Projekt 33496/01

„BioSchWelle“: Erprobung der Wellendämpfung durch lebende Inseln zur Erhöhung der Artenvielfalt in Gewässern

Projektdurchführung

Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen
Nienburger Str. 4
30167 Hannover

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Rahmen des Forschungsprojektes „BioSchWelle“ wird die Wellendämpfung durch Schilfgabione erprobt und zusätzlich der Beitrag der Inseln zur Erhöhung der Artenvielfalt in Gewässern bestimmt. Schwimmende Vegetationsstrukturen bieten in dem Zusammenhang großes Potential für technisch-biologische Lösungen auf Grund z.B. der Schutzwirkung an Uferböschungen, an denen sich mehr Vegetation ausbilden kann. Ferner bieten sie „Trittsteine“ für Pflanzen und Tiere zur Erhöhung der ökologischen Durchgängigkeit an Wasserstraßen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMethodisch wird die Wirkung der lebenden Insel anhand von Feldversuchen im Mittellandkanal und mittels Modellversuchen im Großen Wellenkanal des Forschungszentrums Küste untersucht und bewertet. Hierfür wird die Technik zur Initiierung von selbstschwimmenden Vegetationsbeständen u.a. produktionstechnisch (Materialien und mögliche Serienfertigung) und insbesondere für die Gebrauchstauglichkeit optimiert. Bei der Herstellung und Initiierung der Vegetationsstrukturen kommen hauptsächlich organische und verrottbare Materialien in Kombination mit lebenden heimischen Pflanzarten zum Einsatz. Auf diese Weise können sie als lange Linienelemente auf großen Streckenabschnitten in Kanälen und erheblich veränderten Gewässern eingesetzt werden. Im ersten Projektjahr wurden die Gabione produziert, bepflanzt und in einem Gewächshaus im Wasserbecken mit Umwälzung durch Pumpen gehalten, um eine möglichst lange Vegetationsperiode zu erzielen. Weiterhin wurden im ersten Projektjahr am Mittellandkanal Schiffspassagen erfasst und die Wellensysteme gemessen und analysiert, um die Generierung von Modellrandbedingungen im Großen Wellenkanal realitätsnah durchzuführen. Im zweiten Projektjahr wurden die Modelltests im Großen Wellenkanal durchgeführt. Dabei wurden akustische sowie kapazitative Wellenpegel, Motion-Tracking-Equipment, Inertiale Messeinheiten (engl. Inertial Measurement Unit) sowie Kameras eingesetzt. Durch die Tests konnte das Potential zur Wellendämpfung durch die lebenden Inseln quantifiziert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Zu Beginn des ersten Projektjahr wurden die einzelnen Gabionen erfolgreich mit Bewuchs versehen. Der Aufwuchs der Schilfgabione im selben Jahr war ein projektkritisches Element, da trotz schneller Produktion der Gabionskörbe mit dem Start der Projektlaufzeit die verbleibende Vegetationsperiode 2017 in der freien Natur nur noch sehr kurz war. Nach abwägen diverser Optionen konnte die Variante mit einem künstlichen Wasserbecken im Gewächshaus als wertvolle Maßnahme zur Verlängerung der Vegetationsperiode durchgeführt werden. Durch den Einsatz des Gewächshauses konnte die Vegetationsperiode entscheidend verlängert werden, wodurch die Gabionen ab Juni 2018 bereit für die Versuche im MLK und im GWK waren. Ein erstes Ergebnis des Projektes ist, dass das Anwachsen der Gabionen ein bis zwei Vegetationsperioden erfordert. Im zweiten Projektjahr konnten die Versuche erfolgreich durchgeführt werden und die wellendämpfende Wirkung der schwimmenden Inseln nachgewiesen werden. Genauer konnte nachgewiesen werden, dass schwimmende Inseln mit einer Breite von drei bis vier Metern eine wellendämpfende Wirkung bei Wellen mit Perioden kleiner 2.25 Sekunden aufweisen. Die dafür verantwortlichen Prozesse wie Reflektion und Transmission sind genauer untersucht worden. Außerdem konnte durch eine Bewegungsanalyse der einzelnen Gabione ein Zusammenhang zwischen Bewegung und wellendämpfendem Verhalten erkannt werden. Es ist festzuhalten, dass eine dauerhafte Schwimmstabilität unter Schiffswellen mit der momentanen Ausführung nicht zu garantieren ist. Dennoch haben die involvierten Institute, bestehend aus dem „Ludwig-Franzius-Institut für Wasserbau, Ästuar- und Küsteningenieurwesen“, dem „Institut für Umweltplanung“ der Leibniz Universität Hannover und der „Fakultät Landbau/Umwelt/Chemie“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, großes Interesse daran, die „schwimmenden Inseln“ weiterzuentwickeln. Der nächste Entwicklungsschritt soll darauf abzielen eine dauerhafte Auftriebsleistung zu gewährleisten. Dazu soll bestimmt werden wieviel Gas unter welcher Welle aus den Gabionen verdrängt wird. Die Gabione sollten dazu mit gezielt belüftbaren Kammern ausgestattet werden, wo unter Welleneinfluss das Gasvolumen bestimmt wird. Diese indirekte Messung des Luft- und Gasgehaltes kann auch verwendet werden, um z.B. eine direkte Messung bzw. ein zu entwickelndes Messgerät zu prüfen. Der Versuchsaufbau sieht vor, dass die Gabione nach unten abgespannt werden und mit Kraftmessern ausgestattet sind. So kann nach jeder Welle die Differenz des Auftriebs gegenüber dem Ausgangszustand gemessen werden und damit das ausgetriebene Gas bestimmt werden. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend soll eine technische Lösung entwickelt werden, damit das für den Auftrieb relevante Gas auch unter Welleneinfluss gebunden bleibt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Teilerkenntnisse aus dem Projekt wurden im Laufe der Projektlaufzeit auf internationalen Fachkonferenzen vorgestellt:
• Günther, H.; Potentials and application of floating blue-green infrastructures for rainwater management in urban areas. X Conference AEIP-APENA-EFIB-ECOMED Soil and Water Bioengineering, 21.-23. Madrid 2018
• Günther, H.; Living islands – initiation of natural floating wetlands for lake shore development. SWS annual meeting. 29.05-01-06.2018 Denver Colorado.
Darüber hinaus sind nach Abschluss der Forschungsprojektes Veröffentlichungen bezüglich der Versuchs- und Analysemethoden im „Ecological Engineering - The Journal of Ecosystem Restoration“ (Elsevier) geplant. Außerdem sollen die Ergebnisse der Modellversuche, bei Zusage, auf der Woche der Umwelt 2020 im Park vom Schloss Bellevue vorgestellt werden.



Fazit

Nach zwei Vegetationsperioden wurden Naturmessungen im Mittellandkanal und Modelltests im Großen Wellenkanal, einem hydraulischen Labor, durchgeführt. Die Haupterkenntnisse aus diesen Tests sowie den Vegetationsperioden sind, dass das Anwachsen der Gabionen ein bis zwei Vegetationsperioden erfordert und eine dauerhafte Schwimmstabilität unter Schiffswellen mit der momentanen Ausführung nicht zu garantieren ist. Dies liegt an dem erhöhten Gasaustrag unter hoher Wellenlast. Dennoch lässt sich feststellen, dass die schwimmenden Inseln mit einer Breite von 3 – 4 m eine deutliche wellendämpfende Wirkung bei Wellen mit Perioden T = 2,25 s aufweisen.

Übersicht

Fördersumme

124.990,00 €

Förderzeitraum

05.04.2017 - 04.10.2019

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik