Erlangen. Auf dem sandigen Boden herrscht reges Treiben verschiedener Insekten, in der Luft liegt ätherischer Kiefernduft und am Rande einer weitläufigen Offenlandfläche sieht man eine Gruppe Pfauenziegen gemütlich grasen. Genau hier am Rande des Waldes und am Anfang des Sandmagerrasens aber mitten im Nationalen Naturerbe auf der DBU-Naturerbefläche Tennenlohe bei Erlangen findet Revierleiter Jens-Eckhard Meyer seinen Arbeits- und Wohlfühlplatz: „Als Förster in Tennenlohe geht meine Arbeit weiter als bis zum nächsten Baum. Ich sehe Heidekraut, Sand-Grasnelke, Silbergras, skurrile Formen der Kiefer und breite Buchenkronen. Hier bin ich ein Lebensraumwandler, der Strukturen, Zeit und Fläche miteinander verbindet“, beschreibt Meyer. Seit fast 30 Jahren betreut er die 440 Hektar große Fläche, die seit 2008 der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU), der DBU Naturerbe, gehört und dem Naturschutz gewidmet ist.
Ein Lebensraummosaik beschrieben von der Zeit
Den alten Kiefernstamm zwischen Gatter und den Ausläufern des Kiefernwaldes habe Meyer vor rund 12 Jahren liegen gelassen. Heute macht er hier gerne seine Pause und plant die nächste Naturschutzmaßnahmen für sein Revier. „Als Förster vor Ort kümmere ich mich nicht nur um den Wald, sondern schaffe Verbindungen zwischen verschiedenen Lebensräumen: Waldflächen mit sehr alten Eichen, Buchen und Kiefern treffen auf feuchte Moore, kleine Gewässer und trockene Sand- und Heideflächen“, erklärt Meyer. Ein Lebensraummosaik, dass sich durch und mit der Vergangenheit entwickelt hat. Bis 1994 wurde die Fläche militärisch genutzt. Zuvor übte die Deutsche Reichswehr und auch US-amerikanische Truppen Gefechtssituationen. Auf rund 100 Hektar wich der dominierende Kiefernbestand einer große Offenlandfläche für Artillerieübungen. Auffällige Bodensenken erinnern noch heute an Bombenabwürfe aus dem Zweiten Weltkrieg. „Die Strukturen der Vergangenheit sind nun Startpunkt für neue Entwicklungen. Und mein Beruf ist es, die Natur jeden Tag dabei zu unterstützen“, sagt Meyer.
440 Hektar dem Naturschutz gewidmet
Meyer begleitet den Wald und der Wald begleitet ihn: Als Sohn eines Försters verbrachte er viele Freizeiten im Jugendwaldheim und lernte schon früh erste Handgriffe. „Nach meinem Studium konzentrierten sich meine Tätigkeiten in verschiedenen Bundesforstbetrieben auf Forstwirtschaft, Verkehrssicherheit und Jagd. Mit dem Nationalen Naturerbe erhielt dann der Naturschutz Vorrang in meiner Arbeit“, erklärt Meyer. Seit 2008 ist der Tennenloher Forst Teil der wohl größten Naturschutzinitiative des Bundes, des Nationale Naturerbes, welches in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert. Es umfasst ehemalige Militärgebiete, Flächen am Grünen Band an der ehemals innerdeutschen Grenze und aus dem DDR-Volkseigentum sowie Sanierungsflächen des ostdeutschen Braunkohletagebaus – alles Flächen aus dem Bundesvermögen. Auf Initiative von Naturschutzorganisationen verzichtet der Bund seit 2005 auf die kommerzielle Privatisierung dieser naturschutzfachlich bedeutsamen Flächen auf insgesamt rund 164.000 Hektar und widmet sie dauerhaft dem Naturschutz.
„Es geht nur mit Menschen“
Meyer ist rund um Erlangen durchaus bekannt – nicht nur, weil er seit Jahrzehnten mit dem Tennenloher Forst in Verbindung gebracht wird. Spätestens seit dem Waldbrand im Mai kennen noch mehr Menschen den Förster. „Ich merke, ich bin manchmal bekannter als ich es mir selbst zutraue. Viele haben mich während des Waldbrandes im Fernsehen gesehen und sprechen mich sogar mit Namen darauf an“, erzählt Meyer und ergänzt mit einem Schmunzeln: „Knapp drei Wochen bin ich nur zum Schlafen und Hemdenwechseln nach Hause gekommen. Vor dem Auftritt im Fernsehen musste ich dann unbedingt zum Friseur, damit ich nicht aussehe wie der letzte Waldschrat. Dafür war eigentlich keine Zeit.“ Neben Tennenlohe betreut Meyer auch die DBU-Naturerbeflächen Hainberg, Oschenberg und Lauterberg. Tennenlohe und Hainberg liegen in der Metropolregion Nürnberg. „Meine Arbeit geht nur mit Menschen. Einige sind Wegbereiter, andere Sturköpfe und ich versuche alle auf dem Weg mitzunehmen“, sagt Meyer. Er scheue die Auseinandersetzungen nicht und so wird er vor Ort auch nicht müde, Besuchenden zu erzählen, dass es nicht erlaubt ist, die Sandsteinfelsen zum Sonnenbaden zu nutzen und dass selbst das Verweilen in einer Hängematte zwischen den Kiefern aufgrund der Munitionsbelastung gefährlich sei. „Die meisten hegen keine bösen Absichten und sind sich der Gefahr zum Teil auch gar nicht bewusst. Mich nerven nur solche, die wertvolle Naturlandschaften als Sportstätte sehen und weder auf Brut- und Setzzeit noch auf die Munitionsbelastung achten.“
Interesse für Naturschutz kennt keine Grenzen
Gleichzeitig freut Meyer sich über die neuen Impulse, die durch die Begegnungen und zahlreichen Akteure vor Ort entstehen: „Beim Gatterbau für die Beweidungskulisse im Offenland wurde die Ästige Mondraute entdeckt, ein kleiner Farn. Ich hielt ihn zunächst für unbedeutendes Gemüse. Johannes Marabini von der Unteren Naturschutzbehörde machte mich dann auf die besondere Art aufmerksam. Ein neues Tor für meine Interessen wurden geöffnet“, erklärt Meyer. So geht es dem Förster mit vielen Arten und Strukturen: „Im Rahmen des Beweidungsprojektes wurden im Dung von Ziegen und Pferden 23 verschiedene Mistkäferarten in Tennenlohe festgestellt. Viel Vielfalt ist schon da, ich habe sie einfach nur nicht gesehen.“ Die Neugierde treibe Meyer an und die Offenheit, sein Wissen mit anderen zu teilen. So lädt er im gleichen Atemzug alle ein, selbst die Geschichten der Natur in Tennenlohe ein Stück zu begleiten.