Innovative Klimaforschung und kluge Köpfe für zirkuläres Geschäftsmodell

Deutscher Umweltpreis der DBU für Prof. Seneviratne und ZINQ
Innovativ und zirkulär: Das Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel und Ingenieurin Dr. Birgitt Bendiek des Stahlverzinkungsbetriebs ZINQ erhält 2025 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für besseren Umweltschutz durch weniger Rohstoff-Verbrauch und geringeren Energiebedarf. Beide teilen sich die Auszeichnung in Höhe von insgesamt 500.000 Euro mit der Schweizer Klimaforscherin Prof. Dr. Sonia Seneviratne.
© Markus Große Ophoff/DBU
Die Schweizer Klimaforscherin Prof. Dr. Sonia Seneviratne erhält den Deutschen Umweltpreis 2025 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Die Auszeichnung in Höhe von gesamt 500.000 Euro teilt sie sich mit dem Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel und Dr.-Ing. Birgitt Bendiek vom Stahlverzinkungsbetrieb ZINQ.
© ETH Zürich

Osnabrück. Exzellente innovative Klimaforschung und inspirierendes Vorbild für Ressourcen-, Energie- und Umweltschutz in der rohstoffintensiven Zinkbranche: Diese Leistungen würdigt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit dem diesjährigen Deutschen Umweltpreis von gesamt 500.000 Euro, einer der höchstdotierten Umweltauszeichnungen Europas. Geehrt werden die Schweizer Klimaforscherin Prof. Dr. Sonia Isabelle Seneviratne (51) von der ETH Zürich sowie das Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel (59) und Ingenieurin Dr. Birgitt Bendiek (58) des Stahlverzinkungsunternehmens ZINQ. Die Verleihung ist am Sonntag, 26. Oktober, in Europas Kulturhauptstadt 2025 Chemnitz. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier überreicht den Preis.

Neue Erkenntnisse zum Klimasystem und inspirierendes Vorbild für rohstoffintensive Branche

Die „brillante Klimawissenschaftlerin“ Seneviratne habe durch neue Forschungsmethoden etwa mittels Satellitenbildauswertungen und „bahnbrechende Studien zur Land-Klima-Dynamik Wechselwirkungen von Bodenfeuchte, Vegetation, Verdunstung und Atmosphäre im internationalen Diskurs sichtbar gemacht“, so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „So wissen wir, dass Verdunstung, die im Durchschnitt zwei Drittel allen Niederschlags auf Kontinenten in die Atmosphäre zurückbringt, eine wichtige Rolle bei Trockenheit spielt und Bodenfeuchte eine Schlüsselvariable des Klimasystems ist.“ Dank Seneviratne „berücksichtigen globale Klimamodelle Faktoren wie Bodenfeuchte, Vegetation und Verdunstung deutlicher als zuvor“. Ein Grund: Durch vermehrte Trockenheit infolge des Klimawandels ist die Ökosystemfunktion von Landvegetation als Speicher für klimaschädliche Treibhausgase (THG) wie Kohlendioxid (CO2) in Gefahr. Die Wirkung als eine solche sogenannte CO2-Senke „hängt maßgeblich von ausreichender Bodenfeuchte ab“, so Seneviratne. Baumgürtel und Bendiek sind laut Bonde „beharrlich, hartnäckig und mit wirtschaftlichem Wagemut seit Jahrzehnten auf der Jagd nach der letzten Kalorie: Mit ihrem zirkulären Geschäftsmodell steht für beide die Circular Economy, also die umfassende Kreislaufwirtschaft, im Mittelpunkt – vom Produktdesign bis zum Recycling.“ Das sei „inspirierendes Vorbild für eine rohstoffintensive Branche“. Von Blechen, Brücken und Balkonen über Fahrzeugbau bis hin zu Windenergie- und Solaranlagen: Verzinkung – eine von verschiedenen Beschichtungsmethoden – schützt Stahl vor Rost, bundesweit jährlich rund zwei Millionen Tonnen, davon durch ZINQ etwa 550.000 Tonnen an allen 50 Standorten in Europa. Jedes Jahr verursacht Rost allein in Deutschland immensen volkswirtschaftlichen Schaden, laut Welt-Korrosions-Organisation WCO und Max-Planck-Gesellschaft zwischen 100 und 150 Milliarden Euro. Ohne Verzinkung wäre die Summe weitaus höher.

Zirkuläre Zukunft: Ein Arbeiter schöpft im Stahlverzinkungsbetrieb ZINQ am Standort Hagen sogenannte Zinkasche von der Oberfläche des Zinkbads ab, damit der Rohstoff für die nächste Verzinkung von Stahlteilen in einer Zinkschmelze wiederverwendet werden kann.
© Klaus Jongebloed/DBU
Frisch verzinkt: Am Standort Hagen des Stahlverzinkungsbetriebs ZINQ werden Stahlteile aus einer mehr als 400 Grad heißen Zinkschmelze gezogen. Verzinkung schützt Stahl vor Rost. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) zeichnet das ZINQ-Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel und Dr.-Ing. Birgitt Bendiek dieses Jahr mit dem Deutschen Umweltpreis aus.
© Klaus Jongebloed/DBU

Bonde: Patentiertes Mikrozink-Verfahren ist mittelständische Pionierarbeit

Durch diverse Maßnahmen von Wärmerückgewinnung über optimierte Steuerungstechnik bis hin zu einem patentierten Mikrozink-Verfahren dreht sich beim Gelsenkirchener Oberflächenspezialisten und den rund 2500 Mitarbeitenden an allen Standorten, darunter etwa 20 in Deutschland mit ungefähr 1000 Beschäftigten, alles um zirkuläre Produkte – vom kreislauffähigen Design bis zur vollständigen Wiederverwertung aller eingesetzten Rohstoffe. Dazu zählt auch ein digitaler zirkulärer Produktpass. „Eine zirkuläre Wirtschaftsweise für energie- und ressourcenintensive Unternehmen ist machbar“, sind Bendiek und Baumgürtel überzeugt. Basis dafür seien rohstoffschonende, materialgesunde, CO2-arme und kreislauffähige Produkte. Seit mehr als zehn Jahren zertifiziert das Unternehmen alle Stückverzinkungsoberflächen, darunter auch das Mikrozink-Verfahren, nach dem Cradle to Cradle-Konzept auf Basis von fünf Nachhaltigkeitskriterien – immer mit dem Ziel, die energetische und stoffliche Transformation voranzubringen. Bilanz bisher: enorme Ersparnis an Energie und Rohstoff plus Reduzierung der THG-Emissionen, seit 2010 etwa 285.000 Tonnen CO2. Bonde: „Mikrozink ist mittelständische Pionierarbeit.“ Das patentierte Verfahren, auch ermöglicht durch die eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung im sogenannten ZINQ Futurium am Standort Gelsenkirchen, hat im Vergleich zur klassischen Feuerverzinkung eine um 80 Prozent reduzierte hauchdünne Zink-Deckschicht von lediglich noch zehn Mikrometern statt 80 bis 100 Mikrometern. Dünner als ein Haar.  

Vom IPCC bis zur Nationalen Trockenheitsplattform: Klimaschutz vorangebracht

Nach Bondes Worten würdigt der Deutsche Umweltpreis auch Seneviratnes „herausragende Klimaschutzkommunikation“. Sie habe es zudem nicht bei Warnungen und Appellen belassen, sondern Klimaschutz „mit hohem persönlichen Engagement vorangebracht“. Der DBU-Generalsekretär nennt in diesem Zusammenhang Seneviratnes Wirken im Vorstand des Weltklimarats IPCC, außerdem die durch ihre Forschungen in die Wege geleitete Gründung der Nationalen Trockenheitsplattform, eines vom Schweizer Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) koordinierten Frühwarnsystems. In Zeiten zunehmender Falschmeldungen und Verschwörungstheorien leiste Seneviratnes faktenbasierte Forschung unentbehrliche Orientierung, so Bonde. Dazu gehört auch diese Erkenntnis: Fehlt die Verdunstung, können extrem trockene Böden zu einem starken Temperaturanstieg in der Atmosphäre führen. Die fehlende Bodenfeuchte spielt dann auch im Zusammenhang mit Hitzewellen eine zentrale Rolle.

Kleine Pause: Einige Mitarbeitende der rund 50 Beschäftigten des Stahlverzinkungsbetriebs ZINQ am Standort Hagen. Dort werden Stahlteile nach dem patentierten Mikrozink-Verfahren vor Rost geschützt – mit einer Deckschicht dünner als ein Haar.
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Mit globalen Klimamodellen und Satellitenbildern erforscht Klimawissenschaftlerin Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne (Bild) die Verteilung der Feuchtigkeit. Trockenperioden lassen sich oft Wochen im Voraus vorhersagen – was zum schweizweiten Frühwarnsystem verholfen hat. Die Forscherin erhält 2025 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und teilt sich die Auszeichnung in Höhe von gesamt 500.000 Euro mit dem Geschäftsführungsduo Lars Baumgürtel und Dr.-Ing. Birgitt Bendiek vom Stahlverzinkungsbetrieb ZINQ.
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Hintergrund:
Der 2025 zum 33. Mal verliehene Deutsche Umweltpreis der DBU zeichnet Leistungen von Menschen aus, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen. Für Vorschläge an die DBU sind etwa Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Kirchen, Umwelt- und Naturschutzverbände, wissenschaftliche Vereinigungen, Forschungsgemeinschaften, Medien, das Handwerk und Wirtschaftsverbände berechtigt. Selbstvorschläge sind nicht möglich. Eine vom DBU-Kuratorium ernannte Jury unabhängiger Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Gruppen empfiehlt dem DBU-Kuratorium Preisträgerinnen und Preisträger für das jeweilige Jahr. Das DBU-Kuratorium fällt die endgültige Entscheidung. Infos zum Deutschen Umweltpreis und Ausgezeichneten:
https://www.dbu.de/umweltpreis

Interdisziplinäre Forschung und innovative Methoden: Die ETH-Professorin Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne (mittlere Reihe, fünfte von links) beweist gemeinsam mit ihrer Instituts-Gruppe Land-Klima-Dynamik, wie Bodenfeuchte, Pflanzen und Atmosphäre zusammenwirken und den Klimawandel verstärken.
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