Projekt 39080/01

Konzept für die Wiederverwendung von Stahlbetonteilen mit stahlbaubasierten Anschlüssen (RECON)

Projektdurchführung

Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Institut für Massivbau und Baustofftechnologie (IMB)
Abteilung Massivbau
Gotthard-Franz-Str. 3
76131 Karlsruhe

Zielsetzung

Ein großer Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen und des Abfallaufkommens ist auf den Bausektor zurückzuführen. In Deutschland fallen dabei durch den Rückbau bestehender Gebäude große Mengen an Abfällen insbesondere aus Stahlbeton an. Im Gegensatz zu Stahl- oder Holzbauteilen, für die bereits Recyclingmethoden vorhanden sind, findet eine Weiter- oder Wiederverwendung von Stahlbeton noch nicht statt. Zwar reduziert Recyclingbeton das Abfallvolumen, hat jedoch keinen positiven Effekt auf die CO₂-Bilanz, da weiterhin emissionsintensiver Zement benötigt wird. Vor dem Hintergrund zunehmender Rohstoffknappheit, steigender Emissionen und wachsender Rückbauvolumina gewinnt die Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen zunehmend an Bedeutung. Bislang fehlen jedoch technische Konzepte, die eine mehrfache Wiederverwendung durch geeignete Verbindungstechniken ermöglichen.
Ziel des Projekts ist daher die Entwicklung einer praktikablen Methodik zur Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Durch die systematische Aufbereitung und erneute Nutzung rückgebauter Stahlbetonelemente in modularen Baukastensystemen soll die Grundlage geschaffen werden, um das Abfallaufkommen in der Bauindustrie signifikant zu reduzieren und gleichzeitig große Mengen an CO₂-Emissionen bei der Errichtung neuer Gebäude einzusparen. Kern des Projektes ist der Rückbau bestehender Stahlbetonbauteile mit dem Ziel, diese in standardisierte und wiederverwendbare Bauteile umzuwandeln. Diese sollen anschließend mit geeigneten, stahlbaulichen Anschlussdetails ausgestattet werden, sodass sie als modulare Fertigteile in neuen Bauwerken lösbar mit einander verbunden und somit mehrfach wiederverwendet werden können. Die nachfolgenden Forschungsziele stehen dabei im Fokus des Projekts:
1. Konzeption eines modularen Baukastensystems mit geeigneten stahlbaulichen Anschlussdetails für die Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen;
2. Entwicklung eines Leitfadens sowie eines standardisierten Prozessablaufs für die Bewertung, den Rückbau und die Aufbereitung
3. Bewertung des Emissionsreduzierungspotenzials der angestrebten Bauweise;
4. Anwendung und Validierung des Konzepts anhand eines maßstäblichen Demonstrators.

Arbeitsschritte

Die Methodik zur Erreichung der Projektziele ist in Bild 1 schematisch dargestellt. In Arbeitspaket AP1 soll zunächst ein Konzept für ein modulares Baukastensystem entwickelt und anschließend bewertet werden. Im nächsten Schritt (Arbeitspaket AP2) erfolgt die Analyse bestehender Methoden, beispielsweise zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften. Auf Basis der Erkenntnisse aus AP1 und AP2 erfolgt die Ableitung eines initialen Leitfadens, der einen standardisierten Prozessablauf vorgibt und spezifische Anforderungen an eine Wiederverwendung mit lösbaren Verbindungen definiert. In Arbeitspaket AP3 steht die Entwicklung lösbarer stahlbauliche Anschlussdetails für das Bausystem im Fokus. Im Arbeitspaket AP4 erfolgt die Analyse des Emissionsreduzierungspotenzials der vorgestellten Bauweise und die Bewertung der Kreislauffähigkeit. Abschließend wird zur Erprobung der erarbeiteten Methoden und des Leitfadens ein realer, beispielhafter Rückbau durchgeführt und ein Demonstrator (Arbeitspaket AP5) errichtet.

Ergebnisse

Im Rahmen dieses Projekts wurde ein Konzept für ein modulares Baukastensystem zur Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen entwickelt. Die Grundlage hierfür bildet eine Skelettbauweise mit funktional gebundenen Modulen, die über standardisierte, lösbare Knotenpunkte verbunden werden. Die gewählte Baukastensystematik ermöglicht die Integration verschiedenartiger Bauteile und sorgt so für eine hohe Flexibilität und Wiederverwendbarkeit. Herausforderungen ergaben sich insbesondere bei der Integration von Sonderbauteilen und der erforderlichen Verfügbarkeit umfassender Bauteildatenbanken. Zur Bewertung der Wiederverwendung wurde ein neuer, modular anwendbarer Leitfaden entwickelt. Dieser umfasst eine ganzheitliche Prozesskette mit sieben Hauptschritten (vgl. Bild 2). Der Prozessablauf berücksichtigt sowohl technische als auch materialbezogene Anforderungen und stellt damit eine wichtige Grundlage für die praktische Umsetzung dar.
Für die Schnittstellen zwischen den verschiedenen, rückgebauten Stahlbetonbauteilen wurden lösbare Stahlbauanschlüsse entwickelt. Diese entwickelten Details können auf Grundlage gängiger Regelwerke nachgewiesen werden, was eine zeitnahe, technische Umsetzung begünstigt. Die Anschlussdetails sind so entworfen, dass sie flexibel entsprechend der jeweils vorliegenden Bauteilgeometrien und Bewehrungsanordnungen individuell ausgebildet werden können. Insgesamt ermöglichen die entwickelten Details eine einfache Montage, Demontage und Wiederverwendung. Die ökologische Bewertung der angestrebten Bauweise zeigt signifikante Einsparpotenziale. Im Vergleich zur konventionellen Ortbetonbauweise konnten die CO₂-Emissionen eines repräsentativen Beispielvorhabens bei Verwendung des vorgestellten Wiederverwendungskonzepts um etwa zwei Drittel reduziert werden. Da eine mehrfache Wiederverwendung der Stahlbetonbauteile sowie der stahlbaulichen Anschlussdetails gewährleistet ist, ist auch die Kreislauffähigkeit des Konzepts gegeben.
Zur praktischen Erprobung der erarbeiteten Methoden wurden im Rahmen eines regulären Rückbaus Bauteile für die Wiederverwendung entnommen. Die rückgebauten Stahlbetonbauteile konnten erfolgreich digital erfasst, bewertet und aufbereitet werden. Die anschließende Errichtung eines realmaßstäblichen Demonstrators, bei dem die rückgebauten Stahlbetonbauteile mit den vorgestellten stahlbaulichen Anschlussdetails gefügt wurden, validiert die vorgestellte Bauweise.

Öffentlichkeitsarbeit

Nach Abschluss des Projekts sollen die wesentlichen Ergebnisse als Fachzeitschriftenartikel veröffentlicht werden.

Fazit

Im Rahmen des Projekts wurde ein Konzept zur Wiederverwendung von Stahlbetonbauteilen entwickelt. Dieses soll zur Etablierung zirkulärer Bauweisen beitragen. Die entwickelte Baukastenstrategie zeichnet sich durch ihre hohe Flexibilität aus. Über die Knotenpunkte und Bauteilstöße lassen sich verschiedene Bauteilarten und -abmessungen problemlos integrieren. Die konstruierten stahlbaulichen Anschlussdetails haben sich als technisch umsetzbar erwiesen und lassen sich in großen Teilen mit bestehenden Normen bemessen. Die ökologische Bewertung des Wiederverwendungskonzepts zeigt ein erhebliches Potenzial zur CO₂-Reduktion. Die erfolgreiche, bespielhafte Anwendung des Leitfadens und des Baukastensystems sowie die anschließende Errichtung eines Demonstrators (vgl. Bild 3) bestätigen die technische Machbarkeit und das Potenzial der entwickelten Lösung für eine ressourcenschonende und zukunftsweisende Baupraxis.

Übersicht

Fördersumme

141.377,00 €

Förderzeitraum

01.03.2024 - 31.05.2025

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Resource conservation