Projekt 13994/01

Innovative Entwicklung einer gläsernen Systembiologie durch den Einsatz von DOC-Systemen (designed oligospecies-culture-systems) in Anlagen der biologischen Abluftreinigung

Projektträger

Universität StuttgartInstitut für Siedlungswasserbau, Wassergüte-und AbfallwirtschaftAbt. Biologische Abluftreinigung
70569 Stuttgart

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel der Forschungsarbeiten ist die Optimierung der für die Reinigungsleistung biologischer Abluftreinigungsanlagen verantwortlichen Biologie. Anhand definierter Mischkulturen (designed oligospecies culture systems) sollte ein besserer Einblick in die Dynamik der Biologie dieser Anlage gewonnen und Zusammenhänge zwischen der Zusammensetzung der Flora und der jeweils gemessenen Reinigungsleistung aufzeigt werden. Dabei wurden die Erfolgsaussichten des Einsatzes solcher DOC-systems eruiert. Bei Eignung ist zusammen mit einem Industriepartner der Einsatz in einem Pilotfilter angestrebt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden Mikroorganismen (Mos) angereichert, die Hexan produktiv verwerten können. Aus dieser Anreicherung wurden Reinstämme isoliert und charakterisiert. Parallel zur taxonomischen Einordnung der Neuisolate mittels kommerzieller Schnelltests wurde ihre Fettsäurezusammensetzung bestimmt. Weiterhin wurden die kinetischen Konstanten (KS und vmax) der Neuisolate mit denen vorhandener Isolate verglichen und anhand dieser Daten Einzelstämme zur Inokulation von vier 50 l- Reaktoren ausgewählt. Die Reaktoren wurden insteril betrieben, um zu überprüfen, ob sich die Starterkulturen etablieren können, was mittels Kultivierungsmethoden und Fettsäurenanalyse verfolgt wurde. Abschließend wurde ein 150 l-Reaktor mit einer definierten Mischkultur der getesteten Stämme angeimpft. Parallel zu diesem Reaktor wurden zwei weitere 150 l-Reaktoren betrieben, von denen einer mit Belebtschlamm und der andere überhaupt nicht angeimpft wurde. Die Anfahrzeiten, die erreichbaren Eliminationsleistungen sowie die Stabilität der Anlagen wurden verglichen. Weiterhin erfolgte beim DOC-System eine intensive Untersuchung der Filterpopulation mittels klassischer mikrobiologischer Methoden und Fettsäurenanalytik, um Änderungen des Milieus mit einer möglichen Populationsdrift und den jeweils erreichbaren Wirkungsgraden korrelieren zu können.


Ergebnisse und Diskussion

Die Entwicklung und der Einsatz des DOC-Systems sollte in wesentlichen Bereichen der biologischen Abluftreinigung Verbesserungen bringen, beispielsweise sollten die Anfahrzeiten verkürzt und abschätzbar gemacht werden. De facto führten die eingesetzten Stämme und Mischkulturen unter den angelegten Bedingungen zu sehr kurzen Anfahrzeiten. Daher ist der Einsatz einer Leistungsbiologie durchaus zu empfehlen. Die angewandten Kultivierungsmethoden zur Isolierung und Anreicherung hingegen sind kritisch zu bewerten, da es nahezu unmöglich ist, die Stoffgradienten der Nähr- und Spurenelemente, die später in praxi vorliegen, im Labor nachzustellen. Zur taxonomischen Einordung der Stämme ist ihre Kultivierung jedoch unabdingbar, wozu höhere Substratkonzentrationen angelegt werden mussten. Diese erhöhte Konzentration kann dafür verantwortlich sein, dass Organismen selektioniert wurden, die unter den deutlich geringeren Konzentrationen im praktischen Einsatz nicht genügend Abbauenzyme produzieren oder einen zu niedrigen KS-Wert aufweisen und sich deswegen nicht durchsetzen. Die taxonomischen Untersuchungen der Biologie sollten daher sowohl mit Kultivierungsmethoden als auch mit kultivierungsfreien Methoden durchgeführt werden. Zur Bewertung der Reaktorbiologie wurde die Bestimmung der Fettsäurezusammensetzung und der Nachweis bestimmter Signaturfettsäuren herangezogen (FAME). Zur eindeutigen Zuordnung der Stämme müßten additiv genotypische Verfahren angewendet werden, da die Beschreibung und taxonomische Einordnung von Stämmen aus natürlichen Ökosystemen nur in Einzelfällen mit phänotypischen Methoden gelingt. Bei den 50 L-Reaktoren ließen sich die inokulierten Spezialisten, aus denen das DOC-System zusammengestellt wurde, anhand von Verdünnungsreihen im gesamten Reaktor nachweisen (was darauf hindeutet, dass die Stämme sich erfolgreich angesiedelt hatten) und konnten auch während der gesamten Versuchsdauer nachgewiesen werden. In den 150 L-Reaktoren hingegen wurde durch den enormen Fremdkeimeintrag das Gesamtspektrum der Fettsäuremethylester so weit erhöht, dass die Signaturfettsäuren des DOC-Systems mittels FAME nicht mehr eindeutig nachgewiesen werden konnten. Insgesamt wurden starke Veränderungen in der Biozönose beobachtet. Ein Nachweis, dass sich das biologische System stabilisiert hat, konnte nicht erbracht werden, da keine konstanten Fettsäuregehalte nachgewiesen werden konnten; jedoch war die Fluktuation bei den inokulierten Reaktoren geringer als bei dem nicht inokulierten Reaktor. Trotz der Populationsdrift stabilisierte sich nach einiger Betriebszeit die Abbauleistung bei allen Reaktoren. Da in der Praxis nicht mit einem Eintrag von Spezialisten zu rechnen ist, stellt diese Situation einen Sonderfall dar.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Teile der Arbeit wurden im Rahmen des Workshops Microbes for the Environment: Degradation of Xenobiotic and New Benign Products von Prof. Dr. K.-H. Engesser im Vortrag Biological waste air purification bereits präsentiert. Eine Veröffentlichung der wesentlichern Ergebnisse ist im Journal Applied and Environmental Microbiology der American Society for Microbiology, angestrebt. Weiterhin sind wesentliche Teile dieses Forschungsvorhabens in der Diplomarbeit von Herrn Boris Diehm enthalten - eine Publikation dieser Diplomarbeit ist geplant. Darüber hinaus will der Industriepartner dieses Projekts, die Fa. Jakob Handte & Co. GmbH, versuchen, die Ergebnisse dieser Arbeit in der Praxis einzusetzen.


Fazit

Das Bereitstellen eines geeigneten Inokulums für biologische Abluftreinigungsanlagen könnte in Zukunft eine weitaus größere Rolle spielen als in den letzten Jahren. Bei der Umsetzung der EG?Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biol. Arbeitsstoffe in nationales Recht wurde die Biostoffverordnung als Teil des Arbeitsschutzgesetzes erlassen und trat am 01.04.1999 in Kraft. Inwieweit die BioStoffV auch die biol. ALR betrifft, lässt sich noch nicht abschätzen, jedoch ist zu bedenken, dass durch die Inokulation mit Belebtschlamm auch Krankheitserreger, die sich im Belebtschlamm einer kommunalen Kläranlage befinden können, in einen Reaktor eingebracht und unter Umständen auch emittiert werden. Mit der Inokulation einer definierten und untersuchten Biologie wird dieses Gefährdungspotential minimiert. Die mangelnde Aussagekraft der kultivierungsabhängigen Ansätze konnte anhand der definierten Mischkultur belegt werden. Durch die kultivierungsfreie Methode der FAME konnten Veränderungen der Biozönose aufgezeigt, aber der Verbleib der verschiedenen Stämme dennoch nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden. Um eine gläserne Biologie zu erreichen, in der der Verbleib einzelner Stämme nachgewiesen werden kann, müssen weitere kultivierungsfreie Methoden hinzugefügt werden. Die Abbauleistung konnte durch den Einsatz des DOC-Systems nicht dauerhaft gesteigert werden. Die Fluktuation der Reaktorbiologie, die durch die FAME detektiert wurde, war jedoch bei den inokulierten Reaktoren geringer als bei dem nicht inokulierten Reaktor.

Übersicht

Fördersumme

99.701,92 €

Förderzeitraum

21.12.1998 - 23.07.2001

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik