, der Entwicklung, des Handwerks, des Managements etc. wissen, lassen wir verschiedene Begabungen, Technologien und Ressourcen zusammenfließen – dann kann Neues entstehen. Das ist kein Garant. Aber es ist eine Prämisse, die – wenn wir das vorurteilsfrei machen – eine gute Bedingung für eine bessere Zukunft liefert. So ist das auch in diesem Projekt gewesen.
„Vorurteilsfrei“? Ja, wir leben in einer Zeit, die von Kontroversen gezeichnet ist. Kontroversen, wie „wir“ als Gesellschaft, als globale Gesellschaft und nationale Gesellschaften mit den gegenwärtigen, vielfältigen Herausforderungen umgehen. Diese Kontroversen scheinen von Lagerbildung gezeichnet und nicht davon, wie vielfältige Bedürfnisse gleichzeitig realisiert werden können. Es wird nicht den one-best-way geben, die Herausforderungen zu lösen. Genauso wenig, wie es die eine Wurst gibt, die jedem schmeckt. Zum Glück. Kombinieren wir in dieser Offenheit, vorurteilsfrei was wir bereits haben und das, was wir entdecken, und sind bereit, manch tradierten Weg zu verlassen: Dann gibt es eine Chance, dass sich eine andere Zukunft manifestiert. Eine Zukunft, in der wir auch weiterhin mit Genuss ein "Würstel" essen können.

Wir sind begeistert von dem Resultat der hiesigen Würste und ihrem Impact.

Übersicht

Fördersumme

121.087,00 €

Förderzeitraum

08.12.2021 - 07.03.2023

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Landnutzung