Hochschule Hannover
Fakultät für Wirtschaft und Informatik
Betriebswirtschaftslehre
Ricklinger Stadtweg 120
30459 Hannover
In Mittelstädten wie Garbsen prägt das Auto weiterhin das alltägliche Mobilitätsverhalten – mit erheblichen Umweltfolgen wie CO₂-Emissionen, Luftverschmutzung und Flächenverbrauch. Obwohl bereits vielfältige nachhaltige Mobilitätsangebote vorhanden sind, bleiben sie oft unbekannt oder werden nicht genutzt. Gleichzeitig mangelt es vielen Bürger:innen an Bewusstsein für die ökologischen Auswirkungen ihrer Mobilitätsentscheidungen sowie an niedrigschwelligen Zugängen zu Alternativen. Auch in der Hochschulbildung fehlt es bislang häufig an praxisnahen Formaten, um Studierende systematisch für die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen nachhaltiger Mobilität zu sensibilisieren.
Vor diesem Hintergrund verfolgte das Fördervorhaben das Ziel, durch ein interdisziplinäres Reallaborformat duch Studierenden digitale Informationsangebote zur nachhaltigen Mobilität zu entwickeln, zu untersuchen und gemeinsam mit Bürger:innen und Praxispartnern weiterzudenken. Dabei standen insbesondere die Förderung transformativer Nachhaltigkeitskompetenzen bei Studierenden im Mittelpunkt, aber auch die Entwicklung lokalspezifischer Lösungsideen sowie der Transfer in kommunale und unternehmerische Kontexte. Das Projekt leistete so einen Beitrag zur Stärkung umweltfreundlicher Mobilitätsentscheidungen und zur langfristigen Reduktion verkehrsbedingter Umweltbelastungen.
Grundlage für das Projektziel war der Aufbau eines tragfähigen Netzwerks aus engagierten Hochschullehrenden verschiedener Disziplinen. Durch gezielte Ansprache konnten Lehrende aus verschiedenen Hochschulen gewonnen und kooperative Lehrveranstaltungen initiiert werden. In diesen Formaten arbeiteten Studierende an der Analyse konkreter Problemstellungen und der Entwicklung alltagsnaher Lösungsideen für eine umweltgerechtere Mobilität.
Die angewandten Methoden verbanden wissenschaftliche Strenge mit kreativen Innovationsansätzen: Interviews, Umfragen und Literaturanalysen wurden durch Design-Thinking-Workshops, Nutzer:innenbefragungen und visuelle Prototypen ergänzt. Auch psychologische und verhaltensökonomische Methoden kamen zum Einsatz, etwa zur Erforschung von Frustrationserleben oder der Wirkung digitaler Anreize. In mehreren Studierendenprojekten wurden quantitative Daten mittels multivariater Verfahren ausgewertet, um Einflussfaktoren auf das Umweltbewusstsein und das Mobilitätsverhalten zu identifizieren.
Durch die enge Verzahnung zwischen Hochschullehre, realen gesellschaftlichen Herausforderungen und partizipativen Methoden ging das Projekt über klassische didaktische Formate hinaus. Es trug dazu bei, wissenschaftliche Erkenntnisse in den Alltag zu überführen, die Problemlösungskompetenz von Studierenden zu stärken und neue Impulse für eine umweltgerechte Verkehrswende zu setzen – mit direkter Wirkung auf den Umgang mit Mobilität und deren Umweltfolgen.
Trotz erheblicher Einschränkungen durch den langfristigen Personalausfall konnten zentrale Projektziele erreicht werden. Insbesondere gelang es, bei zahlreichen Studierenden das Bewusstsein für die ökologische Dimension von Mobilität zu schärfen und Kompetenzen zu fördern, die für eine aktive Mitgestaltung nachhaltiger Transformationsprozesse erforderlich sind. Durch die Verbindung von wissenschaftlicher Analyse, kreativer Ideenentwicklung und realweltlicher Anwendung wurden transformative Nachhaltigkeitskompetenzen nicht nur thematisiert, sondern im Handeln erfahrbar gemacht.
Auch auf der Ebene der Lehrentwicklung zeigt das Projekt Wirkung: Es entstanden neue, anwendungsorientierte Formate in verschiedenen Fachdisziplinen, die sich an aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen orientieren. Lehrende wurden für die Relevanz transformativer Bildung sensibilisiert und mit neuen methodischen Ansätzen vertraut gemacht. Somit kann das Projekt als Impulsgeber für die Verankerung von Nachhaltigkeit in der Hochschullehre gelten – über die gesetzlich verankerten Bildungsziele hinaus.
Im Bereich der Umweltwirkungen liefert das Projekt Erkenntnisse darüber, welche Faktoren die Akzeptanz und Nutzung nachhaltiger Mobilitätsangebote beeinflussen. Studien zeigten u. a., dass Umweltbewusstsein, Informationsverfügbarkeit und digitale Zugänge (z. B. über Mobilitäts-Apps) zentrale Hebel darstellen. Zwar lässt sich aus bildungsbezogenen Projekten keine direkte, kurzfristige Umweltentlastung quantifizieren, jedoch liegt ein erheblicher indirekter Beitrag in der gezielten Förderung von Multiplikator:innen, die in ihrem späteren beruflichen Umfeld Einfluss auf Mobilitätsentscheidungen nehmen können. Zudem wurden konkrete Handlungsansätze entwickelt – etwa zur Gestaltung von Anreizsystemen oder zur Verbesserung der Mobilitätsinformation –, die bei Umsetzung in Mittelstädten wie Garbsen perspektivisch zur Reduktion von Emissionen, Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen beitragen können.
Ein zentrales Element der Ergebnisverbreitung war die Zusammenarbeit mit Praxispartnern wie bspw. den Stadtwerken Garbsen, der VHV Versicherung oder dem Start-up Klimeva. Studierende entwickelten dort praxisnahe Konzepte, die direkt vorgestellt und im Dialog mit den Partnern reflektiert wurden. Die Ergebnisse boten konkrete Anknüpfungspunkte für die betriebliche Umsetzung.
Im Dezember 2024 fand zudem eine Abschlussveranstaltung statt, bei der zentrale Projektergebnisse vorgestellt, Erfahrungen ausgetauscht und Perspektiven für Transfer und Weiterarbeit diskutiert wurden. Bereits zuvor war das Reallabor auf der Wirtschaftsinformatik-Konferenz 2023 in Paderborn sichtbar, begleitet von einem wissenschaftlichen Beitrag im Tagungsband.
Eine breitere Öffentlichkeitsarbeit – etwa über Social Media, Newsletter oder eine öffentlich zugängliche Webseite – war fest eingeplant, konnte jedoch aufgrund des unerwarteten und langfristigen Personalausfalls leider nicht umgesetzt werden.
Das Projekt zeigt, dass die Verbindung von Hochschullehre, gesellschaftlicher Relevanz und partizipativer Forschung ein geeigneter Ansatz ist, um Studierende für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren und zur aktiven Mitgestaltung anzuregen. Die gewählte Vorgehensweise – der Aufbau eines interdisziplinären Lehrnetzwerks, die Integration realer Fragestellungen in die Lehre sowie die enge Zusammenarbeit mit Praxispartnern – erwies sich als tragfähig und produktiv. Studierende entwickelten praxisorientierte Lösungsideen, Lehrende erhielten neue Impulse für ihre Lehre und Partnerinstitutionen profitierten von externen Perspektiven. Die gesetzten Ziele wurden in wesentlichen Punkten erreicht, auch wenn geplante Aktivitäten nicht realisiert werden konnten, vor allem durch den unerwarteten und langfristigen Personalausfall.