Projekt 13036/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Isolierung, Charakterisierung und technischer Einsatz innovativer psychrophiler Enzyme mit dem Ziel der Umweltentlastung und Ressourcenschonung in der milchverarbeitenden Lebensmittel-Wirtschaft

Projektträger

Technische Universität Hamburg-HarburgArbeitsbereich Elektrotechnik IMesstechnik
Harburger Schloßstr. 20
21079 Hamburg
Telefon: 040/42878-3001

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Vorhabens war es, neuartige, extrem psychrophile Mikroorganismen aus den in dieser Hinsicht noch nicht einbezogenen Nordpolarregionen um Spitzbergen zu isolieren, deren Enzymsysteme näher zu charakterisieren und anschließend auf biotechnologische Anwendbarkeit zu testen.
Die wenigen bisher beschriebenen psychrophilen Mikroorganismen sind vorwiegend moderat psychrophil und wurden v. a. im antarktischen Raum und in der Tiefsee gefunden, während das Potenzial in der Nordpolarregion bislang nicht beachtet wurde. Insgesamt fehlen systematische Untersuchungen der Enzyme psychrophiler Mikroorganismen, insbesondere jedoch ihres Potenzials für den Einsatz in der in-dustriellen Anwendung.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden1. Probennahme
Zur Isolierung neuer psychrophiler Mikroorganismen wurden aus einem Gebiet am Nordrand von Spitzbergen (81° nördlicher Breite) wässrige bzw. sedimenthaltige Proben entnommen. Diese wurden gekühlt aus Spitzbergen ins Labor der TUHH transportiert, wo sie untersucht wurden.
2. Anreicherung, Isolierung und Identifizierung psychrophiler Biopolymerabbauer
Nach der Anreicherung standen verschiedene Mischkulturen zur Verfügung mit hohem Potential, Poly-mere und Olivenöl zu degradieren. Durch Isolationstechniken konnten 80 Reinkulturen gewonnen werden, die mit Hilfe physiologischer und molekularbiologischer Techniken taxonomisch eingeordnet wurden.
3. Screening der Neuisolate nach industriell relevanten Enzymen
Alle Neuisolate wurden auf ihre Fähigkeit zum Abbau von Biopolymeren wie Stärke, Protein, Chitin, Fett und Cellulose sowie Oligomeren wie beispielsweise Laktose getestet. Die hydrolytischen Aktivitäten wurden mit Hilfe gefärbter Substrate bei 4°C detektiert.
4. Charakterisierung und Produktion industriell relevanter Enzyme
Die in den Neuisolaten nachgewiesenen Enzyme, wie z. B. Amylasen, Pullulanasen, Proteasen, Lipasen und b-Galaktosidasen wurden partiell charakterisiert.


Ergebnisse und Diskussion

Das Screening nach neuen psychrophilen aeroben Mikroorganismen mit hydrolytischer Enzymaktivität, wurde in Kooperation zwischen den Arbeitsgruppen Technische Mikrobiologie und Elektrotechnik I (TU Hamburg-Harburg) durchgeführt. Es konnten 80 Reinkulturen isoliert werden, die die Fähigkeit aufweisen, Pullulan, Amylopektin, Protein, Chitin, Fett und Cellulose sowie Oligomere wie beispielsweise Laktose abzubauen.Die Bestimmung der optimalen Wachstumstemperaturen führte zur Identifizierung von psychrotoleranten (Topt. 20-25°C) sowie psychrophilen Stämmen (Topt. 10-15°C).
Die phylogenetische Analyse zeigte, dass die bakteriellen Neuisolate in jeweils eine der 5 phylogenetischen Gruppen Clostridium-Bacillus, Gamma-Proteobacteria, a-Proteobacteria, Actinomycetes oder Bacteroides-Cytophaga eingeordnet werden können. Aufgrund der Ähnlichkeit der 16S rDNA-Sequenzen wurden die neuisolierten Stämme den Gattungen Roseobacter, Rhodovulum, Yersinia, Shewanella, Maritomonas, Pseudomonas, Psychromonas, Psychrobacter und Pseudoalteromonas innerhalb der Gram-negativen Bakterien sowie Flexibacterium, Cytophaga, Gelidibacter innerhalb der Bacteroides-Cytophaga-Gruppe zugeordnet. Weitere Neuisolate konnten den Gattungen Bacillus, Leifsonia, Brachybacterium, Clavibacter, Sanguibacter, Arthrobacter, Carnobacterium und Rhodococcus innerhalb der Gram-positiven Bakterien zugeordnet werden.
Während die meisten Stämme aufgrund der hohen Ähnlichkeiten der 16S rDNA (über 97%) bekannten Arten zugeordnet werden konnten, handelt es sich bei 15 Isolaten um neue Arten. Zwei ausgewählte Stämme, Pull 2 und Lact 2, aus den Gattungen Psychromonas bzw. Brachybacterium wurden hinsichtlich ihrer morphologischen und physiologischen Merkmale eingehend charakterisiert und phylogenetisch eingeordnet.
Die Untersuchungen der kälteaktiven Enzyme ß-Galaktosidase und Amylase deuten darauf hin, dass die isolierten psychrophilen Mikroorganismen ungewöhnliche Enzymsysteme besitzen, die für eine Anwendung in der Lebensmittelindustrie von großem Interesse sind


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

1. Tatiana Groudieva, Ralf Grote, Samson Markossian, Hauke Trinks, Garabed Antranikian. 2000. Isolation of psychrotolerant strains from Arctic environments and characterization of their cold-active enzymes. Posterpräsentation, Microbiology 2000 (VAAM), 12.-16. März 2000, München.
2. Tatiana Groudieva, Ralf Grote, Samson Markossian, Hauke Trinks, Garabed Antranikian. 2000. Screening of Microorganisms from Arctic Environments for Cold-Active Enzymes. Posterpräsentation, The 3rd International Congress on Extremophiles, 3.-7. September 2000, Hamburg.
3. Tatiana Groudieva Ralf Grote, Hauke Trinks, Garabed Antranikian. 2001. Psychromonas arctica sp.nov., a new psychrotolerant bacterium isolated from Spitzbergen, Arctica. Posterpräsentation, Microbiology 2001 (VAAM), 25.-28. März 2001, Oldenburg.
4. Tatiana Groudieva, Ralf Grote, Garabed Antranikian. Psychromonas arctica sp. nov., a new psychrotolerant, biofilm forming bacterium isolated from Spitzbergen, Arctica. Intl. J. Syst. Evol. Microbiol., eingereicht.
Tatiana Groudieva and Garabed Antranikian. Brachybacterium arcticum sp. nov., a new psychrotolerant bacterium isolated from sea water, Spitzbergen, Arctica. Intl. J. Syst. Evol. Microbiol., in Vorbereitung.


Fazit

Das Screening Programm nach neuen psychrophilen Mikroorganismen aus der Nordpolarregion um Spitzbergen wurde erfolgreich abgeschlossen. Die Charakterisierung und Identifizierung der neuisolierten Stämme wurde durchgeführt. Zwei Neuisolate, Psychromonas arctica und Brachybacterium arcticum, wurden als neue Arten beschrieben.
Die hydrolytischen Enzymsysteme ausgewählter Neuisolate wurden charakterisiert. Die Untersuchungen an den Enzymen ß-Galaktosidase und Amylase deuten darauf hin, dass sie in der biotechnologischen Industrie angewendet werden können.

Übersicht

Fördersumme

81.576,62 €

Förderzeitraum

01.05.1999 - 30.06.2001

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik