Projekt 37595/01

Immissionsorientierte Feinsedimentuntersuchungen in den Lachsgewässern von NRW

Projektdurchführung

Planungsbüro Zumbroich
Landschaft und Gewässer (PBZ)
Breite Str. 21
53111 Bonn

Zielsetzung

Der Schwerpunkt des vorliegenden Forschungsprojekts lag auf in-situ-Untersuchungen mit Lachsbrut in simulierten Laichgruben, kombiniert mit innovativen feldmethodischen Ansätzen sowie einer schadstofforientierten Analyse von Sedimenten und Wasser.
Hintergrund war die unzureichende natürliche Reproduktion des Lachses in NRW trotz jahrzehntelanger Wiederansiedlungsbemühungen. Ziel des Projekts war es, zentrale Umweltfaktoren zu identifizieren, die den Bruterfolg beeinflussen könnten – insbesondere mit Blick auf Feinsedimenteinträge, Kolmation sowie chemische und physikalische Belastungen im hyporheischen Interstitial.
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit des Planungsbüros Zumbroich (PBZ) mit dem Geographischen Institut der Universität Bonn (GIUB) durchgeführt. Die Motivation knüpfte an die Ergebnisse früherer Projekte im Einzugsgebiet der Sieg an, in denen die Rolle der Kolmation für die Entwicklung anadromer Salmoniden hervorgehoben wurde (DBU-Projekt AZ 35211-01). IMI-Lachs ging darüber hinaus und legte den Fokus auf die systematische Erfassung von Feinsedimentbelastungen und deren räumlich-zeitlicher Dynamik in Laichhabitaten unter realitätsnahen Bedingungen.
Die zentralen Forschungsfragen lauteten:
- Spiegeln sich die chemischen, chemisch-physikalischen und physikalischen Habitatbedingungen des hyporheischen Interstitials der Gewässer des Wanderfischprogramms NRW im Bruterfolg von Lachslaich wider?
- Lassen sich raum-zeitliche Muster in der Gewässersohle bei verschiedenen Parametern feststellen?
Die Fragestellungen bauten auf den Ergebnissen mehrjähriger, methodisch ausgerichteter Untersuchungen des Planungsbüro Zumbroich in Kooperation mit der Universität Bonn im Flusssystem der Sieg (DBU-Projekt AZ 35211-01) sowie auf mehreren universitären Abschlussarbeiten auf. Während sich die genannten Vorarbeiten vorrangig mit dem Zusammenhang zwischen Kolmationsintensität und Bruterfolg anadromer Salmoniden beschäftigten, verlagerte das vorliegende Projekt den Fokus auf den aktuellen Zustand potenzieller Laichhabitate des Lachses, insbesondere im Hinblick auf Feinsedimentbelastungen sowie ausgewählte chemische, chemisch-physikalische und physikalische Parameter der Sohlsedimente und des (hyporheischen) Wassers.

Arbeitsschritte

Zur Beantwortung dieser Fragestellungen kamen neue, innovative Methoden zur Erfassung der Feinsedimentbelastung mittels Kolmameter und Interstitialsampler (Eigenkonstruktion des Planungsbüro Zumbroich) zum Einsatz.
Außerdem gehörten zum Untersuchungsprogramm Laichhabitatkartierungen, chemisch-physikalische und chemische Untersuchungen, Makrozoobenthosbewertungen und das Ausbringen von Fischbrutbehältern zur Beobachtung der Laichentwicklung.
Die Auswahl der Probestellen erfolgte zunächst aus einer Kombination biotischer und abiotischer Sekundärdaten sowie eigener Begehungen und Kartierungen.
Im nächsten Schritt erfolgten über die Wintermonate der Jahre 2022 und 2023 die in-situ-Untersuchungen mit anschließender Laboranalytik.
Dazu zählten detaillierte Kolmationsmessungen, physikalisch-chemische sowie chemische Untersuchungen des Interstitialwassers und der fließenden Welle (Temperatur, Sauerstoffgehalt und -sättigung, pH-Wert sowie elektrische Leitfähigkeit).
Getrocknete Feinsedimentproben aus dem Interstitial wurden durch das Institut für Aquatische Ökotoxikologie der Universität Frankfurt im Rahmen einer universitären Abschlussarbeit auf Toxizität und Mutagenität untersucht. Die chemische Analyse der Feinsedimente auf Schwermetalle erfolgte durch den Wupperverband (Abwasserlabor).
Weitere Detailuntersuchungen zur raum-zeitlichen Kolmationsdynamik erfolgten im Rahmen universitärer Abschlussarbeiten an der Universität Bonn.
Zur Ermittlung des Reproduktionserfolges wurde von der Landesfischereianstalt NRW bereitgestellte lebende Lachsbrut im Augenpunktstadium verwendet. Für die In-Situ-Versuche wurden verschiedenartige Brutbehälter eingesetzt und auf ihre Funktionstüchtigkeit hin getestet. Die Lachsbrut wurde in händisch aufbereitete Laichgruben gegeben und nach Schlupf aus der Gewässersohle entnommen.

Ergebnisse

Die Untersuchungsergebnisse zeigten eine deutliche räumliche und zeitliche Variabilität („Patchiness“) in der Kolmation und in den chemisch-physikalischen Bedingungen innerhalb der Gewässersohle. Diese Patchiness schien dazu zu führen, dass sich Brutergebnisse kleinräumig, d.h. in benachbarten und sogar innerhalb der Laichgruben, stark unterschieden.
Die ökotoxikologischen Ergebnisse zeigten in vielen Proben toxische und mutagene Belastungen, wobei eine direkte Verbindung zum Reproduktionserfolg nicht nachgewiesen werden konnte.
Vielmehr weisen diese Ergebnisse ebenfalls auf komplexe, multifaktorielle Zusammenhänge hin.
Insgesamt lassen sie folgende Rückschlüsse zu:
- Heterogene Feinsedimentverteilung kann maßgeblich die Interstitialqualität beeinflussen.
- Lokale hydromorphologische Bedingungen und Substratstruktur können die Kolmationsdynamik steuern.
- Räumlich begrenzte „Hotspots“ von Schadstoffakkumulation im Interstitial können entstehen, insbesondere bei stagnierendem Austausch mit dem Freiwasser.
- Die Kombination aus physikalischer Blockade und chemischer Belastung kann sich negativ auf Austauschprozesse innerhalb der Gewässersohle und damit auf Lebensgemeinschaften, einschließlich der Embryonalentwicklung von Lachseiern, auswirken.
Die angewendeten innovativen Messmethoden (Kolmameter, Interstitialsampler) bewährten sich als effektive Instrumente zur qualitativen und quantitativen Untersuchung des Interstitials. Sie ermöglichen eine minimalinvasive Probenahme, die gezielte und räumlich differenzierte Aussagen zur Habitatqualität erlauben – Voraussetzung für ein zielführendes Habitatmonitoring.

Öffentlichkeitsarbeit

Das Projekt wurde von einem wissenschaftlichen Beirat begleitet, der sich überwiegend aus Vertretern der limnologischen und wasserwirtschaftlichen Praxis (Wasserverbände, Landesfischereianstalt) zusammensetzte.
Während der Laufzeit konnten bereits wichtige Erkenntnisse vorgestellt und zukünftige Monitoringprogramme zur Diskussion gestellt werden.

Während und nach der Laufzeit fanden fachliche Austausche mit Forschungseinrichtungen, Fachbehörden und Umweltverbänden (TU München, Universität Frankfurt, Landesbehörden verschiedener Bundesländer) statt.

Zur Kolmationsdynamik erfolgte eine Publikation „Nachweis raum-zeitlicher Kolmationsmuster bei Felduntersuchungen in kiesigen Gewässern“ (Zumbroich & Scholtes, 2025) in der Korrespondenz Wasserwirtschaft, Ausgabe 3/25.

Eine weitere Publikation zum Forschungsprojet ist in Bearbeitung (Erickson, Zumbroich, Evers).

Im Rahmen der DGL-Tagung vom 18. bis 22. September 2023 wurden Ergebnisse und Erkenntnisse des Forschungsprojektes vorgestellt.

In Zusammenarbeit mit dem Wupperverband wurden das Forschungsprojekt im in einem Filmclip zusammengefasst und im Internet auf YouTube veröffentlicht. Das Video ist unter https://www.youtube.com/watch?v=GxcvjoOoJns verfügbar.

Filmbeitrag des Wupperverbandes zum ForschungsprojektPlanungsbüro Zumbroich

Fazit

Die Ergebnisse spiegeln die hohe ökosystemare Komplexität der Interstitialprozesse wider. Entsprechend erfordern die starke Dynamik und Patchiness eine differenzierte Herangehensweise bei der Beurteilung. Einzelmessungen oder ausschließlich freiwasserbezogene Parameter der fließenden Welle greifen zu kurz, um die tatsächliche ökologische Qualität eines Laichhabitats für die Brut zu erfassen. Vielmehr sollte u.E. das Interstitial als eigenständiger, sensibler Lebensraum in die Gewässerbewertung einbezogen werden. Ein Vorschlag dazu wäre eine Klassifizierung der Kolmation im dreidimensionalen Raum,

Das Projekt leistete somit einen methodischen Beitrag zur Weiterentwicklung von Bewertungsansätzen für kies- und schotterdominierte Fließgewässer, insbesondere im Hinblick auf die Eignung potenzieller Laichplätze für die Wiederansiedlung des Atlantischen Lachses. Für ein effektives Monitoring werden integrative Messkonzepte empfohlen, die sowohl die physikalische Struktur, chemische Belastungen als auch biologische Erfolgsparameter (z. B. Bruterfolg) miteinander verknüpfen.

Die Einführung und Weiterentwicklung neuer Methoden, wie des Interstitialsamplers und des Kolmameters, bewährten sich. Sie ermöglichten eine effiziente und minimalinvasive Probenahme sowie die präzise Abbildung der Kolmationsdynamik. Eine Integration dieser innovativen Verfahren könnte eine wertvolle Ergänzung in etablierte Bewertungsverfahren, wie das Gewässermonitoring, darstellen.

Übersicht

Fördersumme

278.961,00 €

Förderzeitraum

13.12.2021 - 31.03.2025

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Land use
Nature Conservation