Monitoring von Sedimenteinträgen in stehenden Gewässern mittels vereinfachtem Echoloteinsatz als Entscheidungshilfe erforderlicher Gegenmaßnahmen (Akronym: MonSeGeEnt)
Projektdurchführung
Hochschule Coburg
Fakultät Design
Bauingenieurwesen
Sachgebiet Wasserbau und Siedlungswasserwirtschaft
Am Hofbräuhaus 1 a
96450 Coburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Stoffliche Einträge in stehende oder fließende Gewässersysteme sind nach wie vor einer der Hauptgründe für die Nichterreichung der gewässerökologischen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie. Sowohl der rein partikuläre Eintrag, als auch der Eintrag mit anhaftenden Schadstoffen bilden dabei die Kernprobleme. Um sinnvolle Maßnahmen zur Eintragsreduzierung umzusetzen, müssen die Eintragspfade sichtbar gemacht und bilanziert werden, wie groß die Einträge abschließend sind. Messungen durch bathymetrische Verfahren werden bisher, aufgrund hoher Kosten, nur in langen Abständen durchgeführt. Dadurch werden Einträge meist nicht erkannt und Maßnahmen sind somit nicht auf die Ursachen optimiert abgestimmt. Für die Lokalisierung möglicher Eintragspfade ist es jedoch sinnvoll, regelmäßige Messungen der Gewässersohle durchzuführen, um aus den Ablagerungsveränderungen und -bereichen im Jahresverlauf auf Eintragsquellen zurückzuschließen, Fließpfade aus den seitlichen Flächen zu verifizieren und entsprechend sinnvolle Gegenmaßnahmen zu treffen. Für den Bereich der stehenden Gewässer gilt es, im Vorhaben eine Methode zu entwickeln, die als Monitoringsystem und gleichzeitig als Entscheidungshilfe für gezielte Gegenmaßnahmen dienen bzw. helfen soll, Sedimenteinträge proaktiv zu reduzieren. Mit den hiesigen Messmethoden sollen die partikulären Einträge und Ablagerungsbereiche erfasst werden.
Die Erfassung und Aufzeichnung von Eintragspfaden ist mit Kosten verbunden und abhängig von der zur Verfügung stehenden Messtechnik. Ist der Kostenaufwand zu hoch, werden schadhafte Ursachen für Gewässersysteme oftmals nicht konsequent genug vom zuständigen Gewässerunterhalter untersucht bzw. wird der zeitliche Zusammenhang der Einträge durch Einmalmessungen nicht erfasst. Vor allem für Kommunen ist der monetäre Aufwand nicht zu unterschätzen. Lassen sich die Kosten für Messungen reduzieren, lässt sich die Bereitschaft erhöhen. Bisher erfolgen Kontrollmessung in langfristigen Zeitabständen, so wie es das Budget der Unterhalter ermöglicht. Zielführend ist dies nicht, vor allem, wenn es sich um sehr eintragssensible Bereiche handelt. In diesen sollte regelmäßig die Verlandungstendenz überprüft werden. Dadurch ist eine genauere Zuordnung der Ursachen und Eintragspfade von Feinsedimenten möglich.
Der Begriff Citizen Science stellt eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit dar, private Beobachtungen oder Messungen unterstützend einzusetzen. Die Kooperation von Forschenden mit Bürgerinnen und Bürgern bietet viele Innovationspotenziale für die Wissenschaft und kann dazu beitragen, einen größeren Umfang wissenschaftlich validierter Daten zu erheben und zu nutzen. Ein Beispiel, welches einen direkten Bezug zum hiesigen Projekt aufweist, sind die verstärkten Einsätze von niederschwelligen Echolotsystemen wie sie im Zuge der Fischerei im Privat- und Hobbybereich eingesetzt werden. Es existieren zahlreiche Systeme unter diesen Fischfindern, die bei ausreichender Genauigkeit eine derartige Zusatzinformation darstellen können. Als Fischfinder werden die Echolote bezeichnet, die vornehmlich der Identifikation und Lokalisierung von Fischen dienen. Darüber hinaus gibt ein integriertes Fischfinder-Echolot zudem Aufschluss über Wassertiefe und Bodenbeschaffenheit oder zeigt Kanten und Senken sowie Erhebungen am Gewässergrund an. Die Ergebnisse der Messungen können in Tiefenkarten öffentlich sichtbar gemacht werden, das heißt, es besteht eine Sichtbarkeit für alle. Es handelt sich somit um Daten, die durchaus eine unterstützende Funktion für Gewässerunterhalter mitbringen.
Ziel dieses Projektes ist es, zu prüfen, ob derartige Systeme grundsätzlich nutzbar sind bzw. ob es Systeme unter den Fischfindern gibt, die zielgerichtet anwendbar sind und von denen Daten somit auch als Informations- und Entscheidungsquelle genutzt werden können.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Antragsteller planen im Praxistest an realen Gewässern eine Validierung von kostengünstigen Echolotsensoren, die in Fischfindersystemen verbaut sind. Über die Analyse der Messdaten sollen neue geeignete Messparameter abgeleitet werden, welche das Bodenprofil und damit den Sedimentierungsprozess am repräsentativsten abbilden.
Neben der Sensoranwendung und -untersuchung werden nach der Auswertung der Ergebnisse die Ablagerungsbereiche in Zonen und Eintragsbereiche definiert. Es erfolgt die Erarbeitung einer Maßnahmenmatrix mit Zuordnung der erfassten Eintragspunkte. Die Maßnahmen umfassen sowohl organisatorische als auch bauliche Überlegungen. Damit wird erreicht, dass Maßnahmen möglichst effizient und nur im erforderlichen Maße umgesetzt werden, wodurch eine Kostenminimierung für den Unterhalter erreicht wird. Die Definition zielführender Maßnahmen wird durch einen unterstützenden GIS-Algorithmus erarbeitet (Gefälleanalyse, Bodenbeschaffenheit, Erosivität, Vegetationsstrukturen, Abflussbündelung, etc.). Mittels GIS basierter Fließweganalyse und Bodenerosionskarten lassen sich Hot Spots in den Einzugsgebieten ableiten und die Eintragspfade abschätzen. Mittels Echolotmessung wäre es möglich, diese Eintragspfade dann punktuell im stehenden Gewässer zu bestätigen. In einem gestuften Vorgehen wird ein Verfahren entwickelt, welches basierend auf einer Messtechnik potenzielle Einträge von Sedimenten ins Gewässersystem registriert. Daraus werden die Ablagerungszonen visualisiert und mittels Berechnungstools plausibilisiert und darauf aufbauend effektive Maßnahmen zur Reduzierung der Einträge festgelegt.
Die Vorgehensweise erfolgt in mehreren Phasen, die mit Vertretern der Gewässerunterhalter, Genehmigungsbörden und Fachbehörden der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes abgestimmt werden. Es erfolgt eine Anwendung von Messsensoren an stehenden Gewässern unterschiedlicher Flächenausdehnung und Tiefe. Aktuelle hochgenaue Bestandsvermessungen dienen zur Verifizierung und zeigen auf, ob die eingesetzte einfache Messtechnik belastbare Ergebnisse liefert, die aufgrund der geringeren Anschaffungs- und Betriebskosten einen regelmäßigeren Einsatz erlauben und damit eine größere Datendichte und die Ereigniszusammenhänge von Hochwässern und anderen Gründen für stoffliche Einträge besser aufzeigen. Zum Einsatz kommen verschiedene Fischfinder-Echolot-Systeme aus dem Massenmarkt, die auch von privaten Nutzern eingesetzt werden und bei Anwendbarkeit somit ein Mehr an Datenverfügbarkeit bieten. Nach der Datenauswertung werden die Sensoren bzgl. ihrer Einzelparameter untersucht und bewertet. Dabei sollen nicht nur die bereits vorverarbeiteten Sensordaten (Lage und Tiefe der Sohlpunkte), sondern auch die Rohdaten wie Laufzeitwerte miteinander verglichen und Mess- und Wiederholgenauigkeit ermittelt werden. Über die Analyse der Messdaten sollen neue geeignete Messparameter abgeleitet werden, welche das Bodenprofil und damit den Sedimentierungsprozess am repräsentativsten abbilden. Die Anwendung erfolgt zunächst an verifizierbaren Referenzgewässern und wird ausgeweitet auf weitere Testgewässer. Durch die Messung an unterschiedlichen Gewässern mit unterschiedlichen Charakteristika können die eingesetzten Messsensoren bei unterschiedlichen Randbedingungen getestet und deren Einsatzgrenzen weiter bewertet und Messparameter weiter angepasst werden. An jedem Gewässer wird die Phase der Messung, Auswertung und Anpassung durchlaufen. Nach Auswertung und Visualisierung der Sohlauffälligkeiten werden die Einzugsgebiete hinsichtlich der präferenziellen Fließwege aus dem Vorland mittels GIS-Tools untersucht. Mit der Verschneidung von Bodenerosionskarten können die Quellen der Einträge näher eingegrenzt werden. In der nächsten Stufe werden Maßnahmen abgeleitet, die eine Bodenmobilisierung verhindern und somit als Maßnahme, vorsorgend im Einzugsgebiet, umgesetzt werden können. Es erfolgt die Erarbeitung einer Maßnahmenmatrix in Abhängigkeit der erfassten Eintragspunkte und Ursachen. Die erarbeiteten Maßnahmen umfassen, nach Abstimmung mit dem Projektbeirat, sowohl organisatorische, nutzungsorientierte als auch bauliche Überlegungen.
Ergebnisse und Diskussion
Insgesamt wurden fünf Gewässer während der Projektlaufzeit vermessen. Der Goldbergsee und Froschgrundsee im Landkreis Coburg, der Baggersee Schönbrunn und Matthäus-Kraus-See im Landkreis Lichtenfels und ein ehemaliger Steinbruch im Landkreis Bayreuth. Ausschließlich des ehemaligen Steinbruchs wurden diese Gewässer anschließend jeweils mit fünf unterschiedlichen Echolotsystemen vermessen und diese Daten mit einer Referenzmessung durch ein ADCP verglichen und ausgewertet. In der Abbildung 1 sind die jeweils ermittelten Fehler zur Referenzmessung dargestellt. Deutlich wird dabei, dass die angenommene maximale Abweichung durch die International Hydrographic Organzation (IHO) von 0,15 m zum Großteil unterschritten wird. Die erhöhten Abweichungen können vor allem durch starke Vegetation, schwankende Wasserspiegellagen oder, bei unebenen Gewässern, durch versetzte Lagekoordinaten erklärt werden.
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Für bathymetrische Messungen wird empfohlen, vegetationsarme Perioden wie die frühen Frühlings- oder späten Herbstmonate zu nutzen. Weiterhin sollten Gewässer, welche eine Tiefe von etwa 10 m nicht überschreiten mit einer höheren Frequenz (ca. 200 kHz) vermessen werden. Dies hat den Vorteil, dass die Gewässersohle wesentlich detaillierter dargestellt werden kann, wie in Abbildung 2 verdeutlicht wird. Ist ein Gewässer jedoch zu tief, wird die Reflektion eines hochfrequentierten Echos zu stark gedämpft und kann somit nicht mehr oder nur noch zu schwach empfangen werden.
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Nachdem die Gewässer vermessen und ausgewertet wurden, zeigten der Goldbergsee und vor allem der Froschgrundsee eine verstärkte Verlandung auf. Hierzu wurden anschließend die Ein-zugsgebiete in QGis berechnet bzw. teilweise durch die Länder (Bayern und Thüringen) zur Ver-fügung gestellt, um die potentiellen Eintragsflächen eingrenzen zu können. Zusätzlich existieren kostenfreie Tools, die eine Vielzahl an Informationen zur Verfügung stellen. Besonders anwender-freundlich ist die sogenannte MoRE-DE Toolbox, welche sowohl bereits gerechnete Bodenab-trags- und Sedimenteintragskarten, als auch die Eingangsdaten direkt aufzeigt. Anschließend konnten Eintragspfade und Risikoflächen herausgefiltert und Maßnahmen zur Eindämmung loka-lisiert werden. Maßnahmen hierzu waren:
Änderung der Bearbeitungsrichtung parallel zu den Höhenlinien auf Ackerflächen,
Flurneuordnung in Bereichen mit ungünstiger Feldanordnung,
Abflussmindernde Strukturen in Hanglagen (Terrassierung, Agroforstwirtschaft oder Mul-den- und Dammstrukturen),
Dezentrale Rückhaltesysteme in Gräben durch kleine Wehranlagen (vgl. Abbildung 3) oder Kaskadenbauten,
Naturnahe Ufersicherungen oder Verbreiterung der Gewässersohle und Abflachung von Böschungsbereichen (vgl. Abbildung 4).
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Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Während des Projekts bestand ein ständiger Austausch zwischen den Projektbeteiligten der Hoch-schule Coburg und dem Wasserwirtschaftsamt Kronach. Dabei wurden sowohl Ergebnisse als auch Erfahrungen mit den Messsystemen und Auffälligkeiten zum Einzugsgebiet der Hochwasser-schutzanlagen Goldbergsee und Froschgrundsee ausgetauscht. Abschließend wurden Ergebnisse und Maßnahmen zum Goldbergsee und Froschgrundsee vor beteiligten des Wasserwirtschafts-amts Kronach, des Amts für Landwirtschaft und Forsten Coburg und des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz vorgetragen und diskutiert.
Weiterhin fand im Bereich der Vermessung während der Projektlaufzeit ein regelmäßiger Aus-tausch mit dem Echolotzentrum Schlageter statt, um die Erfahrungswerte bei weiteren Optimierun-gen berücksichtigen zu können.
Zum Projektabschluss wurde eine Kompaktinfo entwickelt, welche Kommunen und gewässerun-terhaltungspflichtigen künftig als Orientierungshilfe dienen soll. Dabei wird schrittweise aufgezeigt, wie bei einer Vermessung und Verlandung vorgegangen werden kann und welche Daten, Tools und Maßnahmen genutzt werden können.
Fazit
Durch das Forschungsprojekt wird aufgezeigt, dass eine bathymetrische Messung mit herkömmli-chen Echoloten (Fischfindern) ausreichend genau ist, um eine mögliche Verlandung abschätzen zu können. Wichtig ist jedoch, dass die Gewässer regelmäßig im Jahresturnus und zu vegetationsar-men Perioden vermessen werden. Dadurch wird die Einordnung von Abweichungen künftig einfa-cher. Durch diese kostengünstige Variante wird es vor allem Kommunen, Städten und privaten Gewässerunterhaltern ermöglicht ein Gewässer regelmäßig zu vermessen, wobei auch der Begriff citizen science künftig verstärkt zum Einsatz kommen kann. Durch cloudbasierte Plattformen können Daten von Usern der Echolote genutzt und teilweise weiterverarbeitet werden.
Durch die regelmäßigen Vermessungen können somit verlandungsanfällige Gewässer lokalisiert und Maßnahmen getroffen werden. Zur Lokalisierung von Eintragspotentialen existieren unterstüt-zende Tools (z.B. MoRE-DE Toolbox). Diese erleichtern sowohl Arbeits- als auch Rechenaufwand und sind praktikabel anwendbar.