Universität Münster
Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung
Sprecher des ZIN
Heisenbergstr. 2
48149 Münster
Das Projekt „Zukunft schmackhaft machen!" erkundet Wege zur praktischen und inklusiven Umsetzung der kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie Tecklenburgs, bei der Bürger*innen wünschenswerte Zukünfte erträumen und aktiv mitgestalten. Verschiedene Zukunftsbausteine tragen dazu bei, die transformative Resilienz der Region zu stärken und „Zukunftsangst in Zukunftsmut“ zu verwandeln.
Die immer stärker spürbaren, vielschichtigen Veränderungen und die multiplen Krisen (u. a. Klimakrise, Kriege, Artensterben, wachsende Ungleichheit, demographischer Wandel) gehen vielfach mit starken Affekten einher: Insbesondere Unsicherheiten und Ängste besitzen das Potenzial, Konflikte zu verschärfen und antidemokratische Haltungen zu stärken. Damit tragen sie zur Bedrohung demokratischer Strukturen und Prozesse bei.
Um Unsicherheiten und Ängsten konstruktiv zu begegnen und gleichzeitig Menschen darin zu bestärken, sich für eine aktive Gestaltung ihrer Zukunft zu engagieren, bedarf es transformativer Bildungsansätze, die Menschen zusammenführen, um gemeinsam individuelle und kollektive Lern- und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu erleben.
Damit die Potenziale und Chancen von Transformationen stärker in den Fokus rücken als deren Risiken, ist es von besonderer Bedeutung, dass Menschen Selbstwirksamkeit sowie Gestaltungsmöglichkeiten erfahren. Die Motivation und Ermutigung zur aktiven Mitgestaltung steht als Leitgedanke hinter dem Konzept des Reallabor-Projekts.
Daher werden in Tecklenburg konkrete Lösungsansätze für anstehende Herausforderungen erprobt. Das gemeinsame Handeln und Lernen verschiedener Akteur*innen vor Ort steht dabei im Mittelpunkt. Die lokalen Transformationsprozesse werden auf diese Weise unterstützt. Gleichzeitig fungiert das Reallabor in der Modellkommune Tecklenburg als Prototyp und ermöglicht den Transfer in andere Kommunen, Regionen und Kontexte.
Im Rahmen des Projekts werden Zukunftsbausteine (ZB) konzipiert und erprobt, die an die Handlungsfelder der Tecklenburger Nachhaltigkeitsstrategie anknüpfen und einzelne Transformationsherausforderungen in den Mittelpunkt stellen:
ZB1: Transformative Resilienz – klimatisch, ökologisch, mental
ZB2: Auswirkungen des Ernährungssystems auf planetare & menschliche Gesundheit
ZB3: Migration, (Klima-)Flucht & Nachhaltigkeit
ZB4: Nachhaltige Digitalisierung & Künstliche Intelligenz in Kommunen
ZB5: Sozial gerechte & inklusive Gestaltung der Energieversorgung in Quartieren
Zentrales Element der Zukunftsbausteine ist die „Tafel der Utopien“, bei der es sich um einen Workshop mit einer Mischung aus interaktiven, thematischen und kulinarischen ‚Zutaten‘ handelt. Menschen aus verschiedenen sozialen, beruflichen und ökonomischen Kontexten und unterschiedlichen Alters werden eingeladen, einen Vorgeschmack auf eine wünschenswerte Zukunft zu bekommen. Insbesondere Personen, die bisher von der Teilhabe an Zukunftsvisionsprozessen und gesellschaftlicher Gestaltung ausgeschlossen sind, werden bei der „Tafel der Utopien“ adressiert und durch spezifische Angebote und Maßnahmen zum Abbau von Barrieren gefördert (z.B. organisierte Kinderbetreuung, adressat*innenorientierte Ansprache). Das gemeinsame Essen ermöglicht einen niedrigschwelligen Begegnungsraum und bildet die Basis für Begegnungen auf Augenhöhe und für die inhaltliche Auseinandersetzung mit den physischen Lebensgrundlagen sowie dem jeweiligen Thema des Zukunftsbausteins.
Die Kommune Tecklenburg ist eine von 18 Modellkommunen in NRW, die in einem partizipativen Prozess eine eigene kommunale Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt hat. Zusammen mit dem Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung (ZIN) der Universität Münster, dem Bioland-Hof Wurzeln & Hörner auf Haus Hülshoff und dem Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) hat die Stabsstelle Klimaschutzmanagement der Stadt Tecklenburg ein Reallabor gegründet, um den Umsetzungsproess zu begleiten. Der Hof bietet als bereits etablierter Knotenpunkt (z.B. Solidarische Landwirtschaft, außerschulischer Förderschullernort u.v.m.) den passenden Rahmen als Veranstaltungs- und Erlebnisort für die Projektaktivitäten und dafür, mehr Menschen die Zukunft „schmackhaft“ zu machen.
Das Reallabor Tecklenburg ist im Verständnis transdisziplinärer Forschung als Erprobungsraum mit Modellcharakter angelegt. Je nach den Bedarfen der Projektpartner*innen und Praxisakteur*innen vor Ort werden im Projektverlauf weitere Zukunftsbausteine entwickelt. Um Erfahrungen aus dem Projekt als Prototyp auf andere Regionen und Zielgruppen zu übertragen, werden diverse Transfermaßnahmen in den Projektprozess mit einbezogen. Der Innovation Hub "Sozial-ökologische Nachhaltigkeit“ der europäischen Hochschulallianz ULYSSEUS, die „Prozesskette Nachhaltigkeit NRW“, das agroforst-monitoring und die Mitmach-Regionen bieten passende Ankerpunkte für Transfer, Adaption und Verbreitung.