terraplasma GmbH
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Sie sind mit dem bloßen Auge nicht sichtbar und trotzdem „sitzen“ sie fast überall: Mikroorganismen, also Viren, Bakterien und Pilze, befinden sich auf nahezu allen frei zugänglichen Oberflächen – denn „richtig sauber“ (also keimfrei) ist es unter normalen Bedingungen nirgendwo. Die gute Nachricht: die meisten Mikroorganismen sind für einen gesunden Menschen nicht gefährlich. Aber keimbelastete Oberflächen können durchaus zu einem gesundheitlichen Risiko werden – besonders für Personen mit Vorerkrankungen und schwachem Immunsystem. Eine geeignete Desinfektion tötet die Mikroorganismen auf der Oberfläche ab und verhindert so, dass sie verschleppt werden. Mikroorganismen können unterschiedlich lange auf den verschiedenen Oberflächen überleben und infektiös bleiben – dies hängt von den charakteristischen Eigenschaften der Mikroorganismen ab. Weiteren Einfluss haben die Beschaffenheit der Oberfläche, auf der die Mikroorganismen sich befinden, sowie die Umgebungsbedingungen (Temperatur und Luftfeuchtigkeit).
Chemie, Hitze und Strahlung waren gestern
Desinfektion macht einen wesentlichen Teil der antiseptischen (keimfreien) Arbeitsweise aus und bedeutet „totes oder lebendes Material in einen Zustand versetzen, dass es nicht mehr infizieren kann“. Zur Desinfektion können verschiedene Verfahren eingesetzt werden, wobei bislang vor allem „klassische“ chemische Desinfektionsmittel wie beispielsweise Wasserstoffperoxid, Chlor, Ozon, Aldehyde, Alkohole oder Iod eine große Rolle spielen sowie Desinfektion durch Hitze oder Strahlung.
Chemische Desinfektionsmittel haben allerdings viele Nachteile – so sind sie nicht nur für den Menschen giftig oder sogar krebserregend, sondern erzeugen bei unsachgemäßer Anwendung Resistenzen, wenn insbesondere Wirkstoffkonzentration und Einwirkzeit und damit der Keimreduktionsfaktor zu gering sind. Chemische Desinfektionsmittel fügen zudem der menschlichen Haut auf Dauer Schäden zu und einige Substanzen können zusätzlich menschliche Schleimhäute stark irritieren. Einige Chemikalien greifen zudem Oberflächen aus Metall, Kunststoff oder Naturmaterialien an und können deswegen nicht zur Desinfektion dieser Oberflächen eingesetzt werden.
Die vielfältigen negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch chemische Desinfektion sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen: zunächst müssen die Chemikalien energieintensiv produziert, gelagert und schließlich zum Einsatzort transportiert werden. Werden sie nicht sachgemäß eingesetzt oder nicht richtig entsorgt, so gelangen sie in Flüsse oder Kläranlagen und stören dort das wichtige Zusammenspiel einer Vielzahl von Bakterienarten, wodurch z.B. die Reinigungswirkung (in Klärbecken oder Gewässern) herabgesetzt wird. Außerdem wirken viele Desinfektionsmittel zudem ökotoxisch auf Gewässer.
Die meisten Mikroorganismen lassen sich auch durch ein Erhitzen mit ausreichend hohen Temperaturen abtöten. Allerdings ist dieses Verfahren für frei zugängliche Oberflächen wenig geeignet, da die Hitze schwer gezielt und gleichmäßig auf eine Oberfläche gerichtet werden kann, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen. Bei einer Desinfektion durch Bestrahlung (UVC-Licht oder Gammastrahlen) ist die Behandlung von Oberflächen ebenfalls schwierig, da hier mit „offenen“ Desinfektionsquellen gearbeitet werden müsste, die für den Menschen bei unsachgemäßem Einsatz ebenfalls gesundheitsschädlich sind.
Kaltes Plasma ist die Zukunft der Desinfektion
Die Anwendung von Kaltem Plasma (oder Niedertemperaturplasma) ist eine neuartige Technologie zur Desinfektion, die bei Raumtemperatur zeitsparend selbst antibiotikaresistente Mikroorganismen nicht nur auf Oberflächen, sondern sogar durch Kleidung hindurch abtöten kann. Dadurch eignet sich Kaltes Plasma zur Desinfektion von Luft, Oberflächen, Gegenständen, zur Handdesinfektion, aber auch zur Behandlung von schlecht heilenden chronischen Wunden.
Der Lösungsansatz im Rahmen dieses Forschungsprojekts ist die Entwicklung einer nachhaltigen, umweltfreundlichen und skalierbaren Technologie, die es erlaubt, einfach und gezielt desinfizierenden Plasmanebel zu erzeugen, der sich für die hoch-effektive Reduktion von Keimen auf offen zugänglichen Oberflächen eignet. Erste Vorversuche verliefen so erfolgreich, dass das Team aus dem Lehrstuhl für Medizintechnische Materialien und Implantate (MMI) und terraplasma optimistisch ist, die einzelnen Teilziele zu erreichen bzw. sogar zu übertreffen. Dies beinhaltet die Entwicklung einer verbesserten Plasmaquelle, die auch in feuchter Umgebung zündet, die Optimierung der Verneblung sowie der Energieversorgung des Plasmasystems, die Entwicklung eines funktionsfähigen Prototyps sowie die detaillierte Untersuchung der desinfizierenden Wirkung des erzeugten Plasmanebels auf verschiedene Mikroorganismen sowie die Erforschung von möglichen Nebenwirkungen der Plasmanebel-Behandlung auf verschiedene Materialien.
Zusammenfassung der Zielerreichung und ökologisch-ökonomischen Bewertung
Im geförderten Projekt konnte ein funktionaler Prototyp zur Desinfektion von Oberflächen mit plasmaaktiviertem Wassernebel entwickelt und erfolgreich im Labormaßstab getestet werden. Das Projektziel – die Entwicklung eines umweltfreundlichen, chemikalienfreien Desinfektionsverfahrens – wurde somit in vollem Umfang erreicht. Die Einhaltung des Zeitplans konnte trotz technischer Herausforderungen realisiert werden. Auch der ursprünglich kalkulierte Kostenrahmen wurde nicht überschritten, da der modulare Aufbau und die verwendeten Komponenten auf Serienfertigung hin optimiert wurden.
Technologische Zielerreichung
Zentrale technologische Meilensteine wie die Entwicklung einer langlebigen Plasmaquelle (Betriebsdauer >2850 h), die effektive Kopplung mit einem Mesh-Vernebler und die Integration einer leistungsstarken Niederspannungselektronik (12V, akkubetrieben) wurden erfolgreich realisiert. In Laborversuchen wurde eine signifikante Reduktion humanpathogener Keime (z. B. Staphylococcus aureus) auf realitätsnahen Materialien (PMMA, Edelstahl) nachgewiesen – bei gleichzeitiger Materialschonung. Damit erfüllt das Verfahren auch über geltende gesetzliche Anforderungen hinausgehende Qualitätsansprüche, insbesondere im Hinblick auf Umweltverträglichkeit und Anwendersicherheit.
Ganzheitliche Bewertung und Ausblick
In Summe leistet das Projekt einen substanziellen Beitrag zur Umweltentlastung und hygienischen Sicherheit. Es zeigt eindrucksvoll, wie technologische Innovation und ökologische Verantwortung in einem praxisnahen Produktkonzept vereint werden können. Die Projektergebnisse bilden die Grundlage für ein Anschlussvorhaben, das die Integration eines Plasmamoduls in einen autonomen Wischroboter (z. B. Wolf-e-Roboter Phantas) vorsieht. Eine kommerzielle Nutzung des Plasmamoduls wird ab 2027 angestrebt. Erste modellhafte Berechnungen zeigen, dass bei täglicher Reinigung einer 100 m² großen Fläche signifikante Einsparungen von Wasser, Energie und chemischen Stoffen möglich sind – bei gleichbleibend hoher Desinfektionswirkung.
Das Projekt erfüllt nicht nur die gesetzten Ziele in vollem Umfang, sondern geht in ökologischer wie technologischer Hinsicht über bestehende gesetzliche Anforderungen hinaus und schafft die Voraussetzungen für eine nachhaltige Produktinnovation mit hohem Marktpotenzial.
Der Lehrstuhl für Medizintechnische Materialien und Implantate plant die erzielten Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu publizieren und auf einer Fachkonferenz (bspw. International Conference on Plasma Medicine, Plasma Processing Science) zu präsentieren, um so den wissenschaftlichen Diskurs anzuregen.
Im Rahmen des Projekts wurde ein Prototyp zur Desinfektion von Oberflächen entwickelt, der auf plasmaaktiviertem Wassernebel basiert. Das Gerät ersetzt chemische Desinfektionsmittel und reduziert so die Umweltbelastung. Da es lediglich Wasser und elektrische Energie nutzt, stellt es eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Desinfektionsmethoden dar.
Für eine Markteinführung sind jedoch weitere Optimierungen notwendig:
•Langlebigkeit der Plasmaquellen: Aktuell beträgt die Lebensdauer etwa 3000 Stunden. Für einen Dauerbetrieb ist eine Verlängerung durch bessere Materialien oder Anpassungen der Geometrie erforderlich.
•Optimierung des Verneblungssystems: Schwankungen bei der Verneblungsqualität führten zu ungleichmäßiger Benetzung. Eine Weiterentwicklung des Systems muss fortgeführt werden, um gleichmäßige Effektivität zu gewährleisten.
•Verbesserung der Energieversorgung: Derzeitige Transformatoren zeigten ein langsames Startverhalten. Eine Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit Herstellern ist notwendig, um eine schnellere Inbetriebnahme und einen stabileren Betrieb zu gewährleisten.
•Nachweis der antimikrobiellen Wirkung: Bisher wurde die Wirksamkeit nur gegenüber humanpathogenen Bakterien getestet. Für neue Anwendungsfelder ist der Nachweis gegenüber Viren und Pilzen notwendig.
•Verkürzung der Behandlungszeit: Momentan benötigt der Prototyp etwa 30 Sekunden für eine bakterielle Reduktion von 5 log10. Für den Alltagseinsatz muss diese Zeit deutlich verkürzt werden