Projekt 25689/01

Workshopreihe: Ökologische Steuerreform in Polen

Projektträger

Freie Universität BerlinForschungsstelle für UmweltpolitikOtto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft
Ihnestr. 22
14195 Berlin
Telefon: 030/838566-87

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Polen besteht ein großer Investitionsbedarf im Umweltsektor. Mit dem System der Umweltabgaben und Bußen für Nichteinhaltung von Emissionsobergrenzen, die vom Nationalen Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft sowie den Woiwodschafts-, Kreis- und Gemeindefonds eingezogen und für Umweltschutzinvestitionen wieder ausgeschüttet werden, existiert in Polen ein vergleichsweise gut funktionierendes Instrument. Gleichzeitig sind die Lohnebenkosten mit einem Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungskosten von 38,4 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens die höchsten unter den 30 OECD-Ländern. Die Möglichkeit, den Umweltschutz zu finanzieren und gleichzeitig die Kosten für den Faktor Arbeit zu senken, wird bisher nur von einigen Wissenschaftlern und NGOs diskutiert.. Gegenwärtig scheint die Finanzierung des Umweltschutzes als proritär gesehen zu werden.
Langfristig könnte eine Diskussion um die Potenziale einer ÖSR jedoch zu neuen Formen der Kombination beider Instrumente oder zur Substitution der Gebühren durch das System einer ökologischen Finanzreform führen. Zu diesem Thema sollen zwei Workshops einen Dialog unter Einbeziehung der deutschen und auch internationaler Erfahrungen organisiert werden. Zur Vorbereitung dieser Workshops sollen jeweils eine Kurzstudie zum Finanzierungssystem für Umweltschutz und zum System der Energiesteuern in Polen erstellt werden, die den deutschen und Internationalen Referenten im Vorfeld zur Verfügung gestellt werden.
Anlass ist die Vereinbarung der Umweltminister Deutschlands und Polens, Sigmar Gabriel und Jan Szyszko, während der Beratungen des Deutsch-polnischen Umweltrates am 11./12. April 2006, eine bilaterale Zusammenarbeit u.a. zum Thema Ökologische Steuer_/Finanzreform aufzunehmen.
Hintergrund ist hierbei auch die Überlegung, dass das Instrumentarium zur Umsetzung der EU-Strategien in Polen erweitert werden sollte. Die EU-Energiesteuerrichtlinie wurde noch nicht für alle Energieprodukte vollzogen, eine Stromsteuer besteht bereits. Auf Grund der hohen Energiepreise müssen auch in Polen der Energieverbrauch und die Kosten gesenkt werden, u.a. um die noch immer hohe Energieintensität zu senken, Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Arbeitslosigkeit abzubauen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst sollen die beiden Kurzstudien zu Finanzierungsinstrumenten und Energiesteuern in Polen erarbeitet werden, um den Referenten Gelegenheit zu geben, die Vor- und Nachteile der Systeme vergleichen zu können.
Ein erster Workshop möglichst im Oktober 2007 soll der Diskussion der verschiedenen Systeme dienen, wobei Experten des polnischen Umwelt-, Finanz- und Sozialministeriums sowie Wissenschaftler von den Universitäten in Warschau und Krakau sowie der Polnischen Akademie der Wissenschaften und Experten von NGOs zur Diskussion mit deutschen Referenten eingeladen werden sollen.
Ein zweiter Workshop im Januar oder Februar 2008 wird diesen Akteuren wiederum Erfahrungen aus Vorreiterländern wie Dänemark, Niederlande und Schweden sowie von der OECD übermitteln. Gerade im Hinblick auf künftige EU-Vorgaben zur Umweltbesteuerung wird eine abgestimmte Vorgehensweise immer wichtiger.


Ergebnisse und Diskussion

Workshop 1: Die Rolle der ökonomischen Instrumente in der Umweltpolitik
Der erste Themenkomplex befasste sich mit den Zielen der ökonomischen Instrumente Ökologische Steuerreform und Umweltgebühren/-strafen, nämlich Entlastung des Faktors Arbeit oder Finanzierung des Umweltschutzes. Die Präsentationen wurden auf deutsch und polnisch gehalten und konsekutiv in die jeweils andere Sprache übersetzt.
Michael Kohlhaas vom Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln gab einen Überblick über die historische Entwicklung der Ökosteuer bis zu der Einführung 1999 in Deutschland durch die rot-grüne Regierung. Seine Ausführungen, auch über die Vor- und Nachteile der Instrumente Steuer (die in das nationale Budget fließt) und Gebühren (die zweckgebunden verwendet werden müssen), beschloss er mit der Empfehlung, eine Einführung von Ökosteuern nur im Rahmen einer generellen Finanzreform vorzunehmen.
Wojciech Staniowy vom Nationalen Fonds für Umweltschutz und Wasserwirtschaft Polens (Narodowy Fundusz Ochrony ?rodowiska i Gospodarki Wodnej NFO?GW) stellte in seiner Präsentation die Arbeit dieses Fonds wie auch der Wojwoschafts-, Kreis- und Gemeindefonds vor, die das Gebühren- und Strafensystem für Umweltverbrauch in Polen verwalten und exekutieren.
Achim Truger vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung stellte die Beschäftigungseffekte einer Ökosteuerreform am Beispiel der deutschen Erfahrungen und Ergebnisse dar.
Olga Kiuila und Jerzy ?leszy?ski vom Fachbereich Wirtschaft der Universität Warschau präsentierten eine Studie von 2006 über wahrscheinliche Auswirkungen einer Ökosteuerreform auf die Wirtschaft Polens.
Barbara Praetorius erläuterte zunächst die Grundzüge der deutschen Ökosteuerreform und stellte dann die Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu diesem Thema vor, in denen unterschiedliche Modellierungsmethoden verwendet wor-den waren (LEAN und PANTA RHEI).
Workshop 2: Reformziele umweltpolitischer Instrumente
Vladimír Vlk vom tschechischen Umweltministerium schilderte die historische Entwicklung der Ökologischen Steuerreform seit 1997 und ihre schrittweise Einführung in der Tschechischen Republik seit dem 1. Januar 2008.
Kai Schlegelmilch erläuterte in diesem Zusammenhang das Tschechisch-Deutsche Dialog-Projekt zur Einführung einer Ökologischen Steuerreform in der Tschechischen Republik, das in den Jahren 2003 bis 2006 die Vorbereitungsphase mit der Organisation von 11 Workshops für Stakeholder unterstützt hatte und von der DBU gefördert worden war.
Henrik Hammar vom schwedischen Finanzministerium präsentierte die Erfahrungen mit Energie- und CO2-Steuern in Schweden. Verbrauchssteuern auf fossile Kraftstoffe und Energieträger existieren dort bereits seit Jahrzehnten, so z.B. auf Benzin seit 1924, auf Diesel 1937; Strom sowie Öl und Kohle für Heizzwecke werden seit den fünfziger Jahren besteuert.; CO2 und SO2 seit 1991.
Valdur Lahtvee vom Stockholm Environment Institute in Tallinn, Mitglied der Grünen Fraktion im Parlament, erläuterte die estnische Strategie zu einer Reform des Steuerwesens mit ökologischer Ausrichtung, die ebenfalls in mehreren Schritten erfolgt. Ziel ist in erster Linie, Verbraucherverhalten und Produktionsweisen in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken, d.h., Energie- und Ressourceneffizienz zu stärken.
Hans Larsen vom Dänischen Ministerium für Steuerwesen gab zunächst einen Über-blick über das dänische Steuersystem im Allgemeinen und ging dann speziell auf die erfolgte Novellierung der Besteuerung von Energie und CO2-Emissionen ein (die Steu-er auf SO2-Emissionen bleibt unverändert). Diese ist Teil einer auf die Energie- und Klimaschutzziele ausgerichteten Finanzreform, die im Juni 2008 beschlossen wurde.
Diskussion
In der anschließenden Diskussion war reges Interesse seitens der Vertreter der polni-schen Ministerien für Umwelt, Finanzen, für Arbeit und Soziales, Landwirtschaft und für Regionale Entwicklung zu spüren, Es wurden verschiedentlich Details der Umsetzung der Ökosteuerreform bzw. ökologischen Finanzreform in den betreffenden EU-Ländern nachgefragt.
Auf polnischer Seite war man sich einig, dass das Thema Ökologische Finanzreform insbesondere im Zusammenhang mit der EU-Klima- und Energiepolitik von großem Interesse sei und vor allem auch die Diskussion über die verschiedenen Instrumente fortgeführt werden sollte. Diese neuen Erkenntnisse werden die Entscheidungen in Polen beeinflussen.


Fazit

Angesichts des Erfolgs dieser beiden Workshops kam man überein, dass auf der Basis der von der EU-Kommission avisierten Überarbeitung des Grünbuchs zu marktbasierten Instrumenten und des Energie- und Klimapaketes sowie der Revision der Energiesteuer-Richtlinie, die Ende 2008 erwartet wird, ein nächster deutsch-polnischer Workshop zu diesen Themen für Anfang 2009 geplant werden solle.
Insgesamt lässt die ausgezeichnete Gesprächsatmosphäre während der beiden Tage in Warschau eine weitere erfolgreiche und auch langfristige bilaterale Kooperation mit den polnischen Partnern erwarten.

Übersicht

Fördersumme

28.908,00 €

Förderzeitraum

02.05.2007 - 31.07.2008

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Umweltkommunikation