Oranienbaum. Der Minister fĂŒr Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalts, Dr. Hermann Onko Aeikens, stattet auf Einladung der Hochschule Anhalt und der Primigenius gGmbH am 11. Juli dem regional und deutschlandweit beachteten Beweidungsprojekt in der Oranienbaumer Heide einen Besuch ab. Auf der mit 800 Hektar gröĂten WeideflĂ€che Sachsen-Anhalts, fĂŒr die die Naturerbe-Tochter der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) die Verantwortung trĂ€gt, werden als Basismanagement Koniks und Heckrinder in extensiver Ganzjahresbeweidung eingesetzt, um die OffenlandlebensrĂ€ume fĂŒr gefĂ€hrdete Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und eine Verbuschung zu stoppen. An dem Besuch werden auch DBU-GeneralsekretĂ€r Dr. Heinrich Bottermann sowie Vertreter des BiosphĂ€renreservates Mittelelbe, des Bundesforstbetriebes Mittelelbe, der Oberen und Unteren Naturschutzbehörde des Landesamtes fĂŒr Umweltschutz sowie des Amtes fĂŒr Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF Anhalt) teilnehmen, die zur Umsetzung des Projektes beigetragen haben.
DBU geförderte Studie legt den Grundstein
Die Oranienbaumer Heide zĂ€hlt zu den biotop- und artenreichsten Gebieten Sachsen-Anhalts mit einer Vielzahl bereits als gefĂ€hrdet eingestufter Tier- sowie Pflanzenarten. Vor diesem Hintergrund hat die DBU zwischen 2008 und 2012 im Modellgebiet Oranienbaumer Heide ein Projekt der Hochschule Anhalt zur Entwicklung von kosteneffizienten Strategien zum Erhalt und zur Entwicklung von FFH-OffenlandlebensrĂ€umen auf groĂen FlĂ€chen gefördert. Auf der Grundlage dieses Projektes gelang es, die groĂflĂ€chig zusammenhĂ€ngenden OffenlandlebensrĂ€ume von europĂ€ischer Bedeutung, wie die prioritĂ€ren âBasenreichen Sandrasenâ, die âTrockenen europĂ€ischen Heidenâ sowie âSilbergraspionierfluren auf BinnendĂŒnenâ, zu erhalten bzw. zu renaturieren.
Naturschutzfachliche Erfolge auf 305 Hektar
Im Rahmen der zweistĂŒndigen Exkursion werden die naturschutzfachlichen Erfolge des Beweidungsprojektes durch die Hochschule Anhalt und Vertreter der Primigenius gGmbH vorgestellt. Die Bewirtschaftung durch die Primigenius gGmbH wird auf der bis zum Jahr 2013 mehrfach erweiterten FlĂ€che aktuell auf einer 305 Hektar groĂen TeilflĂ€che durch eine AgrarumweltmaĂnahme gefördert. Alle beteiligten Akteure sind aber optimistisch, dass ab 2015 weitere TeilflĂ€chen in OffenlandlebensrĂ€umen mit europĂ€ischer Bedeutung in die Agrarförderung einbezogen werden können und damit das groĂe Engagement des Bewirtschafters beim Erhalt der BiodiversitĂ€t in diesen LebensrĂ€umen stĂ€rker honoriert wird. Die QualitĂ€t des in der Oranienbaumer Heide produzierten Fleisches wird bereits von vielen Kennern hoch geschĂ€tzt. Zum Abschluss der Exkursion wird die Primigenius gGmbH eine hauseigene Wurst-SpezialitĂ€t bei einem kleinen Imbiss vorstellen und von allen Teilnehmern verkosten lassen.
Mittel des Landes Sachsen-Anhalt fördern das Beweidungsprojekt
Die Koordination des Projektes, die wissenschaftliche Begleitung und die naturschutzfachliche Erfolgskontrolle durch die Hochschule Anhalt wird aktuell ĂŒber Mittel des Landes Sachsen-Anhalt (ELER) gefördert. Die Ergebnisse zeigen beispielsweise eine eindeutige Verbesserung der ErhaltungszustĂ€nde der zu Projektbeginn ruderalisierten, vergrasten und teilweise verbuschten basenreichen Sandrasen. Die in der Oranienbaumer Heide vorkommenden Sandrasen sind die gröĂten zusammenhĂ€ngenden Vorkommen in Sachsen-Anhalt. Im Verlauf der Exkursion werden diese arten- und blĂŒtenreichen Offenlandschaften mit einem reichen Vorkommen an charakteristischen Tier- und Pflanzenarten vorgestellt.
Heckrinder und Koniks halten das Offenland frei
Typische Effekte der Beweidung in allen vorkommenden Lebensraumtypen sind eine Verbesserung der lebensraumtypischen Habitatstrukturen und eine deutliche Erhöhung der Anzahl an Pflanzenarten auf den untersuchten DauerbeobachtungsflĂ€chen. Insbesondere zumeist gefĂ€hrdete Arten magerer Standorte profitierten von dem Beweidungsmanagement auf der DBU-NaturerbeflĂ€che Oranienbaumer Heide. Ăber den kombinierten Einsatz der beiden robusten Weidetierrassen werden Synergieeffekte durch ein unterschiedliches FraĂ-Verhalten genutzt, die sich positiv auf die Entwicklung der OffenlandlebensrĂ€ume auswirken. Beispielsweise haben die Pferde einen gröĂeren Anteil an der flĂ€chenhaften ZurĂŒckdrĂ€ngung des konkurrenzstarken Landreitgrases. Dagegen verbeiĂen die Heckrinder den Gehölzaufwuchs stĂ€rker. Der Wiederaustrieb der aus Nordamerika stammenden SpĂ€tblĂŒhenden Traubenkirsche nach der Entkusselung wird durch die Rinder seit fĂŒnf Jahren so stark verbissen, dass die Art auf der WeideflĂ€che nicht mehr fruchten kann.
Typische Vogelarten finden sich wieder vermehrt ein
Bei den Vogelarten des Anhanges I der Vogelschutzrichtlinie der EuropĂ€ischen Union nahm die Anzahl an Brutpaaren zwischen 2005 und 2012 bei vielen Arten der Offen- und Halboffenlandschaften deutlich zu. Das gilt beispielsweise fĂŒr typische Arten von Heidelandschaften wie den Ziegenmelker. Auch bei typischen Arten der Kulturlandschaften wie Wendehals, Heidelerche, Neuntöter oder Schwarzkehlchen waren die Brutpaare in den Bereichen am höchsten, die am lĂ€ngsten beweidet und zugleich auch groĂflĂ€chig zu Beginn der Beweidung entbuscht wurden. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zum langjĂ€hrigen AbwĂ€rtstrend bei Vogelarten der Agrarlandschaften in Europa (Farmland-Bird-Index).
Mahd von HeideflĂ€chen unterstĂŒtzt die BeweidungsmaĂnahme
Als weitere ergĂ€nzende MaĂnahme zum Basismanagement Beweidung werden die stark ĂŒberalterten und verholzten Heidekraut-BestĂ€nde sukzessive einmalig durch Mahd verjĂŒngt. Die bereits gemĂ€hten HeideflĂ€chen werden durch die Rinder und Pferde signifikant hĂ€ufiger zur Futteraufnahme genutzt als die ĂŒberalterten und stark verholzten Heidekraut-BestĂ€nde. Diese ergĂ€nzenden MaĂnahmen werden durch die stoffliche Verwertung des Landschaftspflegematerials kostenneutral in Kooperation mit dem Bundesforstbetrieb Mittelelbe als Dienstleister fĂŒr die FlĂ€cheneigentĂŒmerin, die Naturerbe-Tochter der DBU, auf ca. 460 Hektar FlĂ€che umgesetzt.
Besuch möglich: Wegenetz, Lehrpfad und Exkursionen
Das Beweidungsprojekt in der Oranienbaumer Heide besitzt eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Dazu trug insbesondere die durch die Naturerbe-Tochter der DBU finanzierte Munitionsbergung und Ăffnung von Wegen fĂŒr Erholungssuchende bei, aber auch die Einrichtung eines Lehrpfades sowie jĂ€hrliche von der Hochschule Anhalt in Zusammenarbeit mit der Primigenius gGmbH veranstaltete Exkursionen und Informationsveranstaltungen. Die Naturerbe-Tochter der DBU ist EigentĂŒmerin von 47 NaturerbeflĂ€chen in neun BundeslĂ€ndern. Auf den insgesamt rund 60.000 Hektar â gröĂtenteils ehemalige MilitĂ€rflĂ€chen â sollen offene LebensrĂ€ume mit seltenen Arten durch Pflege bewahrt, WĂ€lder möglichst ohne menschlichen Eingriff ihrer natĂŒrlichen Entwicklung ĂŒberlassen, artenarme Forste zu naturnahen WĂ€ldern und Feuchtgebiete sowie GewĂ€sser ökologisch aufgewertet oder erhalten werden.