Übersee-Museum
Bahnhofsplatz 13
28195 Bremen
Die kulturellen und materiellen Ressourcen in Ozeanien und Australien sind enorm, doch ihre Nutzung wirft Fragen der Nachhaltigkeit und gerechten Verteilung auf. Die geplante virtuelle Ausstellung des Übersee-Museums soll eine Plattform bieten, die Wissen über Biodiversität, Klimawandel und begrenzte Ressourcen im Pazifikraum vermittelt. Gleichzeitig soll sie eine Vernetzung zwischen dem Museumspublikum und den Menschen der Pazifikregion ermöglichen.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie essenziell Online-Angebote für den Kulturbereich sind. Das Übersee-Museum, das ohnehin eine große überregionale Reichweite hat, möchte sein Publikum nun auch digital erreichen. Besonders Lehrende und Schüler*innen in Deutschland sollen von interaktiven Bildungsangeboten profitieren, die auf Forschendes Lernen und ästhetische Feldforschung setzen. Die digitale Ausstellung bietet so einen neuen Zugang für Menschen, die das Museum physisch nicht besuchen können.
Dieses Pilotprojekt eröffnet internationale Netzwerke und ermöglicht einen nachhaltigen Wissensaustausch mit lokalen Partnern. Die virtuelle Ausstellung schafft so nicht nur eine Brücke zwischen Deutschland und der Pazifikregion, sondern auch einen interkulturellen Diskussionsraum.
Konzeptentwicklung
Ziel des Projekts war ein kollaborativer Vermittlungsansatz. Das Übersee-Museum arbeitet nicht über, sondern mit Partnern aus außereuropäischen Regionen, um gemeinsame Fragestellungen und Formate zu entwickeln. Nachhaltige Lösungen globaler Probleme lassen sich nur kooperativ erarbeiten. Die große thematische Vielfalt machte eine lineare Erzählweise unmöglich. Stattdessen entstand das Konzept einer Plattform, die unterschiedliche Formate und Medien verknüpft. Zentrale Voraussetzung war die digitale Erfassung der musealen Sammlungen als Basis der Zusammenarbeit.
Erstellung von Content mit Partnern vor Ort
In Online-Workshops wurden Inhalte und Formate gemeinsam entwickelt. Kompetenzen und Interessen der Beteiligten wurden eingebracht, z. B. die naturkundlichen Kenntnisse des Übersee-Museums und die Umweltexpertise der NUS. Gemeinsam wurde ein Fokus auf die nachhaltige Nutzung von Süßwasserressourcen in Samoa gelegt. Daraus entstand ein Citizen-Science-Projekt für junge Menschen. Unterstützt durch Partner wie Kush Sethi wurde eine App entwickelt, die lokale Daten einfach erfassbar macht. Im Juni 2023 fand die Umsetzung in Samoa statt – mit Exkursionen, Workshops und aktiver Beteiligung von Studierenden. Ein Gegenbesuch der NUS in Deutschland im November 2023 diente dem Austausch zu Sammlungsmanagement. Inzwischen plant Samoa den Aufbau einer nationalen naturkundlichen Sammlung.
Umsetzung der gesammelten Inhalte für das Internet
Die Inhalte wurden professionell für die Online-Nutzung aufbereitet. Autorinnen, Grafikerinnen und Journalist*innen erstellten vielseitige Formate wie Essays, Slideshows und Infografiken. Die neuseeländische Firma Cultureshock entwickelte mit dem Übersee-Museum eine barrierearme, mobil optimierte Plattform. Eine Herausforderung war die Funktionalität bei geringer Bandbreite. Das Design orientiert sich an der Pandanus-Palme und regionaler Farbigkeit. Alle Inhalte sind auf Deutsch und Englisch verfügbar.
Veröffentlichung
Nach der redaktionellen Bearbeitung der Inhalte wurde die Plattform im Mai 2024 im Rahmen der Konferenz „Museum and the Internet“ als Soft Launch vorgestellt. Die offizielle Veröffentlichung erfolgte am 10.10.2024.
Das Ergebnis des Projekts ist eine im Internet verfügbare Plattform, die unterfolgender Adresse zu erreichen ist:
https://blue-continent.de/de
Das Projekt „Der blaue Kontinent“ behandelt die nachhaltige Nutzung physischer, biologischer und kultureller Ressourcen im pazifischen Raum. Im Fokus steht eine mehrsprachige Online-Plattform, weltweit nutzbar auf verschiedenen Geräten. Thematisch liegt der Schwerpunkt auf dem Monitoring von Süßgewässern, da Trinkwasser auf Inseln besonders sensibel auf menschliche Nutzung und Klimaveränderungen reagiert. Bedroht wird dadurch die Biodiversität – und damit die Resilienz ganzer Ökosysteme.
Extreme Wetterereignisse wie El Niño haben bereits Trinkwasserknappheit verursacht, künftig werden die Folgen noch gravierender erwartet. Diese Dringlichkeit betonten die Partner der National University of Samoa (NUS), die gemeinsam mit dem Übersee-Museum Bremen an dem Projekt arbeiten. Die NUS integriert Erkenntnisse in Forschung und Lehre, das Museum nutzt die Plattform zur Vermittlung naturkundlicher Inhalte. Dabei geht es auch um das Teilen von Wissen, da Biodiversitätsdaten oft in europäischen Museen konzentriert sind und für Herkunftsgesellschaften schwer zugänglich bleiben. Die Digitalisierung von Sammlungen wird als Möglichkeit gesehen, Wissen global gerechter zu verteilen.
Ursprünglich vor der Corona-Pandemie geplant, musste das Projekt durch Reisebeschränkungen neu strukturiert werden. Digitale Treffen ersetzten persönliche Kontakte. Der internationale Consultant Dyhan Europe BV half bei der Fokussierung der Inhalte. Auch der Vermittler Kush Sethi brachte neue Impulse im Bereich Public Engagement ein. Mit der neuseeländischen Firma Cultureshock wurde ein regionaler Partner für die Plattformentwicklung gewonnen. Trotz Zeitverschiebung und digitalen Formaten blieb das Projekt produktiv und zukunftsweisend.
Das Ergebnis des Projekts „Der Blaue Kontinent“ ist die Publikation einer Plattform auf der Themen der Natur und der Kultur des pazifischen Raumes erarbeitet sind und dem Publikum aktuelle Fragen, die auch die Menschen dieser Region beschäftigen, näherbringen. Indem diese Plattform konsequent zweisprachig ausgelegt ist, ist sie auch für ein internationales Publikum verfügbar. Es war von vornherein Zielsetzung, Menschen mit unterschiedlichsten Zugängen zum WWW zu erreichen, was gerade die Darstellungsform auf den unterschiedlichsten Endgeräten zur Herausforderung machte, die aber in allen Punkten gelöst wurde. Das Übersee-Museum stellt unter anderem die Plattform auf seiner eigenen Webseite zur Verfügung die von sich schon ein großes eigenes Besucheraufkommen umfasst. Zum anderen sind Inhalte und Projekte auch auf weiteren internationalen Plattformen verlinkt (Facebook-Kanal „Oceania Collection Voyages“, Youtube), was die Auffindbarkeit und Zugänglichkeit erhöht. Gleichzeitig sind einige Teile des Projekts auch in einer speziell für dieses Projekt entwickelten Zeitschrift publiziert, die sowohl im Museum als auch im Zeitschriften- und Buchhandel vertrieben werden soll.
Der Blaue KontinentMit diesem Projekt betrat das Übersee-Museum Neuland, da es sich in seiner Ausrichtung verstärkt einem digitalen Publikum zuwendete. Die Arbeitsweise des Museums wurde daher stärker international ausgerichtet. Das Einbringen unterschiedlicher Perspektiven beeinflusste die Museumsarbeit nachhaltig und wird sich auch in folgenden Projekten äußern. Diese Herangehensweise war Neuland für das Übersee-Museum. Versierte Partner trugen ein Gutteil dazu bei, dass der Fokus nicht verloren ging und andererseits die vorhandenen Ressourcen nicht überdehnt wurden. In der Beantragung war eine breite Zielsetzung formuliert, die in der Folgezeit so nicht umgesetzt werden konnte. Hier spielten äußere Faktoren wie die völlige Umgestaltung der Projektumsetzung bedingt durch die Corona-Pandemie eine Rolle. Ein wichtiger Faktor stellte aber die Zusammenarbeit mit den Partnern aus Samoa dar. Eine solche Kooperation erfordert ein gegenseitiges Verständnis der Bedürfnisse und Möglichkeiten der Projektpartner. Projekte dieser Art lassen sich nur auf Grundlage der Berücksichtigung dieser Faktoren umsetzen. Gerade aber die Fokussierung auf ein Thema und Rückbesinnung auf die spezifischen Museumskompetenzen ermöglicht es uns, unserem Publikum die Relevanz von Museen im Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit zu verdeutlichen, sowohl was Fragen zur Biodiversität und Klimawandel anbelangt, als auch dem Miteinander der unterschiedlichen Kulturen.