Projekt 14699/01

Mikrosensorsysteme zur Bestimmung nitrifikationshemmender Effekte in Abwässern

Projektträger

Universität StuttgartInstitut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- undAbfallwirtschaft (ISWA), Lehrstuhl für Hydrochemie& Hydrobiologie in der Siedlungswasserwirtschaft
Bandtäle 2
70569 Stuttgart
Telefon: 0711/685-3721

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Etablierte Methoden zur Bestimmung der nitrifikationshemmenden Wirkung von Abwässern haben den Nachteil, dass sie zeitintensiv, apparativ sowie personell aufwendig und damit teuer in der Durchführung sind. Zielsetzung dieser Arbeit ist die Entwicklung eines markttauglichen Mehrkanalmessgerätes auf der Basis von miniaturisierten Biosensoren. Mit Hilfe dieses Messgerätes soll die Quantifizierung der Nitrifikationshemmung innerhalb von nur wenigen Stunden ermöglicht werden, was vor allem bei einem hohen Probenaufkommen besonders von Vorteil ist. Durch die verkürzte Untersuchungsdauer kann der Kläranlagenbetreiber frühzeitig regulierende Maßnahmen auf der Anlage einleiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZu Projektbeginn erfolgte am ITB die Optimierung und Herstellung von Sauerstoffdickschichtelektroden. Die Entwicklung der Mehrkanal-Versuchsanlage, in die die miniaturisierten Elektroden eingebaut werden, erfolgte parallel bei der EON. Im anschließenden Projektteil wurden Untersuchungen zur Optimierung der Immobilisierung von Nitrifikanten auf den Elektroden durchgeführt. Getestet wurden unterschiedliche Mengen an Biomasse sowie verschiedene Immobilisierungsmatrizes. Die Untersuchung der Eigenschaften der Biosensoren, wie die mechanische Stabilität der Elektroden, die Konzentrationsabhängigkeit und Reproduzierbarkeit der Biosensorsignale, Signaldynamik, Signalstabilität, Regenerationsfähigkeit und Lagerungsstabilität wurden mit der Versuchsanlage der EON durchgeführt. Die Bestimmung dieser Sensorparameter erfolgte zunächst anhand von Untersuchungen mit Nitrifikationssubstraten. Anschließend wurden Untersuchungen mit Nitrifikationshemmstoffen (z. B. Allylthioharnstoff) vorgenommen.
Als Projektschwerpunkt erfolgte schließlich am ISWA die Etablierung dieses Mehrkanalmesssystems für Routineuntersuchungen an künstlich hergestellten sowie an realen, hemmstoffhaltigen Abwasserproben. Durch Vergleich mit etablierten Verfahren wie z. B. der Methode nach DIN EN ISO 9509 wurde die Übertragbarkeit der mit dem Mehrkanalmesssystem ermittelten Werte auf die Kläranlagenpraxis überprüft.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurde ein Analysenmessgerät für die Untersuchung von Abwasser- und anderen Umweltproben entwickelt. Das Kernstück dieses Laborprototyps bilden miniaturisierte mikrobielle Nitrifikanten-Biosensoren (Nitrifikanten-Mikrosensoren), die in ein Mehrkanalmessgerät integriert werden. Die Biosensoren bestehen aus Sauerstoffdickschichtelektroden, auf die direkt Nitrifikantenmischkulturen immobilisiert werden. Das Detektionsprinzip der Biosensoren beruht auf dem stoffwechselbedingten Sauerstoffverbrauch der nitrifizierenden Mikroorganismen. Damit lassen sich toxische oder nitrifikationshemmende sowie nitrifikationsfördernde Effekte erfassen. Durch den parallelen Einsatz von bis zu zehn Biosensoren können mit diesem Gerät innerhalb von maximal einer Stunden zwei bis drei Proben gemessen werden oder eine Probe durch die simultane Bestimmung mehrerer Konzentrationsstufe quantifiziert werden. Im ersten Projektabschnitt erfolgte die Weiterentwicklung von bestehenden Clarkschen Sauerstoffdickschichtelekt-roden, die durch die Kombination von Siebdrucktechnik (Transduktorbasis), Drop-Coating- (Elektrolytaufbringung) und Spin-Coating-Verfahren (Herstellung der Sauerstoffmembran) hergestellt wurden. Die so gefertigten Sensoren weisen eine Lagerungsfähigkeit in Messmedium von drei bis vier Wochen sowie eine Betriebsstabilität von 40 Stunden auf; die Sauerstoffsensoren sind dadurch mehrfach verwendbar. Dies stellte einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung der Sensoren dar, da die ursprünglichen Transduktoren für maximal einen Tag verwendet werden konnten. Zur Fixierung von Nitrifikantenmischkulturen auf den Elektroden wurde unter Verwendung eines photovernetzbaren Polyvinylalkohols (PVA-SbQ) eine praktikable und einfache Immobilisierungsmethode entwickelt, wodurch die Herstellung großer Stückzahlen von Biosensoren realisiert wurde. Mit Ammoniumlösungen wurde das Ansprechverhalten der Biosensoren gegenüber Nitrifikationssubstraten getestet. Der lineare Bereich erstreckte sich hierbei bis zu einer Konzentration von 2 mg/l NH4+-N bei einem mittleren Variationskoeffizienten von 5,3 %. Neben Ammonium wurden mit den Biosensoren auch weitere Nitrifikationssubstrate wie Harnstoff, Nitrit, Aminosäuren sowie Stickstoffverbindungen im Abwasser quantifiziert. Versuche mit dem Nitrifikationshemmstoff ATH ergaben, dass die Reproduzierbarkeit der Messungen (Variationskoeffizient beim Einzelsensor: ca. 8 %, Sensor zu Sensor: 8-14 %), das Ansprechverhalten der Biosensoren mit einer Ansprechzeit t100 von 10-20 Minuten sowie die Lagerungsstabilität von bis zu zwei Wochen vergleichbar mit in der Literatur beschriebenen mikrobiellen Biosensoren ist. Die Validierung des Mehrkanalbiosensorsystems erfolgte durch Vergleichsuntersuchungen mit dem standardisierten Nitrifikationshemmtest nach DIN EN ISO 9509, einem Nitrifikanten-Einzelsensor (ARAS-Biosensor) sowie einem kommerziell erhältlichen Nitrifikationshemmtest (BioFixÒ A-/N-Tox). Dazu wurde die nitrifikationshemmende Wirkung von Umweltchemikalien und realen Abwasserproben quantifiziert und die Nachweisempfindlichkeit der Tests bewertet. Der Sensitivitätsvergleich zeigte, dass eine hohe Übereinstimmung zwischen den beiden Biosensorsystemen besteht. Bei 67 % der Substanzen variierten beide Verfahren maximal um den Faktor drei. Bei 75 % der mit dem Mehrkanalbiosensorsystem und der DIN EN ISO 9509 untersuchten Testsubstanzen betrugen die Sensitivitätsunterschiede maximal das Zehnfache, während diese sich bei 63 % der Substanzen lediglich um den Faktor drei unterschieden. Bei keiner der getesteten Substanzen betrugen die Abweichungen mehr als das Zehnfache. Des Weiteren wurden Biosensoruntersuchungen zur Wirkung von Arzneimittelwirkstoffen aus der Gruppe der antibiotisch wirksamen Substan-zen auf die Nitrifikation durchgeführt. Keine nitrifikationshemmende Wirkung wiesen hierbei Chloramphenicol, Penicillin G, Oxytetracyclin und Sulfamethoxazol auf. Von den beiden Sulfonamid-Derivaten Sulfamethoxydiazin und Sulfamethoxypyridazin hemmte nur Sulfamethoxypyridazin den Stoffwechsel der Nitrifikanten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vorträge:
Ein mehrkanaliges Biosensormeßsystem zur Überwachung der Nitrifikation in Abwasserreinigungsanlagen. F. Baumeister, A. König, R.D. Schmid, F. Riechert, K. Kunzmann, A. Kretschmer, T.T. Bachmann, J.W. Metzger. [5. Dresdner Sensor-Symposium, 10. - 12. Dezember 2001, Dresden, Tagungshandbuch, Seiten 25 - 26].
Biosensoren zur Überwachung der Nitrifikation in Kläranlagen. F. Baumeister, A. König, R.D. Schmid, A. Kretschmer, T.T. Bachmann, J.W. Metzger. [1. Hydrochemisches und Hydrobiologisches Kolloquium: Der Stickstoff im Wasser/Abwasser, 29.-30. November 2001, Stuttgart, Tagungsband, ISBN 3-486-26528-8, Seiten 175 - 184].
Microbial biosensors for nitrification inhibition assays. F. Baumeister [COST 624 Working Group 4 Meet-ing OPTIMAL MANAGEMENT OF WASTEWATER SYSTEM, 10 - 11 June 2002, Milano, Italy].
Fachmessen:
Produktpräsentation auf der BIOTECHNICA, Internationale Fachmesse für Biotechnologie, 9.-11. Oktober 2001, Hannover. Produktpräsentation im Rahmen der Woche der Umwelt, Spitzenleistungen deutscher Umwelttechnik und Umweltforschung, 3. - 4. Juni 2002 im Park des Schlosses Bellevue, Berlin.
Poster
Multichannel biosensor system for nitrification inhibition assays. F. Baumeister, A. König, A. Kretschmer, R.D. Schmid, T.T. Bachmann and J.W. Metzger [7th World Congress on Biosensors, 15 - 17 May 2002, Kyoto, Japan].
Nitrification inhibition assay based on microbial sensors. F. Baumeister, A. König, B. Kuch, A. Kretschmer, T.T. Bachmann, R.D. Schmid and J.W. Metzger [12th Annual Meeting of SETAC Europe, 12 -16 May 2002, Vienna, Austria].
Multichannel biosensor system for nitrification inhibition assays. F. Baumeister, A. König, R.D. Schmid, T.T. Bachmann and J.W. Metzger [P1116, IWA 2nd World Water Congress, 15-19 October 2001, Berlin].
A multi-channel biosensor system for detecting nitrification inhibition in sewage plants. F. Baumeister, A. König, T.T. Bachmann, R.D. Schmid and J.W. Metzger. [11th Annual Meeting of SETAC Europe, 6-10 May 2001, Madrid, Spain].
Ein mehrkanaliges Biosensormessssystem zur Überwachung der Nitrifikation in Abwasserreinigungsanlagen. F. Baumeister, A. König, K. Kunzmann, F. Riechert, A. Kretschmer, R.D. Schmid, T.T. Bachmann und J.W. Metzger. [2. BioSensor-Symposium, 1.-3. April 2001, Tübingen, Tagungsband, Seiten 94 - 95].
Ein Mehrkanalbiosensormesssystem zur Überwachung der Nitrifikation in Kläranlagen. F. Baumeister, A. König, T.T. Bachmann, K. Kunzmann, F. Riechert, A. Kretschmer, R.D. Schmid und J.W. Metzger. [J1.08, 19. DECHEMA-Jahrestagung der Biotechnologen, 13.-15. März 2001, Leipzig, Tagungsband, Seiten 422 - 423].


Fazit

Das in diesem Projekt entwickelte Biosensorsystem ist in der derzeitigen Bauform als Prototyp für Forschungszwecke konzipiert und wird am ISWA für Routineuntersuchungen eingesetzt. Wünschenswert ist jedoch der mögliche Einsatz in Umweltlaboratorien, auf Industriekläranlagen oder in der chemischen In-dustrie zur Toxizitätsprüfung von Umweltchemikalien. Für eine Vermarktung sind weitere Entwicklungsarbeiten erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Automatisierung des Messverfahrens. Zudem muss die Lagerungsstabilität des Nitrifikantenimmobilisates noch verbessert werden. Das Messgerät bietet jedoch eine hohe Flexibilität und kann durch Modifikationen der Geräteelektronik für den Einsatz anderer elektrochemischer Sensoren, wie z. B. Enzymsensoren, umgerüstet werden. Wie eigene Untersuchun-gen bereits zeigten, besteht auch die Möglichkeit, andere Bakterienspezies auf den Sauerstoffdickschichtelektroden zu immobilisieren. Damit kann der Anwendungsbereich des Messsystems auf weitere Gebiete der Umweltanalytik erweitert werden.

Übersicht

Fördersumme

102.232,81 €

Förderzeitraum

01.08.1999 - 31.01.2002

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik