Projekt 38045/01

Halbtechnische Versuche zur Dekarbonatisierung der Glasproduktion durch Einsatz alternativer Rohstoffe

Projektdurchführung

Technische Universität Bergakademie Freiberg
Institut für Glas und Glastechnologie
Leipziger Str. 28
09599 Freiberg

Zielsetzung

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Motivation

Bis 2045 will Deutschland erreichen, dass die Bilanzen der Industrie und damit auch die der Glasindustrie klimaneutral auszuweisen sind. Die Glasindustrie in Deutschland stößt z.Zt. etwa 5,4 Mio. t CO2 bei einer Jahresproduktion von 7,4 Mio. t Glas aus. Der Anteil der eingesetzten Menge an natürlichen und synthetischen Rohstoffen im Massenglasbereich Behälter- und Fensterglas mit einer Jahresproduktion von 6 Mio. t Glas beträgt hier 3,3 Mio. t Rohstoffe ohne Scherben. Von diesen 3,3 Mio. t gelangen ca. 20% als CO2 (0,66 Mio. t) in die Atmosphäre, da ein Teil der Rohstoffe karbonatische Natur besitzen. Im Rahmen dieses Projektes wird versucht, den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 aus diesen Rohstoffen (Karbonate) in der Glasindustrie zu verringern. Das soll durch den Einsatz von oxydischen oder hydroxydischen Rohstoffen als Ersatzrohstoff für karbonatische Rohstoffe sowie durch den Einsatz von Fein-Scherben erreicht werden. Im Rahmen dieses Projektes soll die technologische Einsetzbarkeit von alternativen Rohstoffen mittels Engineerings und Laboruntersuchungen bewertet und die Hindernisse für ihren Einsatz in der Glasindustrie beseitigt werden.

Ziel des Projektes

Die Hauptziele des Projektes in Bezug auf die Behälter- und Flachglasindustrie sind:

a) Vermeidung der Anbackung beim Einsatz von oxydischen oder
hydroxydischen Rohstoffen als Ersatzrohstoff für karbonatische Rohstoffe.

b) Bewertung des Einflusses von Branntkalk / Löschkalk und Natriumhydroxid
unter Berücksichtigung unterschiedlicher Scherbengehalte auf das
Schmelzverhalten zur Klärung der Intensivierungsmöglichkeiten der
Glasherstellung durch diese alternativen Rohstoffe und der damit
verbundenen Möglichkeiten zur Reduzierung der Primärschaumproblematik
beim Einsatz von Feinscherben.

Arbeitsschritte

• Charakterisierung der alternativen Rohstoffe und der Scherben

• Untersuchungen zur Vermeidung / Minimierung der Anbackung bei
getrennten Einsatz von NaOH / CaO – Schritt 1

• Untersuchungen zur Vermeidung / Minimierung der Anbackung durch Einsatz
von NaOH / CaO – Schritt 2

• Untersuchungen zu den Einflüssen von NaOH und CaO / Ca(OH)2 auf das
Schmelzverhalten und die Glaseigenschaften ohne Scherben

• Untersuchungen zum Einfluss NaOH und CaO / Ca(OH)2 auf das
Schmelzverhalten und die Glaseigenschaften bei Gemenge mit Grob- und
Feinscherben

• Technische Integration der Rohstoffe NaOH / Ca(OH)2

• Ökologische und ökonomische Betrachtungen

Ergebnisse

• Eine Integration der karbonatfreier Rohstoffen in bestehende und neue Anlagen ist möglich.
• Karbonatfreie Rohstoffe weisen auf Basis der Versuchsaufbaus zur qualitativen Verstaubung in der Schmalwanne bei gleicher Feuchtigkeit keine höhere Verstaubung auf.
• CaO kann Kalkstein vollständig ersetzen, ohne dass es zu Anbackungsproblemen kommt.
• Die Kombination karbonatfreier Rohstoffe muss fallbezogen geprüft werden. Ein vollständiger Ersatz scheint möglich, sofern die Feuchteproblematik (z. B. durch Scherben) im Kontext von Anbackung, Verstaubung und den spezifischen Parametern des Gemengesilos betrachtet wird – insbesondere unter Berücksichtigung möglicher konstruktiver Anpassungen am Gemengesilo in der Nähe der Schmelzwannen.
• Das Einschmelzverhalten wird gefördert, jedoch nicht die Läuterung. Erhöhte Scherbeneinsätze drängen den Vorteil des Einschmelzverhaltens zurück.
• Der Wassergehalt im Glas wird überraschenderweise durch Ersatzrohstoffe nicht erhöht.
• Die kritische Schaumbildung bei Einsatz von Feinscherben wird bei Einsatz karbonatfreier Rohstoffen zurückgedrängt.
• CaO ist schon heute wirtschaftlich einsetzbar. Eine schnelle Umsetzung in die Industrie ist erstrebenswert.
• Ab einem zukünftigen CO₂-Preis von 120 €/t wird der vollständige Einsatz alternativer Rohstoffe (CaO, NaOH) wirtschaftlich noch attraktiver. Aufgrund des derzeitigen Trends zur Optimierung des Scherbeneinsatzes und der damit einhergehenden Feuchteproblematik ist eine Intensivierung der Forschung und Entwicklung zum Einsatz von NaOH voraussichtlich erst in 5 bis 10 Jahren zielführend.
• Die Feuchtigkeit ist der relevante Kontrollparameter zur Anbackung. Die Feuchteaufnahme bei NaOH ist ein spezifisches Problem. Glashersteller sollten in Zukunft quantitative Daten zur Wasserfracht (tagesabhängig), insbesondere aus den Scherben erfassen!
• Eine inhaltliche, verfahrenstechnische Untersuchung der Thematik Gemengesilo (oder Gemengevorwärmer) wäre wünschenswert. Das Projekt gibt hier erste, konkrete Aussagen zur Fließfähigkeit von Gemengen, eine genauere Aussage zur Auswirkung auf die Gestaltung der Silos wäre wünschenswert.
• Wenn aus spezifischen Gründen ein Glashersteller schon jetzt NaOH einsetzen will, dann sollten hier Entwicklungskosten in der Größenordnung von 250 T€ in Betracht gezogen werden, da spezifische Fragen zur Auslegung des Gemengesilos im Kontext Wasseraufnahme und Fließfähigkeit betrachtet werden müssen.

Öffentlichkeitsarbeit

• Al Hamdan, K.; Wiltzsch, S.; Gygas, F.; Alternative raw materials for container glass production – melting results: 96 Glastechnische Tagung in Orléans in Frankreich 2023.
• Al Hamdan, K.; Wiltzsch, S.; Wahab. M.; Gygas, F.: Technische Versuche zur Dekarbonatisierung der Glasproduktion durch Einsatz alternativer Rohstoffe: Fachausschuss II in Bayreuth, 03/2024.
• Gygas, F.; Wiltzsch, S.; Al-Hamdan, K.: Comparative evaluation of caking tendencies in decarbonated glass batches. 97. Glass-Technology Conference. Aachen, 05/2024.
• Al Hamdan, K.; Wiltzsch, S.; Wahab. M.; Gygas, F.: Application of CO2-free Alternatives for Sus-tainable Glass Production: 49th ICACC Florida in USA, 01/2025
• Al Hamdan, K.; Wiltzsch, S.; Wahab. M.; Gygas, F.: Technische Versuche zur Dekarbonatisierung der Glasproduktion durch Einsatz alternativer Rohstoffe: BHT-Kolloquium, TU Bergakademie Freiberg, 06/2023
• Artikel in „Freie Presse“ (Sachsen/Freiberg), 11/2022.

Fazit

• Eine Integration der karbonatfreier Rohstoffen in bestehende und neue Anlagen ist möglich.
• CaO ist schon heute wirtschaftlich einsetzbar. Eine schnelle Umsetzung in die Industrie ist erstrebenswert.
• Ab einem zukünftigen CO₂-Preis von 120 €/t wird der vollständige Einsatz alternativer Rohstoffe (CaO, NaOH) wirtschaftlich noch attraktiver.
• Die Resultate des Projekts liefern erste konkrete Aussagen zur Fließfähigkeit der untersuchten Gemenge, weiterführende Untersuchungen für genauere Aussagen zur Auswirkung auf die Gestaltung der Gemengesilos wären wünschenswert.

Übersicht

Fördersumme

299.680,00 €

Förderzeitraum

30.06.2022 - 31.03.2025

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik