Projekt 34831/01

Außer-Haus-Verpflegung nachhaltig und gerecht gestalten: Übertragbare Ansätze in Trägerstrukturen und Modellkantinen bündeln, umsetzen und verbreiten

Projektdurchführung

Fachhochschule Münster
Institut für nachhaltige Ernährung und
Ernährungswirtschaft (iSuN)
Hüfferstr. 27
48149 Münster

Zielsetzung

Das Projekt leistet als Transferprojekt einen Beitrag dazu, nachhaltiges Handeln in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung strukturell zu verankern. Durch nachahmbare Blaupausen und das Sichtbarmachen von Erfolgen aus der Praxis werden weitere Akteure motiviert: „Eine nachhaltige Gemeinschaftsgastronomie ist machbar!“

Es geht daher um mehr als nur einzelne Küchen zu verändern: Viele Beispiele zeigen, dass Küchen interessiert und in der Lage sind, ihre Angebote sozial gerechter, umweltschonender und gleichzeitig wirtschaftlich zu gestalten, z. B. durch nachhaltigeren Einkauf sowie CO2-reduzierte Rezepturen. Voraussetzung ist, dass sie über das notwendige Wissen und die notwendigen Werkzeuge verfügen und seitens ihrer Kunden und Auftraggeber entsprechende Angebote erwartet werden. Bezüglich dieser Aspekte bestehen in großen Teilbereichen des Marktes noch gravierende Hemmnisse für eine nachhaltige Transformation.

Den Kern des Projekts stellt der strategische Ansatz dar. Ausgehend von den spezifischen Leitbildern und Wertekontexten der drei beteiligten Trägerinstitutionen Bistum Münster mit dem Referat Schöpfungsbewahrung der Fachstelle Weltkirche, den Himmlische Herbergen e.V. der evangelischen Kirche Deutschlands und den Einrichtungen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe als Kooperationspartner werden systematisch deren institutionellen Strukturen transformiert. So wird die nachhaltige Speisenversorgung über das Nachhaltigkeitsmanagement breit ausgerollt. Zugleich will das Projekt auf notwendige gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen hinweisen.

Der Hebel über die Vielzahl von Küchen in großen Trägerorganisationen bietet sich an, da die Produktion unserer Nahrung einer der größten Treiber bei der Gefährdung der Lebensgrundlagen der Menschen ist. Schon kleine Eingriffe in Alltagsroutinen, wie die Reduktion von Fleischportionen, haben signifikante Effekte auf den Schutz von Klima und Umwelt. (Je nach angenommenem Szenario können mit dem Projekt Einsparungen von Treibhausgasen in einer Größenordnung bis zu 2959 t CO2-Äq. erzielt, bis zu 10.300 t Material und bis zu 105 ha Fläche eingespart werden. In Summe bewirkt dies eine Vermeidung von Umweltkosten von max. 2.025.000 € in der Projektlaufzeit.)

Die Implementierung solch effektiver Maßnahmen in größerem Maßstab ist Ziel des Projekts. Zugleich will das Projekt auf notwendige gesetzliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen hinweisen und dazu Netzwerke auf unterschiedlichen Ebenen stärken.

Arbeitsschritte

Das Projekt ist in drei Arbeitspakete gegliedert, in denen die Reichweite des Transfers vom Pilotbetrieb in die gesamte Trägerstruktur, wie auch die Impulse für eine Transition der Außer-Haus-Gastronomie immer größer werden.

Ausgehend von 17 Pilotbetrieben mit ganz unterschiedlichen Zielgruppen, werden Strategien entwickelt für das Ausrollen auf weitere Verpflegungseinrichtungen und -situationen in den Organisationen. Zusätzlich zu den zunächst geplanten acht Piloten bei allen Kooperationspartnern wird im LWL ein gemeinsames Vorgehen von insgesamt 11 Betrieben mit unterschiedlichen Verpflegungssettings und über 40 Lieferorten unter Einbeziehung der zentralen Beschaffung begonnen. Bis zum Ablauf des Projektes sollen weitere Küchen bei allen Partnern gefunden und ein Schneeballsystem in Gang gesetzt werden, das auch über die Partner des Projektes hinauswirkt.

Die Pilotbetriebe entwickeln jeweils für ihre Organisation und spezifischen Zielgruppen differenzierte Herangehensweisen, wenn auch die Handlungsfelder die gleichen sind: Verändert werden Prozesse aus den Bereichen Beschaffung, Speiseplanung, Rezepturentwicklung, Produktion, interne und externe Kommunikation. Nachhaltige Speisenangebote (entsprechend dem NAHGAST-Konzept), die Vermeidung von Lebensmittelabfällen und Beschaffungsrichtlinien sind Themen, um Umweltwirkungen und Ressourceneinsatz den planetaren Grenzen anzupassen.
Anschließend wird die nachhaltige Speisenversorgung über Strukturen des Nachhaltigkeits-managements, individuell passend zu den spezifischen Leitbildern der Institutionen weitergegeben. Nach der Pilotphase gelingt die Akquise weiterer Einrichtungen, die sich über eine längere Zeit kontinuierlich mit dem ganzheitlichen Ansatz auseinandersetzen können, aufgrund schwieriger Rahmenbedingungen in der Corona- und Nach-Coronazeit nicht. Daher wird ein modulares Gruppencoaching-Konzept entwickelt, das mehr Einrichtungen die Teilnahme am Projekt ermöglicht, ihnen gleichzeitig aber entsprechend ihrer Ressourcen mehr Freiheit im Grad ihrer Einbindung lässt.

In der dritten Phase werden die Ergebnisse des Projektes systematisch über Netzwerke der Kooperationspartner und über Kommunikationswege wie Messen, Medienpartnerschaften etc. ausgerollt. Eine Besonderheit stellt der Runde Tisch "Nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung" dar, der über die Organisationen hinausblickt, einen bundesweiten Erfahrungsaustausch gewährleistet und Sprachrohr in Richtung Politik und Gesellschaft sein kann.

Ergebnisse

Im LWL wird in einer alle Einrichtungen einbeziehenden Arbeitsgruppe über den Aktionstag „Nachhaltig – Lecker – LWL“ ein Standard für Rezepte mit definierten Produktqualitäten entwickelt, dokumentiert und kommuniziert. Die CO2-Äq pro Mahlzeit können 600g gesenkt werden. Das ist im Wesentlichen über die Verschiebung der Menge von tierischen hin zu pflanzlichen Produkten gelungen. Die Erkenntnisse werden in den Einrichtungen auf den Standardspeiseplan übertragen.
Im Haus Wiesengrund werden alle Routinen verändert: Der Einkauf wird umgestellt, ein Ranking für Produkte aufgestellt mit Bio als Standard, neue Lieferanten gesucht und es entsteht eine Zusammenarbeit mit einer SoLaWi in der Nachbarschaft. Das Verpflegungsangebot und die Kommunikation mit den Gästen wird grundlegend neu aufgestellt. Eine Handreichung für andere Tagungshäuser entsteht.
Die 5 Kitas des Verbundes St. Felicitas in Lüdinghausen überarbeiten ihr Frühstücks- und Mittagsangebot und schulen ihre Hauswirtschaftskräfte.
Dort wo Managementstrukturen und Verantwortlichkeiten für die Verpflegung nicht klar geregelt sind, gelingt die strukturelle Verankerung nachhaltigen Handelns nicht. Es müssen alternative Wege des Transfers gesucht werden.
Das modulare Coaching-Konzept hat das Ziel in allen Einrichtungen eine nachhaltige Verpflegung anbieten zu können. Die Module sind gleich aufgebaut und werden in Repositorien als OER zur Verfügung gestellt. Sie haben das Ziel, Maßnahmen zu nachhaltiger Verpflegung in den teilnehmenden Einrichtungen anzustoßen, während des Moduls in die Umsetzung zu kommen und im Betrieb in kontinuierliche Verbesserungsprozessen zu überführen. 35 Einrichtungen konnten in der Projektlaufzeit erreicht werden. Über eine regionale Nähe der Einrichtungen in den Gruppencoachings soll ein potenzielles Netzwerk initiiert werden. Darüber hinaus haben auf andere Zielgruppen angepasste Coachings (z.B. OGS-Kräfte) weitere 98 Personen erreicht.
Fünf Train the Trainer Workshops machen Interessierten aus anderen Projektkonsortien oder Organisationen die entwickelten Bildungsmaterialien verfügbar, damit diese sie übernehmen oder in ihre Unterrichtsformate integrieren können.
Die digitalen Format der „Küchengespräche“ und des „Expertenstuhlkreis" pflegen niedrigschwellig den Netzwerkgedanken und leisten den Transfer von KnowHow aus der Praxis für die Praxis.
Wichtige Forderungen an die Politik werden mit dem Positionspapier des Round-Table-Außer-Haus-Gastronomie transportiert.

Wissensdatenbank

Öffentlichkeitsarbeit

Umfassende Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit helfen unsere Zielgruppen effektiv zu erreichen.
Erfolgreiche Medienpartnerschaften mit den Fachmagazinen GV Manager, dem Erfa-Journal und dem Magazin Küche ermöglichen eine kontinuierliche Berichterstattung.
Zentrales Kommunikationsmedium ist die Wissensdatenbank "ernaehrung-nachhaltig.de". Für den Transfer werden Ergebnisse in der Wissensdatenbank konsequent nutzerorientiert in einer Struktur veröffentlicht, die es Usern ermöglicht, Inhalte zielgenau zu finden.
Die Gründung des YouTube-Kanals „Eine nachhaltige Gastronomie ist möglich!“ und regelmäßige Beiträge über die Social-Media-Profile unserer Partner und der FH Münster helfen das Projekt, einem größeren Kreis zugänglich zu machen.
Veranstaltungen wie der Besuch des Evangelischen Kirchentages oder das Fachforum zum Thema „Gesunde und nachhaltige Ernährung in Krankenhäusern“ im Rahmen der "Woche der Umwelt" bieten wertvolle Plattformen für den Austausch zwischen Praxis, Politik und Gesellschaft. Die Netzwerkarbeit ist zentraler Bestandteil des Projektes. Digitale Formate und solche in Präsenz – wie die Rezepturentwicklungsworkshops oder Projektübergreifende Treffen – setzen wichtige Impulse in die Branche.

Projektseite auf der Website vom iSuN

Fazit

Multiple Krisen während der Projektlaufzeit lösen disruptive Entwicklungen in der AHG aus, die zu erschwerten Bedingungen für die Praxis führen. Trotz solcher Rahmenbedingungen ist es in GeNAH gelungen, mit 17 Küchen die Pilotphase durchzuführen und über das Ausrollen der Module und den Transfer weitere Einrichtungen zu erreichen – intensiv mit 35 Küchen, punktuell über digitale Formate mit vielen weiteren Betrieben.
In allen Küchen münden die Innovationen in kontinuierlichen Verbesserungsprozessen. Herausforderungen sind die Herkunftskennzeichnung und Verfügbarkeit von Produkten, Personalmangel, Schulungsbedarf für den Einsatz von mehr pflanzlichen Lebensmitteln, die Kooperation aller Abteilungen zur Zielerreichung sowie die Akzeptanz der Gäste. Erfolgsfaktoren sind die Selbstverpflichtung aller Leitungsebenen, den Verpflegungsbereich nachhaltiger aufzustellen; die Bereitstellung von Ressourcen, das Engagement intrinsisch motivierter Menschen in den Geschäftsleitungen und Küchen, die gemeinsame Festlegung und Dokumentation von Zielen sowie eine umfassende Partizipation von Mitarbeitenden und eine gute Kommunikation mit den Stakeholdern.
Das Projekt zeigt, dass Transformation des Verpflegungssektors gelingt, wenn – wie im LWL – vorhandene Managementstrukturen genutzt werden können. Dort, wo sie fehlen, müssen sie durch ein funktionierendes Netzwerk ersetzt werden. Wenn das Netzwerken gelingt, kann es ein Treiber für Veränderung sein.

Übersicht

Fördersumme

467.411,00 €

Förderzeitraum

17.06.2020 - 30.09.2024

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Climate protection
Land use
Resource conservation
Environmental research