Technische Universität Dresden
Institut für Wasserbau und Technische Hydromechanik
August-Bebel-Str. 30
01219 Dresden
Die ökologische Durchgängigkeit von Fließgewässern ist eine entscheidende Voraussetzung für das Erreichen des im deutschen Wasserhaushaltsgesetz geforderten guten ökologischen Zustands. Während für Fischaufstiegsanlagen in der Fachwelt anerkannte Planungsempfehlungen existieren, fehlen wissenschaftlich fundierte und übertragbare Vorgaben für Fischabstiegsbypässe. Dies betrifft insbesondere die hydraulischen Bedingungen am Bypasseinstieg. Bisherige Empfehlungen zur hydraulischen Gestaltung beruhen auf Einzelbefunden mit begrenzter Übertragbarkeit. Vor allem an Wasserkraftanlagen (WKA), bei welchen die Gefahr von Fischverletzungen in der Turbine besteht, stellt die unzureichende Effektivität von Fischschutzsystemen ein gravierendes Problem dar. Viele WKA verfügen aktuell noch nicht über wirksame Fischabstiegseinrichtungen. Die drei zentralen Funktionskomponenten von Fischschutzsystemen sind das „Blockieren“ (des Einschwimmens in die Turbine), das normalerweise über Rechen erfolgt, das „Leiten“ in Richtung eines Bypasses und das „Ableiten“ von Fischen durch den Bypass. Insbesondere für die Komponente „Ableiten" fehlt es bislang an wissenschaftlichen Grundlagen und Vorgaben für die Praxis.
Das Projekt OptiPass baut auf wissenschaftliche Erkenntnisse auf, die im DBU-Projekt MeMo und im vom BMBF geförderten Projekt RETERO gewonnen wurden. Von ihnen ließ sich ableiten, dass der räumliche Geschwindigkeitsgradient (SVG=Spatial Velocity Gradient) einen maßgeblichen, das Fischverhalten beeinflussender Strömungsparameter darstellt. Je nach Magnitude und Orientierung des SVG lässt sich bei Fischen eine Meidung oder Nutzung von Bereichen beobachten. Das ist vor allem im Einlauf von Bypässen von großer Bedeutung, da hier eine Beschleunigung von geringen Strömungsgeschwindigkeiten im Rückstaubereich auf hohe Werte im Bypass unvermeidbar ist. Im sich in der Endphase befindlichen Projektteil OptiPass I konnte mittels ethohydraulischer Versuche im Labor der Einfluss des SVG auf das Fischverhalten an Bypasseinstiegen bereits für die Gruppe der Cyprinodei analysiert werden. Es wurden Empfehlungen erarbeitet, wie empfindliche Abschnitte des Wanderkorridors unabhängig vom Standort gestaltet werden sollten. In OptiPass II sollen die Erkenntnisse auf die Gruppe der Salmonidae erweitert werden. Die Forschungsergebnisse sollen in ein einfach nutzbares Planungs- und Optimierungswerkzeug für die Praxis einfließen.
Mit Projektbeginn im September 2025 wird die Anpassung und Wiederinbetriebnahme des Versuchsstand aus Phase I vorbereitet. In OptiPass II sind ethohydraulische Laborversuche mit einem Vertreter der taxonomischen Gruppe der Salmonidae in drei verschiedenen hydraulischen Situationen geplant. Setup 1 entspricht dabei dem Stand der Technik bei der Gestaltung von Bypasseinstiegen mit starken räumlichen Geschwindigkeitsgradienten. Im Setup 2 wird der SVG in einem Abschnitt der Versuchsrinne allmählich ansteigen, sodass ein Grenzwert abgeleitet werden kann, bei dessen Überschreitung eine große Wahrscheinlichkeit von Meidungsreaktionen gegeben ist. Die Geometrien der beiden Setups entsprechen dabei denen aus Phase I. Für Setup 3 wird auf Basis der vorherigen Ergebnisse der Bypasseinstieg optimiert und das Fischverhalten bei optimierter Einstiegsgeometrie untersucht. Die Betreuung und Einrichtung des Versuchsstands übernimmt das IWD, die Versuchsdurchführung das IGF. Das Videomaterial wird vom IWD analysiert und die Trackingpfade von SJE und IGF mit statistischen Algorithmen ausgewertet. Zusätzlich ist eine Feldstudie am WKA Standort Shakhirmardan (Usbekistan) geplant. In Phase I wurde hier bereits die Übertragbarkeit der Laborergebnisse auf das Freiland überprüft und ebenfalls ein Meidungsverhalten der lokalen Fischart Snow Trout (Schizothorax eurystomus) dokumentiert. In Phase II ergibt sich die Möglichkeit, eine optimierte Bypassgeometrie zur Verbesserung der Bypassfuktion zu erarbeiten und umzusetzen. Die Wirkung auf den Fischabstiegserfolg soll in einer zweiten Feldstudie überprüft werden. Die Feldstudie wird aus logistischen Gründen von Vertreter:innen aller Konsortiumsmitglieder durchgeführt. Die Ergebnisse der Labor- und Freilandstudie der 2. Phase sollen in die Planungsempfehlungen, aus Phase I erweitern. SJE startet bereits in der frühen Projektphase mit der Entwicklung eines Tools zur Planung und Optimierung von Bypässen, das laufend mit neuen Erkenntnissen aus dem Projekt erweitert wird. Der frühe Einstieg ist möglich, da SJE bereits auf Ergebnisse aus OptiPass I zurückgreifen kann.