Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
Institut für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde
Frankfurter Str. 92
35392 Gießen
Bei der Furunkulose handelt es sich um eine weltweit vorkommende und in Deutschland zunehmende Relevanz bekommende Infektionskrankheit zahlreicher Fischarten, verursacht durch das Bakterium Aeromonas salmonicida subsp. salmonicida. Eine Infektion kann zu hohen Verlusten in Teichwirtschaften und ökologischen sowie kommerziellen Fischhaltungen führen. Unbehandelt führt die akute Erkrankungsform häufig zum Tod der Fische, aber auch die chronische Form schließt eine weitere Nutzung der Tiere als Lebensmittel bedingt durch krankheitsverursachte Veränderungen in der Haut und Muskulatur in der Regel aus. Zur Therapie der Erkrankung werden Antibiotika eingesetzt, deren Einsatz aber vor dem Hintergrund einer Resistenzselektion, des Umweltaustrags aus Teichwirtschaften sowie einer beschriebenen Multiresistenz des Erregers kritisch bewertet werden muss. Um dieses Problem zu lösen, soll im vorliegenden Projekt die Applikation von natürlich in der Umwelt vorkommenden Bakteriophagen zur Bekämpfung des Erregers der Furunkulose angewendet werden.
Ziel ist es daher, Phagen zu isolieren und zu konzentrieren, ihre Effektivität gegen den Erreger unter unterschiedlichen Bedingungen zu testen, sowie eine Sicherheitsbewertung durchzuführen. Durch eine Überprüfung von Phagen-Kombinationen sollen zudem synergistische Effekte der Phagen ermittelt werden. Eine Applikation findet anschließend sowohl bei erkrankten Fischen, die aus Teichwirtschaften zur Verfügung gestellt werden, sowie an Fischen in Haltungen mit bakterienversetztem Wasser statt, um das therapeutische und prophylaktische Potential zu ermitteln. Auch Praxistest in Teichwirtschaften sollen nach erfolgreicher Erprobung erfolgen.
Für das Projekt haben sich Vertreter/innen aus den Bereichen Lebensmittel, Fischkrankheiten, Fischbestandsbetreuung und –diagnostik sowie von Teichwirtschaften zusammengeschlossen, um diese alternative Maßnahme zur Antibiotikaanwendung zu erproben, um einem Verwurf von Fischen aus der Lebensmittelnutzung vorzubeugen und den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren.
Für das Projekt wurden Wasserproben aus Teichwirtschaften in Deutschland und Frankreich gesammelt und aus diesen A. salmonicida lysierende Bakteriophagen gewonnen. Das Wirtsspektrum der Phagen wurde anhand einer A. salmonicida-Stamm- und Isolatesammlung getestet und dabei wurden auch Isolate weiterer Aeromonas spp. in die Bestimmung einbezogen. Die Hochskalierung ausgewählter isolierter und sequenzierter Phagen wurde am PTC durchgeführt. Die Phagen wurden anschließend angereichert, ihre DNA gewonnen und die Genomsequenzen mittels Next Generation Sequencing bestimmt. Anschließend wurden Clusteranalysen durchgeführt und Elektronenmikroskopische Aufnahmen angefertigt, die eine nähere Beschreibung der Phagen erlauben. Ein Infektionsmodell, das zur Testung von Bakteriophagen genutzt werden kann, wurde zudem etabliert und steht nun für das Projekt zur Verfügung.
Insgesamt konnten aus 20 von 24 Wasserproben Phagen gegen Aeromonas salmonicida isoliert werden. Mit Hilfe des Doppelagar-Overlay-Spot-Assay Tests wurde das Wirtsspektrum von vier der Phagen ermittelt. Dabei zeigte sich, dass die Phagen ein weites Wirtsspektrum innerhalb der verschiedenen A. salmonicida Stämme/Isolate abdecken. Bei weiteren Subspezies wie etwa A. hydrophila, A. sobria, A. media und A. popoffii konnte mit bestimmten Phagen auch zum Teil eine Lyse der Isolate erzielt werden.
Von den isolierten Phagen wurden bislang fünf sequenziert und die Ergebnisse der Sequenzierung bei der Datenbank GenBank hinterlegt. Die Phagen IFTN100, IFTN101, IFTN102 und IFTN 104 können der Familie Straboviridae zugeordnet werden. Der PhageIFTN103 konnte nicht eindeutig klassifiziert werden. IFTN100, IFTN101 und IFTN102 weisen eine Genomgröße von 170 kb bis 174 kb auf, haben einen GC- Gehalt von ca. 44% und die Genome zeigen eine hohe Sequenzidentität zueinander. Im Vergleich zu diesen drei Phagen, die sich sehr ähnlich sind, hat IFTN104 eine Größe von 237 kb und einen GC-Gehalt von 37%. Die Analyse des Genoms des fünften Phagen, IFTN103, (46,5 kb, GC-Gehalt 56%) ergab, dass dieser Phage als temperent einzustufen ist, während die anderen vier als lytisch zu klassifizieren sind. Aufbauend auf Sequenzvergleichen der Phagen konnten Primerpaare für jeden einzelnen Bakteriophagen und auch Primerpaare für taxonomische Gruppen identifiziert werden. Transelektronenmikroskopische Aufnahmen der Phagen ließen die Abschätzung der ungefähren Größe des Kapsids und des Tails der Phagen zu.
In ersten Experimenten wurde der Einfluss eines der Phagen auf das Wachstum seines Isolationsstamms untersucht. Es ließ sich feststellen, dass der Phage das Wachstum der Bakterien deutlich einschränken kann. Auch eine Aufskalierung der Phagen im 100 l Fermenter wurde erfolgreich vorgenommen.
Auch Systeme, um die Wirksamkeit der Bakteriophagen in einem empfindlichen und spezifischen System zu testen, wurden etabliert und stehen für die weiteren Arbeiten bereit.
Erste Projektergebnisse wurden bei zwei Fachtagungen präsentiert.
Insgesamt konnten in der Projektphase erste vielversprechende Phagen isoliert und charakterisiert werden, die zur Lyse von A. salmonicida, dem Erreger der Furunkulose und weiterer Aeromonas spp. geeignet erscheinen. Somit hat die Entwicklung der Alternativmaßnahme einen der Projektphase entsprechenden Fortschritt im Berichtszeitraum erzielen können.